2008/09/30

die den Gewinn loben

Bin heute beim Lesen von Psalm 10 auf den interessanten Vers 3 gestoßen. Da heißt es über einen gewalttätigen Menschen:
Denn er preist den Frevel, die Gier seines Schlundes, lobt den Gewinn, verachtet Jahwe. (H.J.Kraus)
Seiner Lüste rühmt sich der Sünder, der Räuber lästert, der Frevler verachtet Jahwe. (Jerusalemer Bibel)
Denn der Frevler rühmt sich nach Herzenslust, er raubt, er lästert und verachtet den Herrn. (Einheitsübersetzung)
Und wenn man den Vers aus dem portugiesischen Almeida-Text (hat in etwa den Stellenwert der Lutherbibel im deutschen Sprachraum) überträgt: Denn der Erbarmungslose verherrlicht die Wünsche seiner Seele, segnet den Geizhals und lästert (Verb: „blasfemar“) Gott.
Obwohl Kraus meint, dass der hebräische Text des Psalms in den Versen 3-5 nur schwer sinnvoll zu übersetzen ist, bleibt interessant, mit welchen Worten hier über den in praktischer Gottlosigkeit (V.11: Gott sieht es niemals!) lebenden „Frevler“ geredet wird.
„Räuber“ wird er genannt und „Geizhals“. Als ein gieriger habsüchtiger Nimmersatt, der „den Gewinn lobt“, wird er verstanden. - Soll einer sagen, Kapitalismuskritik sei, Marx sei Dank, nur etwas für Dunkelrote.
In diesen Wochen, in denen selbst hartgesottene Verfechter einer ungebremsten Profitwirtschaft wie der US-Finanzminister an strengeren Regeln für das Gebaren der Banken basteln, scheint es billig zu sein, in das allerorten angestimmte Klagelied über die kapitalistischen Heuschrecken einzufallen.
Doch wonach die Geldstromlenker rufen, ist etwas anderes als das, wovon der Psalmist redet. Strengere Regeln mögen gut und hilfreich sein. Ich kann das nicht wirklich beurteilen. Doch sollen sie vor allem eins: das internationale Finanzsystem am Laufen halten! Aber in seinen Strukturen soll es - bitte schön - bleiben, wie es ist! Damit auch künftig die Reichen reicher werden können. So funktioniert der Kapitalismus nun mal. Und die Armen bleiben arm oder werden ärmer. Das, so scheint es, soll ebenfalls so bleiben, allen Milleniumszielen zu Trotz! Wo bleibt denn die im Jahr 2000 versprochene Halbierung der weltweiten Armut bis 2015? Wahrscheinlich bleibt sie auf der Strecke. Und wo eigentlich kommen plötzlich die 700 Milliarden Dollar her, die Präsident Bush den Banken schenken will, die ganz offenkundig gewissenlos spekuliert haben? Und die Milliarden, mit denen der deutsche Finanzminister für eine Münchener Bank bürgen will? Auf welchem Konto liegen die bereit? Klar, sie sagen alle, dass sie gute Gründe haben, für das, was sie tun.
Doch unser Psalmist denkt nun mal nicht als Bänker oder Finanzminister. Er sagt schlicht: Wer den Gewinn lobt, wer ihn an erste Stelle setzt, und meint, Gott sähe nicht auf die Methoden, mit denen er erzielt wird, der ist ein Gottloser, ein mit seinen Taten bekennender Atheist, auch wenn seine Worte noch so christlich klingen mögen. Und der Psalmist wird nicht müde, diesen Gottlosen mit Metaphern zu belegen, die dem aktuellen Heuschreckenvergleich in Nichts nachstehen. Und alles mündet ein in den Aufschrei (V.12): Herr, steh auf, Gott, erhebe deine Hand, vergiss die Gebeugten nicht!
Ist das eine unzulässige Vereinfachung? Kann sein. Aber jedenfalls ist es mehr als ein frommer Wunsch. Man kann das als Drohung verstehen und zwar nicht aus der linken Ecke, sondern aus der Mitte der biblischen Botschaft.

2008/09/25

Feiertage

Heute ist der 25. September – und mal wieder Feiertag, Feriado, wie das hier heißt. Ich nehme das zum Anlass, die Feiertage, die in Mosambik begangen werden, mal aufzuzählen und zu versuchen, ihre Bedeutung zu ergründen.
Klar, der erste Feiertag im Jahr ist der 1. JANUAR – NEUJAHR. Wie überall in der Welt wird dieser Tag meist verschlafen. Oder man braucht ihn, um wieder nüchtern zu werden. Die Neujahrsnacht 2007/08 haben wir in Maputo zugebracht und fast kein Auge zumachen können, weil auf der Straße und im Nachbarhaus die Nacht lautstark durchgefeiert wurde.
Am 3. FEBRUAR begeht man den TAG DER MOSAMBIKANISCHEN HELDEN. Wer diese Helden sind? In einem Staat, dessen wichtigste Erfahrung der jüngeren Vergangenheit die erkämpfte Unabhängigkeit von der ehemaligen Kolonialmacht Portugal ist, liegt es nahe, beim Stichwort Helden an die Kämpfer dieser Zeit zu denken, wie zum Beispiel an Eduardo Mondlane, Samora Machel, Joaquim Chissano und andere. Nicht von ungefähr wurde dieser Feiertag auf den 3. Februar gelegt, jenen Tag, an dem Mondlane im Jahr 1969 durch eine portugiesische Briefbombe getötet wurde.
Vielleicht denken manche auch an den jetzigen Präsidenten Armando Guebuza. 1974, unmittelbar nach der Unabhängigkeit, war er es, der dafür sorgte, dass alle Portugiesen innerhalb weniger Tage das Land mit maximal zwanzig Kilo Gepäck zu verlassen hatten. Inzwischen sorgt er, wie es scheint, hauptsächlich für sich selber. Wie es heißt, ist er heute der reichste Mann Mosambiks. Glücklich das Land, das keine Helden braucht! Wer immer das gesagt haben mag, er hat wohl recht. - 2008 fiel der Feiertag auf einen Sonntag, deshalb war der Montag gleich noch mit frei.
Am 7. APRIL begeht man den TAG DER MOSAMBIKANISCHEN FRAU. (Todestag von Josina Machel, der ersten Frau von Samora Machel) Natürlich ist es gut, dass es diesen Tag gibt. Nur ob die mosambikanischen Frauen irgendetwas davon haben? Ich weiß es nicht. Wie der internationale Frauentag und der Muttertag steht auch dieser Feiertag im Verdacht, ein – vielleicht gut gemeintes – Feigenblatt zu sein. Gilt doch jeder Freitag als Männertag. Und offenbar nehmen sich auch viele Männer am Freitag frei von ihrer Frau und Familie, hat man uns gesagt. Die mosambikanische, oder sagen wir, die afrikanische Frau, hat viel, viel mehr Ehrung verdient, als ein solcher Tag leisten kann! Schon wegen der unglaublichen Lasten, die sie meist auf dem Kopf und oft über weite Strecken tragen. 20, 30 Kilo sind da keine Seltenheit und oft nuckelt dabei noch ein Kind an der Brust. Und ein anderes läuft nebenher – mit einem Fünfliterkanister Trinkwasser auf dem Kopf.
1. MAI – Klar: TAG DES ARBEITERS. Ist doch interessant, dass hier der Arbeiter geehrt werden soll und nicht die Arbeit, wie in Deutschland. Das kann man deuten, wie man will. Ich denke vor allem daran, dass es zahllose Arbeitslose gibt, obwohl es doch so viel Arbeit gäbe... Aber es braucht halt auch Kassen, aus denen die Arbeit bezahlt werden kann. Und daran mangelt es gewaltig in Mosambik.
Der 25. JUNI ist in Mosambik das, was in Deutschland der 3. Oktober ist, Nationalfeiertag. Hier wird er als UNABHÄNGIGKEITSTAG begangen. 500?? Jahre war Mosambik von der Kolonialmacht Portugal abhängig. Und das hat tiefe Spuren hinterlassen. Ich finde es zutiefst traurig, dass Mosambik nach seiner Unabhängigkeit, die am 25. Juni 1974 in Kraft trat, sich nur sehr langsam entwickeln konnte. Es folgten 20 Jahre Bürgerkrieg und noch heute kommen etwa 50% (!) des Staatshaushaltes aus ausländischen Geberquellen. Trotzdem: das Mosambik von heute ist nicht mehr das von 1974...
Am 7. SEPTEMBER wird des VERTRAGES VON LUSAKA gedacht. Auch dieser Tag fiel 2008 auf einen Sonntag und wurde am Montag nachgefeiert.
Der 25. SEPTEMBER gilt als TAG DER STREITKRÄFTE. Ich weiß zwar nicht, welchen tieferen Sinn ein solcher Feiertag haben soll, doch ein Staat, der eine Kalaschnikow im Wappen führt, der braucht wohl auch so einen Gedenktag. Mit gleichem Recht könnte man nur zum Beispiel auch einen Tag des Lehrers, des Bauers oder der Krankenschwester feiern, oder etwa nicht?
Der 4. OKTOBER nennt sich in Mosambik TAG DES FRIEDENS UND DER VERSÖHNUNG. Ehrlich gesagt, diesen Tag halte ich für den heikelsten aller Feiertage hier im Land – und zugleich scheint er mir der wichtigste von allen zu sein. Soweit ich weiß, gab es in Mosambik weder einen der Gauck-Behörde vergleichbaren Untersuchungsausschuss, noch eine Wahrheitskommission, wie im benachbarten Südafrika. Dabei liegt das Ende des brutalen Bürgerkriegs noch keine zwanzig Jahre zurück. Viele der Täter von damals müssen heute noch leben. Und die ehemaligen Kriegsgegner FRELIMO und RENAMO gebärden sich heute als politische Parteien. Irgendwie funktioniert es, doch zu einer demokratischen Staatsform ist es wohl noch ein weiter Weg.
Am 25. DEZEMBER begeht man den WEIHNACHTSTAG, der hier auch schlicht FAMILIENTAG genannt wird. Heiligabend und Silvester werden als „halbe Feiertage“ toleriert, stehen aber nicht im Kalender. Auch Karfreitag, Oster- und Pfingstmontag werden hier nicht begangen, von Buß- und Bettag ganz zu schweigen.

Brust raus

Vergangenen Sommer fand ich im ZEIT-magazin eine wahrhaft reizvolle Kolumne von Harald Martenstein. Er schrieb darin, dass er „wie wahrscheinlich viele Männer, wenn nicht sogar die meisten, ein zwiespältiges Verhältnis zu Dekolletés“ habe. Und dass er immer dann, wenn er einer Frau mit tiefem Ausschnitt begegne, nicht wisse, „wie er seine Blicke organisieren sollte“. Denn schließlich trage doch keine Frau ein Dekolleté, um die Blicke der Männer von sich abzulenken, oder?
Ein wahrhaft sommerliches Thema. Und weil für uns Europäer hier in Afrika irgendwie immer Sommer ist, muss ich an dieser Stelle auch einmal darauf zu sprechen kommen. Mann ist ja auch nur ein Mann.
Dabei geht es mir gar nicht in erster Linie um Dekolletés, obwohl die einem auch hier zahlreich und reichlich freizügig, wie soll ich sagen, ins Auge fallen. Mir geht es viel mehr um das offenbar völlig unverkrampfte „Brust raus!“ der Mütter. Ihre Kleinkinder tragen sie ja ständig an der Brust. Da liegt es - im wahren Sinn des Wortes – nahe, sie in jeder denkbaren Situation auch zu stillen. Brust raus, und keiner findet was dabei. Zum Beispiel neulich in der Bank vor mir in der Warteschlange. Oder im Gottesdienst: Ich teilte grade das Abendmahl aus, da knöpfte ganz vorn in der ersten Reihe eine Mutter ihre Bluse auf...
Erst war ich irritiert. Aber dann fragte ich mich, warum eigentlich? Wie heißt es? Das schönste an der Muttermilch ist die Verpackung.

2008/09/08

Herzlich willkommen.

Das ist nun unser neuer Blog. Alles, was wir künftig schreiben werden, werdet ihr unter dieser Adresse hier finden. Und ganz wichtig: mehr Bilder als bisher!

Also, wie die Mosambikaner gerne sagen: Estamos juntos! - Wir sind verbunden - hoffentlich auch weiterhin!

Claudia und Thomas


Liebe Freundinnen und Freunde,

es ist nicht zu glauben, wie schnell die Zeit vergeht – und um es gleich zu sagen - wie vergleichsweise langsam wir doch die portugiesische Sprache lernen.
Die meisten von euch verfolgen ja, was wir im Weblog so von uns geben. Trotzdem wollen wir uns mal wieder mit einem Brief an euch alle wenden. Der letzte Freundesrundbrief liegt auch schon wieder eine ganze Zeit zurück.

Was war los seitdem? Zunächst mal hatten wir uns hier auf dem Dorf einzufinden. Dann gab's und gibt's natürlich schon auch viel zu tun. Aber der eigentliche Grund ist, dass es uns doch recht gut geht. Das Leben in Cambine ist vergleichsweise ruhig. Im Gegensatz zum dienstlichen Alltag, wie er in Deutschland war, sind die Aufgaben hier überschaubar und auf bestimmte Bereiche konzentriert.

Claudia arbeitet zunächst fünf Stunden täglich im Gesundheits-zentrum hier im Dorf. Später werden andere Verpflichtungen dazu kommen. Und ich versuche, mich in der portugiesischen Sprache zu betätigen, die mir noch lange nicht so flüssig von den Lippen bzw. ins Ohr geht, wie es sich für einen theologischen Lehrer eigentlich gehören sollte. Mit viel Humor bei allen Beteiligten geht's in den meisten Fällen irgendwie. Aber im Grunde kann es nur besser werden.
Meine Fächer sind vorerst Einleitung Altes Testament und Geschichte Israels. Die ersten Prüfungen durfte ich auch schon abnehmen. Noch so eine ungewohnte Rolle...

Was uns aber am meisten beschäftigt, ist die uns umgebende Armut. Davon haben wir auch in der Vergangenheit schon geschrieben. So reich wie jetzt haben wir uns noch nie gefühlt. Und so reich wie jetzt waren wir auch noch nie. Die Maßstäbe ändern sich gewaltig, wenn man längere Zeit in so einem armen Land wie Mosambik lebt. Gerade deshalb müssen wir dieses Reichsein erst lernen. In einzelnen Fällen versuchen wir, Men-schen in schwierigen Situationen zu unterstützen. Aber wo fängt man an? Wo hört man auf?

Und immer wieder werden wir mit dem Sterben konfrontiert. Oft sind es junge Leute. Über die durchschnittliche Lebenserwartung in Mosambik gibt es sehr unterschiedliche Angaben, aber sie liegt wohl unter 40 Jahren. Doch es ist ein Unterschied, ob man schlicht eine statistische Zahl vor sich hat; oder ob man miterleben muss, wie Menschen viel zu früh sterben. Jetzt ganz aktuell die junge Frau eines unserer Studenten. Dabei hätte sie nicht sterben müssen, wäre sie rechtzeitig zum Arzt gegangen anstelle zum Heiler. Nun steht Ernesto da mit zwei kleinen Kindern, die er wohl an die Familie seiner verstorbenen Frau verlieren wird, weil das im Norden Mosambiks, von wo die Frau stammte, so Sitte ist. Zudem wird er von den Verwandten seiner Frau zu Unrecht für deren Tod verantwortlich gemacht. Afrikanische Denkweisen können schon sehr eigenwillig und unmenschlich sein. Volkskundler mögen sie vielleicht faszinierend finden, wer aber davon betroffen ist, wird vieles ganz anders erleben.

Ganz anders – das war auch der tiefste Eindruck, den unsere ersten deutschen Gäste immer wieder formulierten. Im August besuchte uns Omi Gudrun zusammen mit Manuel, ihrem Enkel. Das war schon ein lustiges Gespann, die beiden. Mutter, die einen sehr guten und einfühlsamen Tourguide hatte und Manuel, der sich reichlich in erzgebirgischer Aussprache übte. Gemeinsam verbrachten wir einige Ferientage in Südafrika, u.a. im Kruger-Wildschutzgebiet. Das war schon sehr beeindruckend, was sich auch daran zeigt, dass wir es in den vier Wochen zu dritt auf ca. 6000 (!!) Bilder brachten. - Wer soll die bloß alle ansehen? Da hilft nur eins: strenge Zensur!

Für uns war es ein angenehmes Erlebnis, unseren Gästen zeigen zu können, wo und wie wir jetzt so leben. Es waren schon gute gemeinsame Wochen, die wir da hatten! Zumal unsere Gäste genau zu der Zeit gekommen waren, als die elektrische Wasserpumpe des Dorfes nicht funktionierte. So erlebten sie Afrika live. Anstehen an der Pumpe. Eimer und Kanister transportieren, per Hand und mit dem Auto. War auch nicht schlecht. Außerdem hat sich Manuel bei dieser Gelegenheit als begeisterter Allradfahrer entpuppt. Schon deshalb will er wiederkommen, sobald er es sich leisten kann.

Natürlich locken auch die Traumstrände, die während des europäischen Sommers, der hier Nebensaison ist, wunderbar leer sind und beste Badebedingungen bieten. Von einem Strandtag brachten wir zwei frisch gefangene Kraken mit, die Manuel mit Begeisterung sezierte und gemeinsam mit zwei Studentinnen von hier zubereitete und servierte.

Omi Gudrun hat – Gott sei Dank - alles gut überstanden. Immer- hin ist sie schon 73 und trotzdem hat sie hier alles mitgemacht, was wir so unternommen haben. Sogar mit dem Segelboot über die Bucht ist sie geschaukelt. Und von wegen, sich ans Land tragen lassen! Rein ins knietiefe Wasser und ans Land gewatet, da kannte sie gar nichts! Dazu hat sie noch viele Stunden genäht: fast vierzig Kleidungsstücke für die Kinder im Waisenhaus von Cambine sind so entstanden. Da war die Freude groß, als wir sie ihnen brachten!

Wir sind sehr froh, dass wir auch von uns sagen können: Es geht uns gut, gesundheitlich und auch sonst. Vielleicht geht es uns sogar zu gut? Auf den Bildern kann man sehen, dass wir zugenommen haben. Das ist schon verrückt, bei so viel Armut um uns herum. Aber die uns warnten, hatten recht: fettes, kalorienreiches Essen, von unserer Empregada Marta auf afrikanische Weise zubereitet und wenig Bewegung – das bleibt nicht ohne Folgen. Und die Ernährung umstellen, das geht so einfach auch nicht, wenn man nicht selber kocht. Und vor allem, wenn die Berufsehre der Hausangestellten beinhaltet, dass Europäer immer gutes und reichliches Essen bekommen müssen... Mal sehen, was uns da noch einfallen wird.

Ganz aktuell bin ich (Claudia) mal wieder mal mit Wasser ranschleppen beschäftigt. Eigentlich funktioniert ja die elektrische Pumpe, die unseren Tank füllen soll. Aber aus einem für uns unerklärlichem Grund läuft trotzdem kein Wasser hinein. Wahrscheinlich ist der Druck zu gering. Warum es die letzte Woche problemlos funktionierte und nun seit drei Tagen wieder nicht mehr, das können uns die Verantwortlichen auch nicht erklären. Sie zucken nur mit den Schultern, wenn man sie fragt. Da das Wasser aber nur früh zwei Stunden läuft und ich um 7.30 Uhr auf Arbeit zu erscheinen habe, komme ich zeitlich doch ziemlich unter Druck. Naja Geduld, sagen einem die Leute hier dann immer. Und vielleicht muss ich das ja wirklich noch lernen, obwohl hier die Grenzen zwischen Geduld und Gleichgültigkeit fließend sind. Und mit manchem will und kann ich mich einfach nicht abfinden.

Was gibts Neues in der Gesundheitsstation? Eigentlich nicht viel Erfreuliches. Die Strukturen im hiesigen Gesundheitswesen sind ziemlich kompliziert, besonders dort, wo sich Kirche und Staat die Verantwortung für ein Krankenhaus teilen. So gibt es Kolleginnen, die ihr Geld vom Staat, andere, die ihr Geld von der Kirche bekommen – wenn sie es halt bekommen. Im Moment ist es so, dass diejenigen, die von der Kirche bezahlt werden, im vierten Monat kein Gehalt mehr bekommen. Und weil sie auch nichts auf der “hohen Kante” haben, essen sie zweimal am Tag Maniok vom eigenen Feld. Zu mehr reichts dann eben nicht. Tja, wie geht man damit um? Im konkreten Fall haben wir letzte Woche Mais gekauft und verteilt, aber im Grunde ist das auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Doch gerade war eine Kollegin da und fragte, ob wir morgen gemeisam nach Chicuque fahren könnten, das Geld sei endlich angekommen und müsse abgeholt werden. - Na endlich! Wir werden mal fragen, wo es denn die ganze Zeit geblieben war. Ob wir eine Antwort bekommen werden?

Und in der Gesundheitsstation selbst haben wir auch große Probleme. Nun wurde Cambine zwar ans Stromnetz angeschlossen, dafür sind die Leitungen im Krankenhaus selber so marode, dass vergange Woche das gesamte System zusammen-brach. Auch die Solaranlage ist schon lange kaputt, weil das Geld für die notwendigen neuen Batterien fehlt. Dies wiederum bedeutet, dass nächtliche Entbindungen und notwendige kleine chirurgische Sachen (Wundnaht z.B.) mit der Petroleumlampe beleuchtet werden müssen, eigentlich unglaublich! Auch die notwendigen Medikamente, wie Penicilline, Schmerzmittel usw. reichen nie für den gesamten Monat. Wer Geld hat, kann sich die Medikamente zwar auch in einer privaten Apotheke in Maxixe kaufen, aber wer hat das schon? - Ich fühle mich schon oft sehr hilflos in diesen Situationen.

Erschwerend kommen noch die Probleme mit der Verständigung hinzu. Oft ist es noch so, dass ich Dinge nur ungefähr verstehe und mir nicht sicher bin, ob das nun wirklich den Tatsachen entspricht oder nicht. Hier ist wohl doch Geduld angezeigt und natürlich: lernen! Um ehrlich zu sein, wenn ich jetzt nochmal wählen könnte, würde ich wahrscheinlich ein englischsprachiges Land wählen. Aber nun sind wir hier und es gibt nur die Flucht nach vorn. Und im Grunde geht es uns ja trotzdem ganz gut.

Wir grüßen euch herzlich und freuen uns auch über jeden Gruß von euch. “Estamos juntos!” sagen die Mosambikaner gerne: Wir sind verbunden. Und das wollen wir auch bleiben. Deshalb schreiben wir euch auch gleich noch mal alle vorhandenen Möglichkeiten auf, wie ihr uns erreichen könnt.

Übrigens: unsere bekannte Weblog – Adresse wird erhalten bleiben (http://thomasguenther.20six.de), aber neue Einträge, z.B. diesen Freundesbrief, werdet ihr künftig unter dieser Adresse hier finden: http://guenther-cambine.blogspot.com

Ihr habt ja sicher gemerkt, dass unter der alten Adresse die Möglichkeit, Bilder einzustellen, sehr begrenzt war. Um das zu ändern, haben wir den Anbieter gewechselt.

Tja, und dann gibt es noch die Möglichkeit uns zu besuchen. Doch dazu fragt am besten zuerst euren Arzt oder Apotheker und gleich danach das Reisebüro eures Vertrauens!

Es grüßen euch herzlich Eure Claudia und Thomas