2008/09/25

Feiertage

Heute ist der 25. September – und mal wieder Feiertag, Feriado, wie das hier heißt. Ich nehme das zum Anlass, die Feiertage, die in Mosambik begangen werden, mal aufzuzählen und zu versuchen, ihre Bedeutung zu ergründen.
Klar, der erste Feiertag im Jahr ist der 1. JANUAR – NEUJAHR. Wie überall in der Welt wird dieser Tag meist verschlafen. Oder man braucht ihn, um wieder nüchtern zu werden. Die Neujahrsnacht 2007/08 haben wir in Maputo zugebracht und fast kein Auge zumachen können, weil auf der Straße und im Nachbarhaus die Nacht lautstark durchgefeiert wurde.
Am 3. FEBRUAR begeht man den TAG DER MOSAMBIKANISCHEN HELDEN. Wer diese Helden sind? In einem Staat, dessen wichtigste Erfahrung der jüngeren Vergangenheit die erkämpfte Unabhängigkeit von der ehemaligen Kolonialmacht Portugal ist, liegt es nahe, beim Stichwort Helden an die Kämpfer dieser Zeit zu denken, wie zum Beispiel an Eduardo Mondlane, Samora Machel, Joaquim Chissano und andere. Nicht von ungefähr wurde dieser Feiertag auf den 3. Februar gelegt, jenen Tag, an dem Mondlane im Jahr 1969 durch eine portugiesische Briefbombe getötet wurde.
Vielleicht denken manche auch an den jetzigen Präsidenten Armando Guebuza. 1974, unmittelbar nach der Unabhängigkeit, war er es, der dafür sorgte, dass alle Portugiesen innerhalb weniger Tage das Land mit maximal zwanzig Kilo Gepäck zu verlassen hatten. Inzwischen sorgt er, wie es scheint, hauptsächlich für sich selber. Wie es heißt, ist er heute der reichste Mann Mosambiks. Glücklich das Land, das keine Helden braucht! Wer immer das gesagt haben mag, er hat wohl recht. - 2008 fiel der Feiertag auf einen Sonntag, deshalb war der Montag gleich noch mit frei.
Am 7. APRIL begeht man den TAG DER MOSAMBIKANISCHEN FRAU. (Todestag von Josina Machel, der ersten Frau von Samora Machel) Natürlich ist es gut, dass es diesen Tag gibt. Nur ob die mosambikanischen Frauen irgendetwas davon haben? Ich weiß es nicht. Wie der internationale Frauentag und der Muttertag steht auch dieser Feiertag im Verdacht, ein – vielleicht gut gemeintes – Feigenblatt zu sein. Gilt doch jeder Freitag als Männertag. Und offenbar nehmen sich auch viele Männer am Freitag frei von ihrer Frau und Familie, hat man uns gesagt. Die mosambikanische, oder sagen wir, die afrikanische Frau, hat viel, viel mehr Ehrung verdient, als ein solcher Tag leisten kann! Schon wegen der unglaublichen Lasten, die sie meist auf dem Kopf und oft über weite Strecken tragen. 20, 30 Kilo sind da keine Seltenheit und oft nuckelt dabei noch ein Kind an der Brust. Und ein anderes läuft nebenher – mit einem Fünfliterkanister Trinkwasser auf dem Kopf.
1. MAI – Klar: TAG DES ARBEITERS. Ist doch interessant, dass hier der Arbeiter geehrt werden soll und nicht die Arbeit, wie in Deutschland. Das kann man deuten, wie man will. Ich denke vor allem daran, dass es zahllose Arbeitslose gibt, obwohl es doch so viel Arbeit gäbe... Aber es braucht halt auch Kassen, aus denen die Arbeit bezahlt werden kann. Und daran mangelt es gewaltig in Mosambik.
Der 25. JUNI ist in Mosambik das, was in Deutschland der 3. Oktober ist, Nationalfeiertag. Hier wird er als UNABHÄNGIGKEITSTAG begangen. 500?? Jahre war Mosambik von der Kolonialmacht Portugal abhängig. Und das hat tiefe Spuren hinterlassen. Ich finde es zutiefst traurig, dass Mosambik nach seiner Unabhängigkeit, die am 25. Juni 1974 in Kraft trat, sich nur sehr langsam entwickeln konnte. Es folgten 20 Jahre Bürgerkrieg und noch heute kommen etwa 50% (!) des Staatshaushaltes aus ausländischen Geberquellen. Trotzdem: das Mosambik von heute ist nicht mehr das von 1974...
Am 7. SEPTEMBER wird des VERTRAGES VON LUSAKA gedacht. Auch dieser Tag fiel 2008 auf einen Sonntag und wurde am Montag nachgefeiert.
Der 25. SEPTEMBER gilt als TAG DER STREITKRÄFTE. Ich weiß zwar nicht, welchen tieferen Sinn ein solcher Feiertag haben soll, doch ein Staat, der eine Kalaschnikow im Wappen führt, der braucht wohl auch so einen Gedenktag. Mit gleichem Recht könnte man nur zum Beispiel auch einen Tag des Lehrers, des Bauers oder der Krankenschwester feiern, oder etwa nicht?
Der 4. OKTOBER nennt sich in Mosambik TAG DES FRIEDENS UND DER VERSÖHNUNG. Ehrlich gesagt, diesen Tag halte ich für den heikelsten aller Feiertage hier im Land – und zugleich scheint er mir der wichtigste von allen zu sein. Soweit ich weiß, gab es in Mosambik weder einen der Gauck-Behörde vergleichbaren Untersuchungsausschuss, noch eine Wahrheitskommission, wie im benachbarten Südafrika. Dabei liegt das Ende des brutalen Bürgerkriegs noch keine zwanzig Jahre zurück. Viele der Täter von damals müssen heute noch leben. Und die ehemaligen Kriegsgegner FRELIMO und RENAMO gebärden sich heute als politische Parteien. Irgendwie funktioniert es, doch zu einer demokratischen Staatsform ist es wohl noch ein weiter Weg.
Am 25. DEZEMBER begeht man den WEIHNACHTSTAG, der hier auch schlicht FAMILIENTAG genannt wird. Heiligabend und Silvester werden als „halbe Feiertage“ toleriert, stehen aber nicht im Kalender. Auch Karfreitag, Oster- und Pfingstmontag werden hier nicht begangen, von Buß- und Bettag ganz zu schweigen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen