2008/09/08

Herzlich willkommen.

Das ist nun unser neuer Blog. Alles, was wir künftig schreiben werden, werdet ihr unter dieser Adresse hier finden. Und ganz wichtig: mehr Bilder als bisher!

Also, wie die Mosambikaner gerne sagen: Estamos juntos! - Wir sind verbunden - hoffentlich auch weiterhin!

Claudia und Thomas


Liebe Freundinnen und Freunde,

es ist nicht zu glauben, wie schnell die Zeit vergeht – und um es gleich zu sagen - wie vergleichsweise langsam wir doch die portugiesische Sprache lernen.
Die meisten von euch verfolgen ja, was wir im Weblog so von uns geben. Trotzdem wollen wir uns mal wieder mit einem Brief an euch alle wenden. Der letzte Freundesrundbrief liegt auch schon wieder eine ganze Zeit zurück.

Was war los seitdem? Zunächst mal hatten wir uns hier auf dem Dorf einzufinden. Dann gab's und gibt's natürlich schon auch viel zu tun. Aber der eigentliche Grund ist, dass es uns doch recht gut geht. Das Leben in Cambine ist vergleichsweise ruhig. Im Gegensatz zum dienstlichen Alltag, wie er in Deutschland war, sind die Aufgaben hier überschaubar und auf bestimmte Bereiche konzentriert.

Claudia arbeitet zunächst fünf Stunden täglich im Gesundheits-zentrum hier im Dorf. Später werden andere Verpflichtungen dazu kommen. Und ich versuche, mich in der portugiesischen Sprache zu betätigen, die mir noch lange nicht so flüssig von den Lippen bzw. ins Ohr geht, wie es sich für einen theologischen Lehrer eigentlich gehören sollte. Mit viel Humor bei allen Beteiligten geht's in den meisten Fällen irgendwie. Aber im Grunde kann es nur besser werden.
Meine Fächer sind vorerst Einleitung Altes Testament und Geschichte Israels. Die ersten Prüfungen durfte ich auch schon abnehmen. Noch so eine ungewohnte Rolle...

Was uns aber am meisten beschäftigt, ist die uns umgebende Armut. Davon haben wir auch in der Vergangenheit schon geschrieben. So reich wie jetzt haben wir uns noch nie gefühlt. Und so reich wie jetzt waren wir auch noch nie. Die Maßstäbe ändern sich gewaltig, wenn man längere Zeit in so einem armen Land wie Mosambik lebt. Gerade deshalb müssen wir dieses Reichsein erst lernen. In einzelnen Fällen versuchen wir, Men-schen in schwierigen Situationen zu unterstützen. Aber wo fängt man an? Wo hört man auf?

Und immer wieder werden wir mit dem Sterben konfrontiert. Oft sind es junge Leute. Über die durchschnittliche Lebenserwartung in Mosambik gibt es sehr unterschiedliche Angaben, aber sie liegt wohl unter 40 Jahren. Doch es ist ein Unterschied, ob man schlicht eine statistische Zahl vor sich hat; oder ob man miterleben muss, wie Menschen viel zu früh sterben. Jetzt ganz aktuell die junge Frau eines unserer Studenten. Dabei hätte sie nicht sterben müssen, wäre sie rechtzeitig zum Arzt gegangen anstelle zum Heiler. Nun steht Ernesto da mit zwei kleinen Kindern, die er wohl an die Familie seiner verstorbenen Frau verlieren wird, weil das im Norden Mosambiks, von wo die Frau stammte, so Sitte ist. Zudem wird er von den Verwandten seiner Frau zu Unrecht für deren Tod verantwortlich gemacht. Afrikanische Denkweisen können schon sehr eigenwillig und unmenschlich sein. Volkskundler mögen sie vielleicht faszinierend finden, wer aber davon betroffen ist, wird vieles ganz anders erleben.

Ganz anders – das war auch der tiefste Eindruck, den unsere ersten deutschen Gäste immer wieder formulierten. Im August besuchte uns Omi Gudrun zusammen mit Manuel, ihrem Enkel. Das war schon ein lustiges Gespann, die beiden. Mutter, die einen sehr guten und einfühlsamen Tourguide hatte und Manuel, der sich reichlich in erzgebirgischer Aussprache übte. Gemeinsam verbrachten wir einige Ferientage in Südafrika, u.a. im Kruger-Wildschutzgebiet. Das war schon sehr beeindruckend, was sich auch daran zeigt, dass wir es in den vier Wochen zu dritt auf ca. 6000 (!!) Bilder brachten. - Wer soll die bloß alle ansehen? Da hilft nur eins: strenge Zensur!

Für uns war es ein angenehmes Erlebnis, unseren Gästen zeigen zu können, wo und wie wir jetzt so leben. Es waren schon gute gemeinsame Wochen, die wir da hatten! Zumal unsere Gäste genau zu der Zeit gekommen waren, als die elektrische Wasserpumpe des Dorfes nicht funktionierte. So erlebten sie Afrika live. Anstehen an der Pumpe. Eimer und Kanister transportieren, per Hand und mit dem Auto. War auch nicht schlecht. Außerdem hat sich Manuel bei dieser Gelegenheit als begeisterter Allradfahrer entpuppt. Schon deshalb will er wiederkommen, sobald er es sich leisten kann.

Natürlich locken auch die Traumstrände, die während des europäischen Sommers, der hier Nebensaison ist, wunderbar leer sind und beste Badebedingungen bieten. Von einem Strandtag brachten wir zwei frisch gefangene Kraken mit, die Manuel mit Begeisterung sezierte und gemeinsam mit zwei Studentinnen von hier zubereitete und servierte.

Omi Gudrun hat – Gott sei Dank - alles gut überstanden. Immer- hin ist sie schon 73 und trotzdem hat sie hier alles mitgemacht, was wir so unternommen haben. Sogar mit dem Segelboot über die Bucht ist sie geschaukelt. Und von wegen, sich ans Land tragen lassen! Rein ins knietiefe Wasser und ans Land gewatet, da kannte sie gar nichts! Dazu hat sie noch viele Stunden genäht: fast vierzig Kleidungsstücke für die Kinder im Waisenhaus von Cambine sind so entstanden. Da war die Freude groß, als wir sie ihnen brachten!

Wir sind sehr froh, dass wir auch von uns sagen können: Es geht uns gut, gesundheitlich und auch sonst. Vielleicht geht es uns sogar zu gut? Auf den Bildern kann man sehen, dass wir zugenommen haben. Das ist schon verrückt, bei so viel Armut um uns herum. Aber die uns warnten, hatten recht: fettes, kalorienreiches Essen, von unserer Empregada Marta auf afrikanische Weise zubereitet und wenig Bewegung – das bleibt nicht ohne Folgen. Und die Ernährung umstellen, das geht so einfach auch nicht, wenn man nicht selber kocht. Und vor allem, wenn die Berufsehre der Hausangestellten beinhaltet, dass Europäer immer gutes und reichliches Essen bekommen müssen... Mal sehen, was uns da noch einfallen wird.

Ganz aktuell bin ich (Claudia) mal wieder mal mit Wasser ranschleppen beschäftigt. Eigentlich funktioniert ja die elektrische Pumpe, die unseren Tank füllen soll. Aber aus einem für uns unerklärlichem Grund läuft trotzdem kein Wasser hinein. Wahrscheinlich ist der Druck zu gering. Warum es die letzte Woche problemlos funktionierte und nun seit drei Tagen wieder nicht mehr, das können uns die Verantwortlichen auch nicht erklären. Sie zucken nur mit den Schultern, wenn man sie fragt. Da das Wasser aber nur früh zwei Stunden läuft und ich um 7.30 Uhr auf Arbeit zu erscheinen habe, komme ich zeitlich doch ziemlich unter Druck. Naja Geduld, sagen einem die Leute hier dann immer. Und vielleicht muss ich das ja wirklich noch lernen, obwohl hier die Grenzen zwischen Geduld und Gleichgültigkeit fließend sind. Und mit manchem will und kann ich mich einfach nicht abfinden.

Was gibts Neues in der Gesundheitsstation? Eigentlich nicht viel Erfreuliches. Die Strukturen im hiesigen Gesundheitswesen sind ziemlich kompliziert, besonders dort, wo sich Kirche und Staat die Verantwortung für ein Krankenhaus teilen. So gibt es Kolleginnen, die ihr Geld vom Staat, andere, die ihr Geld von der Kirche bekommen – wenn sie es halt bekommen. Im Moment ist es so, dass diejenigen, die von der Kirche bezahlt werden, im vierten Monat kein Gehalt mehr bekommen. Und weil sie auch nichts auf der “hohen Kante” haben, essen sie zweimal am Tag Maniok vom eigenen Feld. Zu mehr reichts dann eben nicht. Tja, wie geht man damit um? Im konkreten Fall haben wir letzte Woche Mais gekauft und verteilt, aber im Grunde ist das auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Doch gerade war eine Kollegin da und fragte, ob wir morgen gemeisam nach Chicuque fahren könnten, das Geld sei endlich angekommen und müsse abgeholt werden. - Na endlich! Wir werden mal fragen, wo es denn die ganze Zeit geblieben war. Ob wir eine Antwort bekommen werden?

Und in der Gesundheitsstation selbst haben wir auch große Probleme. Nun wurde Cambine zwar ans Stromnetz angeschlossen, dafür sind die Leitungen im Krankenhaus selber so marode, dass vergange Woche das gesamte System zusammen-brach. Auch die Solaranlage ist schon lange kaputt, weil das Geld für die notwendigen neuen Batterien fehlt. Dies wiederum bedeutet, dass nächtliche Entbindungen und notwendige kleine chirurgische Sachen (Wundnaht z.B.) mit der Petroleumlampe beleuchtet werden müssen, eigentlich unglaublich! Auch die notwendigen Medikamente, wie Penicilline, Schmerzmittel usw. reichen nie für den gesamten Monat. Wer Geld hat, kann sich die Medikamente zwar auch in einer privaten Apotheke in Maxixe kaufen, aber wer hat das schon? - Ich fühle mich schon oft sehr hilflos in diesen Situationen.

Erschwerend kommen noch die Probleme mit der Verständigung hinzu. Oft ist es noch so, dass ich Dinge nur ungefähr verstehe und mir nicht sicher bin, ob das nun wirklich den Tatsachen entspricht oder nicht. Hier ist wohl doch Geduld angezeigt und natürlich: lernen! Um ehrlich zu sein, wenn ich jetzt nochmal wählen könnte, würde ich wahrscheinlich ein englischsprachiges Land wählen. Aber nun sind wir hier und es gibt nur die Flucht nach vorn. Und im Grunde geht es uns ja trotzdem ganz gut.

Wir grüßen euch herzlich und freuen uns auch über jeden Gruß von euch. “Estamos juntos!” sagen die Mosambikaner gerne: Wir sind verbunden. Und das wollen wir auch bleiben. Deshalb schreiben wir euch auch gleich noch mal alle vorhandenen Möglichkeiten auf, wie ihr uns erreichen könnt.

Übrigens: unsere bekannte Weblog – Adresse wird erhalten bleiben (http://thomasguenther.20six.de), aber neue Einträge, z.B. diesen Freundesbrief, werdet ihr künftig unter dieser Adresse hier finden: http://guenther-cambine.blogspot.com

Ihr habt ja sicher gemerkt, dass unter der alten Adresse die Möglichkeit, Bilder einzustellen, sehr begrenzt war. Um das zu ändern, haben wir den Anbieter gewechselt.

Tja, und dann gibt es noch die Möglichkeit uns zu besuchen. Doch dazu fragt am besten zuerst euren Arzt oder Apotheker und gleich danach das Reisebüro eures Vertrauens!

Es grüßen euch herzlich Eure Claudia und Thomas

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