2014/04/01
Ei(n)s aufs Dach gekriegt
Keine Angst! Es hat niemand auf uns geschossen, auch wenn man das bei diesem Anblick vermuten könnte. Es war "nur" ein Hagelschlag, allerdings ein heftiger. Bei unserem Besuch in Südafrika hatten wir unseren Toyota in der Werkstatt eines Bekannten abgegeben. Wie meist, wenn wir in Nelspruit sind, gab es dies und das zu reparieren. Doch dann, aus heiterem Himmel, fielen Hagelkörner groß wie Tennisbälle. Sie fielen nicht nur. Auf dem Betonboden müssen sie wild herum gesprungen sein. Große Schäden an vielen Fahrzeugen. Und nicht nur da. Auch Fenster, Dächer und Wassertanks gingen zu Bruch. Unser Toyota hat zwanzig Jahre "auf dem Buckel". Bisher meinte ich, wir hätten ihn doch eigentlich ganz gut gehalten für sein Alter. Nun ist er in zwanzig Minuten Eisregen sichtbar nachgealtert. Schade eigentlich. Doch auch wieder gut: Wie sehr würden wir uns ärgern, wäre uns das mit einem Neuwagen passiert.
Cambine Kalender - April 2014
Vom heilenden Miteinander
João
kam ins neu gegründete Waisenhaus, da war
er vielleicht neun oder zehn Jahre alt. Wir wissen wenig über seine
Vorgeschichte. Die meisten Informationen sind in den Wirren des
Bürgerkriegs verloren gegangen. Sicher ist nur, dass man ihn in
einem Brunnen gefunden hat. Vorher war er von Soldaten in einem
Plastiksack verschleppt worden. Ob João
bereits mit einer geistigen Behinderung
geboren wurde, oder ob er durch eine Gewalterfahrung Schaden genommen
hat – wir werden es möglicherweise nie erfahren.
Nach
mosambikanischem Gesetz ist ein Waisenhaus nur für Jugendliche bis
zu einem Alter von 18 Jahren zuständig. Nach Erreichen dieser
Grenze, bzw. spätestens nach Abschluss einer Ausbildung, sollen sie
die Einrichtungen verlassen. Doch João
wird wohl für immer in Cambine bleiben.
Hier hat er seinen Platz. Hier kennt ihn jeder und weiß mit seinen
Einschränkungen umzugehen. Einen besseren Platz für ihn gibt es im
ganzen Land nicht.
Rélio dagegen ist
ein Aufgeweckter. Seit er laufen gelernt hat, ist er gemeinsam mit
den anderen Kleinen viel unterwegs. Lachend kommt er oft auf mich zu
gerannt, streckt mir seine Arme entgegen und seinen Kopf zwischen
meine Knie. Und wenn es doch mal weh tut oder Streit gibt, dann ist
ja João da. Da
kann er ausruhen.
Überhaupt: die
Gemeinschaft der Kinder hat es in sich. Sie allein schon scheint eine
heilende Wirkung zu haben. Nicht dass alles immer friedlich wäre
oder dass alle immer nett zueinander wären. Natürlich gibt es auch
hier Zank und Streit, Neid und Eifersucht. Und trotzdem: Kinder, die
nach schlimmen Erfahrungen verstört im Waisenhaus ankommen, tauen
auf mit der Zeit, beginnen sich zu öffnen, lernen wieder lachen –
ganz ohne dass wir ihnen psychologische Beratung anbieten könnten.
Irgendwie muss das Miteinander der Kinder selber eine therapeutische
Wirkung haben. Das mitzuerleben ist immer wieder ein Wunder.
Natürlich löst
dieses Miteinander nicht alle Probleme. Allheilmittel gibt es
nirgends. Trotzdem frage ich mich, welche Atmosphäre in anderen
Gemeinschaften herrscht, zu denen ich gehöre. Mag es die Familie
sein oder die Kirchgemeinde, das Miteinander von Kollegen oder von
Freunden. Macht sie mich froher und damit gesünder? Oder ist sie
eher kränkend? Wie müssten wir uns zueinander verhalten, damit
unser gemeinsames Leben heilsamer würde, als es oft ist?
Ich denke, es braucht dazu vor allem zwei einfache Dinge. Doch so einfach sie scheinen, so rar sind sie auch. Das eine ist
die Bereitschaft, einander so sein zu lassen, wie wir sind. Das andere ist Zeit. Zeit ist eben nicht nur Geld. Zeit ist auch ein Beet, auf dem
Geduld wachsen kann, Geduld mit sich selber und Geduld mit anderen.
João zum
Beispiel hat alle Zeit der Welt. Vielleicht ist es genau das, was Rélio
bei ihm findet, wenn er Trost und Ruhe sucht.
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