2010/08/23

Antwort auf einen Kommentar

Schön, dass unsere Blogeinträge wieder Kommentare hervorrufen. Heute zum Beispiel fragte uns jemand - leider ohne seinen Namen zu nennen - in einem Kommentar zum Eintrag vom 29.7.2010:

Wie ist das nun mit der viel gescholtenen afrikanischen Unverbindlichkeit? Wie geht ihr als Mitteleuropäer damit um?

Um ehrlich zu sein: Es gelingt uns mal besser, mal weniger gut, uns darauf einzustellen.

Besonders schwer fällt es, wenn ich den Eindruck habe, dem anderen ist es gleichgültig, ob da jemand wartet. Da ist es meines Erachtens manchmal auch angebracht, seinem Ärger Luft zu machen. Einmal war es so, dass die Studenten über Monate kein Stipendium erhielten, weil ein Kollege schlicht versäumt hatte, eine Information weiterzugeben. Da habe ich mich mal per Mail eingemischt. So kann es einfach nicht gehen, sage ich als Europäer. Doch selbst die Studenten, die Hunger hatten, wagten es nicht, Alarm zu schlagen.

Allerdings muss man in Betracht ziehen, dass die Lebensbedingungen hier komplett anders sind als in Europa. Der öffentliche Personennahverkehr läuft hier z.B. kaum nach Fahrplan. Das Chapa (Linientaxi) fährt ab, wenn genügend Fahrgäste da sind. Das lässt sich schwer kalkulieren.

Am besten geht es noch, die ganze Sache mit Humor zu nehmen. Im Anhang des Gesangbuches der Evangelisch-methodistischen Kirche hier in Mosambik steht u.a. der Satz geschrieben: "Der Gottesdienst soll exakt zum angegebenen beginnen." Es war Sonntag morgen 9 Uhr. Wir standen vor der Kirche. Sie war abgeschlossen. 9:15 Uhr war immer noch niemand da, sie aufzuschließen. Auch der Pastor fehlte noch. Da zitierte ich besagten Satz aus dem Gesangbuch und meinte: "Das hat aber kein Europäer hier hingeschrieben." - Wir konnten gemeinsam drüber lachen. Aber wie gesagt, das fällt mal leichter und mal schwerer.

Und ändern werden wir es wohl kaum. Wenn wir von Afrikanern erwarten, dass sie sich in Europa an die dort geltenden Regeln anpassen, dürfen wir uns nicht wundern, wenn das anders herum genau so gilt.

Und noch eins: Genau so, wie es auch unpünktliche Europäer gibt, gibt es auch zuverlässige Afrikaner. Obwohl sich das eigentlich von selbst versteht, will ich es an dieser Stelle noch erwähnen.

Gute Idee

Dieser Tage erhielten wir eine E-Mail aus Ebersbrunn, Gemeindebezirk Zwickau-Planitz. Während unseres Reisedienstes waren wir zu einem sehr kurzen Besuch in dieser Gemeinde zu Gast. Und nun feierten sie ihr sommerliches Gemeindefest. Wir erlauben uns, die damit verbundene Idee zur Nachahmung weiterzuempfehlen:

"Hallo ihr lieben Günthers,
hier kommen wieder einmal Grüße aus der Heimat. Bei uns ist ein heißes Wochenende. Vergangenen Sonntag hatten wir unser jährliches Gemeindesommerfest der Gemeinde Ebersbrunn. Auch da hatten wir einen schönen Nachmittag und trotz des angesagten Regens schien die Sonne. Neben vielen Spielen und guten Kaffee und Kuchen hatten wir auch eine Versteigerung organisiert, wobei wir viel Freude hatten. Die Versteigerung brachte einen guten Erlös ein, welchen ihr für eure Arbeit in Cambine bekommen sollt. ... Den genauen Betrag geben wir euch später bekannt, weil auch diesen Sonntag noch einiges Geld dazugekommen ist. Wir hoffen, dass wir somit ein wenig unserer Sommerfestfreude an euch weitergeben können."

Danke, ihr lieben Ebersbrunner, das ist euch gelungen!

Die Versteigerung in vollem Gange

2010/08/16

Alles sinnlos?

Manchmal, zum Glück nur manchmal, denk ich, das ist doch alles sinnlos, was du da tust. Zu Beginn des Schuljahres hab ich fast alle Lehrbücher der Kinder im Waisenhaus in Packpapier eingeschlagen. Zusammen mit den Kindern haben wir sie mit Aufklebern verziert. Schon nach einer Woche musste ich feststellen, dass fast kein Buch mehr einen Umschlag hatte.

Einige Kinder im Waisenhaus haben große Probleme in der Schule. Ich habe mir vorgenommen, mit einigen einzeln zu arbeiten. Um zu sehen, auf welchem Stand sie gerade sind, wollte ich mir die zwei Bücher der ersten Klasse von den Schülern ausleihen. Als ich das Dona Maravilha erzählte, hat sie mich zweifelnd angeschaut. Vielleicht hätte ich ja Glück und einer hätte seine Bücher noch. So war es dann auch. Von den sieben Erstklässlern konnte mir nur Samito sein Portugiesisch- und Mathematikbuch bringen. Die Bücher waren in einem katastrophalen Zustand, aber immerhin: er hatte sie noch.



Vor ungefähr drei Wochen hab ich wohl so an die 30 Knöpfe an die Hemden der Schuluniformen genäht. Heute tat ich das wieder. Eigentlich konnte ich es nicht glauben, dass die schon wieder ab sein sollen. Den Müttern haben wir vor kurzem Nähsets gekauft, damit sie diese Arbeit selber erledigen können - anscheinend ohne großen Erfolg. Castigo hat seine Hose fast verloren. Sie ist ihm viel zu groß und dann war auch noch der Hosenknopf abgerissen. Den konnte ich nicht mehr annähen. Er musste los zum Unterricht, war eh schon zu spät dran.

Eine Freundin schrieb mir letztens die folgenden Zeilen von Jochen Klepper:
"Manchmal denkt man, Gott müsste einem in all den Widerständen der Arbeit ein sichtbares Zeichen geben, das einem hilft. Aber dies ist eben sein Zeichen: dass er einen durchhalten und es wagen und dulden lässt."

Morgen geh ich wieder hin und werde ganz bestimmt auch wieder abgerissene Knöpfe annähen.


Nur mal so zwei Beispiele

2010/08/13

Nur mal 'ne Frage

Vorzeiten, als wir begannen, einen Blog zu schreiben, da kam es vor, dass manche einen Kommentar dazu schrieben. Das ist nun schon eine ganze Weile nicht mehr der Fall gewesen. Die Frage mag etwas eitel sein, ich stell sie trotzdem: Woran liegt das?

Den Vogel zeigen

Immer wenn es Abend wird, bekommen wir neuerdings Besuch. Wir können ihn zwar nicht sehen, es ist ja dunkel, aber hören müssen wir ihn. Sein Ruf ist kurz und schrill. Und so deutlich wir ihn auch hören, wir können ihn räumlich nicht zuordnen. Nur soviel wissen wir: es ist ein Vogel. Doch sitzt er vor dem Haus im Baum? Oder hat er sich doch ins Haus verirrt? Neulich sind wir nachts aus dem Bett gestiegen, und haben das Schlafzimmer nach ihm abgesucht. Gefunden haben wir ihn nicht. Kann uns denn niemand mal den Vogel zeigen?

Als wir Dona Martha davon erzählten, lachte sie nur und meinte, dass schon viele Leute unter diesem Vogel gelitten hätten. Im Krieg sei es so gewesen, dass die Menschen es regelrecht mit der Angst zu tun bekamen, wenn sie ihn hörten. Der kurze schrille Ruf, den man so schlecht orten kann, weckte in ihnen die Furcht vor Rebellen, die sich im Dunkeln geheimnisvoll miteinander verständigten.

Und tatsächlich, auch ohne die Bedrohung des Krieges, hatte ich diese Assoziation auch schon gehabt. Wirklich, es wäre eine große Hilfe, wenn uns den Vogel jemand zeigen könnte. Dann könnten wir wieder ruhiger schlafen. Und unsere schwarzen Nachbarn auch.