2010/11/28

Cambine Adventskalender 2


Da kannste lange warten...

Wir waren beim Einkauf für's Waisenhaus: drei Säcke Reise, zwei Säcke Mehl, Kartons mit Milchpulver, Ölflaschen – ein langer Einkaufzettel. Plötzlich ging die Heckklappe des Autos nicht mehr zu öffnen. Der Mechaniker unseres Vertrauens meinte, es sei ein elektrisches Problem. Er könne da nicht helfen. Er wusste aber jemanden, zu dem er mich samt Auto brachte. Bestimmt sei nur der Staub von Cambine auf den Kontakten. Das kann man nebenbei erledigen...

Der Elektriker ging tapfer ans Werk, entfernte hier eine Verkleidung, öffnete dort eine Klappe, und baute schließlich den gesamten Mechanismus der Heckklappe aus. Nach etwa anderthalb Stunden stellte er fest, dass er mir nicht helfen könne. Ein Teil der elektronischen Steuerung sei kaputt und das gäbe es nur in Maputo. Also baute er alles Ausgebaute wieder ein – was ihm sichtlich Mühe bereitete. Er hatte diese Arbeit an diesem Autotyp vorher sicher noch nie ausgeführt. Das dauerte weitere zweieinhalb Stunden...

In der Stadt wartete Claudia die ganze Zeit auf mich. Erst auf den Stufen vor einem Geschäft, dann im klimatisierten Wartebereich einer Bank. Nach vier Stunden kam ich endlich zurück und hatte nichts erreicht.

Außer vielleicht, dass wir den Doppelsinn des Wortes Geduld buchstabieren konnten: abwarten, auch wenn sich das Problem nicht gleich lösen lässt. Und zugleich dranbleiben, eben weil sich das Problem nicht gleich lösen lässt.

Morgen fahren wir also nach Maputo...

2010/11/27

Cambine Adventskalender 1

Die Woche zwischen Ewigkeitssonntag und 1. Advent. Was ist das eigentlich für eine Zeit? Für viele ist es einfach eine Woche wie 52 andere im Jahr. Andere freuen sich, dass nun die Zeit der unbequemen Themen vorbei. Wer will schon gern an Abschied denken, den von lieben Menschen, oder gar den vom eigenen Leben?
1. Advent. Das neue Kirchenjahr beginnt. Doch wen interessiert es wirklich? Auch für die Frommen markieren Silvester und Neujahr den Jahreswechsel und nicht Ewigkeitssonntag und 1. Advent. Für Erzgebirger (ohne "l", versteht sich!) ist der Sonnabend vor dem 1. Advent allerdings das, was dem Rheinländer der 11.11. ist: der Beginn der fünften Jahreszeit.
"Gahr für Gahr gieht's zen Advent ufn Budn nauf..." Warum? Das fragen nur Uneingeweihte! Zum Aufräumen natürlich nicht. Zum "Männle-runter-huln", und den Stern natürlich. Was denn sonst?

Auch wenn wir keinen Dachboden haben, so bin ich heute doch wenigstens auf die Leiter gestiegen und habe die Adventskartons vom Schrank heruntergeholt.
Während ich danach mit einigen Jugendlichen aus dem Waisenhaus im Busch Brennholz holen war, hat Claudia unser Häuschen adventlich hergerichtet. Ihr seht: Erzgebirger bleiben, was sie sind, wo immer sie sich auch rumtreiben!

Was uns von den heimischen Erzgebirgern unterscheidet:
Zum einen: Nach dem Schmücken des Hauses haben wir den Abend auf der Terrasse verbracht.

Nein, wir vergleichen jetzt keine Temperaturen. Nur so viel: Nach Einbruch der Dämmerung waren sie angenehm.

Und noch was: Vor wenigen Tagen hat die Mangosaison begonnen. Noch vorige Woche zahlten wir umgerechnet etwa 2,50€, heute schon nur noch die Hälfte für - eine Waschschüssel voller reifer frischer Früchte. Da kaufen wir natürlich - für die Kinder im Waisenhaus und für uns selber auch.

Ja, es ist der Vorabend des 1. Advent 2010. Ein Teller voll reifer Früchte, ist das nicht auch ein schönes Bild für das biblische Wort: "Als die Zeit reif war..." Und während ich das schreibe, tönen von der Festplatte die Schennhaader Maad: "Es is ball suweit..."

2010/11/14

Warum ich so selten schrieb

Ich habe mich selber oft gefragt, warum ich in den letzten Monaten nichts zu schreiben hatte - und ihr nichts zu lesen. Ich meine, es hat mit einer Rückmeldung zu tun, die ich nicht nur einmal erhielt. Vieles, was ich schriebe, sei so kritisch, hieß es da. Gibt es denn nicht auch einfach mal was Lustiges? Oder man bat mich, schreib doch mal über das, was wir als Europäer von den Afrikanern lernen können...
Ich habe darüber nachgedacht und muss sagen: Ja, ihr habt recht. Vieles, von dem, was ich schreibe, hat eine kritische Schlagseite. Woran liegt das?
Die Ursache liegt, glaube ich, darin, dass ich das Schreiben für den Blog benutze, um die Eindrücke, die ich so mache, zu verarbeiten. Und das ist am meisten notwendig bei den Erfahrungen, an denen ich mich reibe. Davon gibt es zugegebenermaßen viele.
Ich will mich aber mühen, künftig einfach auch mal was zu erzählen. Nur so, ganz ohne Reibefläche. Ich bin gespannt, ob und wie mir das gelingen wird.
Ein öffentliches Tagebuch wird es ganz sicher trotzdem nicht werden. Pastoren sind zwar oft eitle Persönlichkeiten. Da ist was Wahres dran. Aber dafür bin ich, glaub ich, nicht eitel genug.

Löt-Kolben

Wer nach Cambine kommt, wird unser Dorf ganz sicher für eine Siedlung im Busch halten. Das stimmt und stimmt nicht. Das stimmt z.B. nicht, weil es in Cambine meistens elektrischen Strom und fließendes Wasser gibt. Und auch wenn unsere Kreuzung ganz und gar ohne Ampel auskommt, so ist es doch eine Kreuzung.

Zugleich ist Cambine aber auch eine Siedlung im Busch, denn dort, wo rings ums Dorf die Felder aufhören, fängt der Busch an. Auch dort leben Menschen. Die haben es weit zum Wasser und zur Haltestelle. Elektrischen Strom beziehen sie, wenn überhaupt, von der Sonne. Meistens leben sie von dem, was sie auf ihren Feldern anbauen und von Brennholz, das sie schlagen und ins Dorf verkaufen.

Wir waren auf dem Weg zu einem dieser Brennholzverkäufer. Wir kannten den Weg. Doch wo mussten wir vom Weg abbiegen, um zu seiner Hütte zu gelangen? Bei einigen Männern, die am Wegrand unter einem Baum saßen, fragte ich nach. Sie konnten mir zwar nicht weiterhelfen, doch ich sah, womit einer von ihnen beschäftigt war.

Auf einer Matte saß er im Sand, vor sich ausgebreitet ein zerlegtes Transistorradio. Neben der Matte brannte ein Holzfeuerchen. Zwei abgenagte Maiskolben lagen daneben. In den Maiskolben staken Stahlstifte, die er im Feuer aufheizte. Einen hatte er in der Hand, um damit zu löten. Ich staunte nicht schlecht. Ich weiß nicht, ob er sein Radio wieder zum Spielen brachte. Es würde mich allerdings wundern, wenn nicht.