2010/12/31

Gutes neues Jahr


Liebe Verwandte, liebe Freunde,

am letzten Abend des alten Jahres grüßen wir Euch herzlich aus dem ziemlich leeren Cambine und wünschen euch einen guten und gesegneten Anfang im neuen Jahr des Herrn 2011!

Eure Claudia und Thomas

2010/12/27

Cambine Adventskalender 20

Pfingsten ist vorbei...

Ja, natürlich, Weihnachten ist auch vorbei. Aber Pfingsten eben auch. Und an beiden Festen passt der folgende kleine Witz: Auf dem ökumenischen Kirchentag in München soll es gewesen sein. Einer fragt den anderen: Sag mal, bist du Pfingstler? Und der andere soll geantwortet haben: Nää, iech bie doch Ärzgebirger. Iech bie eher ä Weihnachtler!

Weihnachten in Mosambik ist eher was für Pfingstler, nicht dass es da besonders spirituell zuginge oder charismatisch. Das nicht, aber erzgebirgisch sozialisierte Weihnachtler sind hier, was das Fest angeht, wirklich auf sich selbst gestellt. Leider gilt das in Cambine erfahrungsgemäß auch vom Gottesdienst. Darauf muss man sich erst einstellen...

Dann allerdings kann es ganz reizvoll sein, Weihnachten ohne großes Drumherum zu erleben. Den 25. mit den Kindern und Jugendlichen im Waisenhaus verbringen. Geschenke verteilen. Auch selber eins bekommen. Kurz die Nachbarin besuchen, die neulich ihren Sohn verloren hat. Übers Internet einen Rundfunkgottesdienst miterleben und die bewegende Predigt mühelos verstehen. Und natürlich Bachs Weihnachtsoratorium - immer noch und immer wieder rührt es uns an:

Jauchzet, frohlocket, auf, preiset die Tage,
Rühmet, was heute der Höchste getan!
Lasset das Zagen, verbannet die Klage, ...

Genau das werden wir tun - und Weihnachtler bleiben. Denn wie hat Sepp Herberger gesagt:
Die Christbaumkugel ist rund.
Der Advent hat vier Wochen.
Und nach dem Fest ist vor dem Fest.

(Oder so ähnlich.)

2010/12/24

Cambine Adventskalender 19

Frohes Christfest - Feliz Natal - Merry Christmas


Denn er ist unser Friede,
der aus beiden eines gemacht hat
und den Zaun abgebrochen hat,
der dazwischen war,
nämlich die Feindschaft.
Epheser 2:14


20 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands gibt es noch viele trennende Zäune und Mauern in unserer Welt. Aber da ist auch die Botschaft des Engels an die Hirten von Bethlehem:

Ehre sei Gott in der Höhe
und Friede auf Erden
bei den Menschen seines Wohlgefallens.

Diese große Sehnsucht und Hoffnung verbindet uns,
frohes Christfest!



Porque ele é a nossa paz,
o qual de ambos fez um;
e tendo derribado a parede da separação
que estava no meio, a inimizade.
Efésios 2:14


20 anos depois da reunificação de Alemanha ainda existem muitas paredes da separação no nosso mundo. Mas também existe a mensagem do anjo aos pastores de Belém:

Glória a Deus nas maiores alturas,
e paz na terra entre os homens,
a quem ele quer bem.

Estamos juntos naquela grande saudade e esperança,
feliz Natal!



For he is our peace,
who has made both one and
has broken down the middle wall
of partition between us.
Ephesians 2:14


20 years after the reunification of Germany still exist many walls of partition in our world. But there is also the message of the angel to the shepherds of Bethlehem:

Glory to God in the highest
and on earth peace.
Good will toward men.

We are together in this great longing and hope,
merry Christmas!

Claudia + Thomas Guenther
Cambine, Moçambique, 2010/12/24

2010/12/23

Cambine Adventskalender 18

Leise rieselt der Schnee

Als Kind hat unsereins natürlich auch Klavierunterricht gehabt und dabei mindestens fünf Klavierlehrerinnen verbraucht. Doch trotz des Verbrauchs von mindestens fünf Klavierlehrerinnen kann ich bis heute nur ein einziges Weihnachtslied auf dem Klavier spielen: Alle Jahre wieder, kaum dass am Weihnachtsbaume die Lichter brennen: “Leise rieselt der Schnee”. Klavier besitzen wir längst keines mehr, bei einem solchen Repertoire lohnt es sich nun wirklich nicht, sich das ganze Jahr die Stube mit einem sperrigen Tastenkasten zu blockieren. Allerdings, jetzt hier im Erzgebirge haben wir doch wieder ein kleines, sogenanntes Harmonium in der Stubenecke stehen; ich meine so ein Ding, wo man, wie früher bei den Nähmaschinen – hier allerdings mit beiden Füßen – unentwegt unten treten muss, damit sich oben etwas rührt, beziehungsweise bei Tastendruck gewisse Töne erschallen. “Harmonium und Männerchor, so stell ich mir die Hölle vor”, soll der alte Kreuzkantor Mauersberger gesagt haben. Freilich, bei uns nicht Männerchor, sondern Familienkreis, einschließlich Denny-Oma. Nun haben in dem Musikkasten freilich auch schon Mäuse gewohnt. Und feindlich ist die Maus der Kunst, vor allem der höheren Kunst, vor allem die Erzgebirgsmaus. Trotz hektischen beidfüßigen Auf-der-Stelle-Tretens unten im Pedal geben gewisse Tasten nur schwachen, respektive gar keinen Laut. Und dann ist da noch dieses, schon in der Kindheit gefürchtete b in der Notenschrift, das plötzlich zur Bedienung von schwarzen Tasten auffordert. Kurzum, da die Familie singt (die Enkel als Bestandteil einer nicht mehr persönlich zu gesanglicher Äußerung fähigen Zukunft natürlich anderweitig beschäftigt) – gibt es ausgerechnet bei den wichtigsten Stellen wie: in den Herzen ist's warm/still schweigt Kummer und Harm besonders disharmonische Harmoniumaussetzer. Und während die Familie hört, wie furchtbar ich spiele, höre ich, wie furchtbar die Familie singt. Doch gerade dieses ins Leere ausschwingende Ganz-Alleine-Singen gibt unserem familienbedingt nun einmal bescheidenen Beitrag zusätzlich noch etwas unbedingt Glaubhaftes, eine so sonst kaum geäußerte, besondere Verlorenheit. Die altertümelnde Wendung still schweigt Kummer und Harm ist da plötzlich weit entfernt vom Ich-bin-fit-Getue der Okay-Gesellschaft – drückt also unsere wirkliche Angst, unsere wirkliche Sehnsucht nach Geborgenheit aus. (Das Wort Harm ist übrigens nicht völlig synonym mit Kummer, sondern bedeutet – nach Adelung – anhaltende, hochgradige Betrübnis).
Jedenfalls bin ich meinen, nun schon vor fünfzig Jahren so leichtsinnig verbrauchten Klavierpädagoginnen nun doch zu großem Dank verpflichtet. Und wenn ich alljährlich wieder wie wild in die Pedalen trete und abermals die Töne aussetzen und ich aus Furcht vor den schwarzen Tasten massiv daneben greife, glänzet tatsächlich von draußen der weihnachtliche, sprich: tief verschneite Wald herein – halb bedrohlich und halb zu Verstehen gebend, wie gut wir es eigentlich haben in unserer Erzgebirgsstube: Freue Dich, Christkind kommt bald. Und selbst wenn es zu Weihnachten wie immer zufällig regnet, herrscht Weihnachten trotzdem Winter, schon von der Kindheit her: still und starr ruht der See. Ein Phänomen, das bereits anzeigt, wie sehr wir eigentlich Weihnachten brauchen – damit es endlich einmal stille wird:
Leise rieselt der Schnee...



Diesen Text des Schriftstellers Thomas Rosenlöcher habe ich aus dem Kalender "Sächsische Heimat 2008" des Landesvereins Sächsischer Heimatschutz übernommen.

2010/12/21

Cambine-Adventskalender 17

Siehe unten!

Heute kam der Weihnachtsgruß von Thomas Kemper bei uns an. Die folgende Zeichnung habe ich ihm entnommen. Sie stammt von einem unbekannten Künstler aus dem Projekt, in dem Thomas vor vielen Jahren in Brasilien arbeitete, der Gemeinschaft der Leidenden der Straße.

Ja, was hat das zu bedeuten, dass Gott nicht zuerst bei den Etablierten, den Wohlgeratenen und Besserverdienenden ankommt? Im Palast des Königs Herodes hat man noch gar nichts von dem gehört, wonach die drei weitgereisten Sternkundigen fragen. Auch die, deren Türen den Unterkunft für die Niederkunft Suchenden verschlossen bleiben, haben offenbar keine Ahnung davon, wer da vor ihnen steht. Eine gute Frage: Wenn das hochheilige Paar nach Bethlehem muss, weil es von dort stammt, müsste es dort doch auch Verwandte geben. Warum nimmt sie von ihnen keiner auf?

Die ersten, denen die Augen aufgehen, haben keinen König im Stammbaum, kein ausgebuchtes Gästehaus als Einnahmequelle. Es sind Hirten, Außenseiter, immer ein wenig schmutzig. Sie riechen nach Tier und leben auf dem Feld, haben keine feste Bleibe. Die anderen, die Anständigen und Gutfunktionierenden, behandeln sie gerne von oben herab. Doch nun kommt von ganz oben herab der Heiland bei ihnen an - und nicht zuerst bei denen in gehobener Stellung. An den höheren Töchtern und Söhnen geht er erst einmal vorbei, um bei denen anzukommen, die ganz unten sind.

Wollen wir das eigentlich wissen, wenn wir im Warmen am gut gedeckten Tisch sitzen und „das Fest“ feiern? Es muss uns die Festfreude nicht verderben, aber die Frage muss schon erlaubt sein:

Was soll das heißen, dass Gott diejenigen zuerst aufsucht, die ganz unten sind?



Hier ist der Weihnachtsgruß von Thomas Kemper in vollem Wortlaut zu finden: http://new.gbgm-umc.org/ (in englischer Sprache)

2010/12/18

Cambine Adventskalender 16

Da macht sich auf auch ...

D. fliegt nach Burundi. N. fährt nach Tete. M. ist sowieso schon in Brasilien. Und überhaupt reist, wer nur irgendwie kann, noch vor den Feiertagen aus Cambine ab. Das erklärt ein wenig das Erstaunen in den Gesichtern unserer mosambikanischen Nachbarn, wenn wir sagen: „Wir bleiben über Weihnachten in Cambine.“ - Das können sie nur schwer verstehen.

„Ihr als Europäer könnt es euch doch leisten“, scheinen sie zu denken. „Warum fliegt ihr nicht auch heim, um mit eurer Familie Weihnachten zu feiern?“ Man sieht förmlich, wie sie innerlich den Kopf schütteln. Manchmal kommen wir fast in Erklärungsnot. Dass es uns zu teuer ist, können wir zwar sagen, aber so recht glaubt uns das hier niemand. Dass uns der Schnee in Deutschland abhält – das wäre gelogen. Was sollen wir also sagen?

Gar nichts werden wir sagen. Nur dass es so ist, wie es ist. Und dass wir den Weihnachtstag mit den Kindern aus dem Waisenhaus verbringen, werden wir sagen. Und dass wir am 26. ganz für uns alleine an den Strand fahren, werden wir vielleicht noch sagen. Aber vielleicht auch nicht.

Warum eigentlich sollten wir uns rechtfertigen müssen?

2010/12/17

Cambine Adventskalender 15

Nito reist nach Norden

Morgens um halb sechs ist es in Cambine nicht mehr so ruhig, wie man meinen könnte. Das erste Pick-up-Taxi ist schon angekommen. Kinder mit Kanistern auf den Schultern holen Wasser. Frauen tragen im Wickeltuch ihre Kinder und gehen zur Feldarbeit. Ich bin mit dem Auto unterwegs an die Kreuzung. Nito, meine Kollege, reist nach Hause. Schon gestern hat er das Busbillet gekauft. Vor sechs muss er an der Haltestelle sein, an der Cruzamento, zehn Kilometer von Cambine entfernt. Wir dürfen uns nicht verspäten: Denn ist der Bus einmal gestartet, wartet er nicht auf späte Passagiere.
Wir sind rechtzeitig zur Stelle. Noch ist es an der Hauptstraße ruhig. Am Straßenrand wickelt eine Mutter ihr Kind. Enten watscheln an ihr vorbei. Im Sand liegen zwei leere Weinflaschen. Die Frauen mit den Schüsseln voller Mangos sind noch auf dem Weg hierher. In einer halben Stunde wird die Haltestelle ein geschäftiger Marktplatz sein.
Es ist zehn vor sechs. Nito ruft den Busfahrer an. Ich bin zur Stelle, sagt er ihm. Nimm mich mit! Fahr nicht vorbei! Siebzehn, achtzehn Stunden Busfahrt liegen vor ihm. Dazu eine Übernachtung irgendwo. Doch im Moment, so hört er den Fahrer sagen, sei er noch gar nicht losgefahren. Er habe erst drei Fahrgäste. Das sei zu wenig. Für so eine lange Strecke müsse der Bus schon besser besetzt sein. Er jedenfalls werde noch eine Weile warten, vielleicht kommen ja noch Passagiere.
Und Nito? Was bleibt ihm übrig, als auch zu warten. Gerade hatte er mir erzählt, dass er frühestens morgen um 10 oder 11 Uhr am Ziel sein werde. Nun kann es auch 15 oder 16 Uhr werden oder noch später. Wer weiß das schon?