2013/01/06

Hundert Meticais

5:0. Ein klarer Sieg. Das Spiel ist aus. Doch der größte Auftritt kommt erst noch. Die Mannschaft aus dem Nachbarort tritt die Heimfahrt an. Sie sind mit einem alten Pickup unterwegs. 25, 30 Leute haben auf der Ladefläche Platz. Als der Letzte aufsteigt, kracht es - und die Stoßstange liegt auf dem Boden. Ein angeschweißtes Stahlrohr, das hauptsächlich als Trittleiste zum Aufsteigen dient.

Der Fahrer steigt aus, sieht den Schaden und macht - offenbar nach Gutdünken - eine Person für den Schaden verantwortlich. Carlitos ist der eine, ein Jugendlicher aus dem Waisenhaus. Der wehrt sich natürlich, denn er hat ja mit dem Auto der gegnerischen Mannschaft gar nichts zu tun. Und abgesehen davon, bei wem auch immer die Stange abbrach, sie muss bereits vorher angebrochen gewesen sein. 29 stiegen auf und beim 30. bricht sie ab. Und der soll den Schaden zahlen?

Wie nicht anders zu erwarten, erhebt sich ein lauter Wortwechsel. Immer mehr Menschen laufen zusammen. Irgendwann ruft man uns dazu. Es geht ja um einen Jugendlichen aus dem Waisenhaus. Also nochmal die ganze Geschichte von vorn. Und langsam für die Mulungus. Für mich wird schnell klar, hier wird versucht, den Schaden auf einen Unbeteiligten abzuwälzen. Doch ich kann nicht der Schlichter sein. Ich kann nicht in Xitswa verhandeln. Wir rufen nach Julio, dem Direktor.

Also nochmal die ganze Geschichte, diesmal in Xitswa für Pastor Julio. Inzwischen ist es dunkel geworden. Handies und Taschenlampen werden gezückt. Viele Augenpaare begutachten die Bruchstellen. Ja, die Stange war schlecht angeschweißt. Jetzt ist sie ab und muss wieder dran.

Wieviel kostet das denn? Na vielleicht hundert Meticais, umgerechnet etwa drei Euro... Am Ende einigen wir uns darauf, die Summe zu zahlen. Klar, das sieht nach Schuldeingeständnis aus, obwohl Carlito offenbar nur im falschen Moment am Auto vorbei lief. Immerhin ist es eine Einigung. Endlich fährt das Auto davon. Wir sind froh, das eine funktionierende Rücklicht um die Kurve biegen zu sehen. - Wir werden damit rechnen müssen, dass immer mal wieder jemand auf die Idee kommt, dass im Waisenhaus was zu holen ist.

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