2009/03/29

Gekommen um zu bleiben

Am Dienstag letzter Woche war das Maß voll, das Maß eines Jahres. Der 24. März 2008, Ostermontag, war der Tag, an dem wir nach Cambine kamen, um zu bleiben. Es war schnell um, unser erstes Jahr im mosambikanischen Dorf. Wir haben viel gelernt in den zwölf Monaten seither. Doch längst noch nicht genug. Das liegt in der Natur der Sache.

Zum Beispiel letzten Sonntag: Wir wollen Claudias Geburtstag gemeinsam mit Estrela feiern, einer Absolventin des Theologischen Seminars. Seit Januar ist sie Pastorin in einer Gemeinde. Klar, dass wir da nicht allein hinfahren. Studentinnen aus dem benachbarten Wohnheim wollen mit. Dort hatte Estrela als Studentin auch gewohnt. Eine unserer Mitfahrerin wird unterwegs zusteigen, heißt es. Und: Nach dem Gottesdienst geht’s los. Das sind unsere Abmachungen. Doch schon hier haben wir falsch gemacht, was nur falsch zu machen geht. – Denn: Was heißt „unterwegs“? Und: Was heißt „nach dem Gottesdienst“?

„Nach dem Gottesdienst“ heißt: nachmittags halb zwei. Nun gut, der Gottesdienst ging immerhin fast bis halb eins. Und „unterwegs“ heißt: An der Taxihaltestelle im Nachbarort Morrumbene. Als wir dort ankommen, stellt sich heraus: Keiner weiß, wann die dritte Gratulantin bei uns einsteigen wird. Jemand ruft sie an. Ja, sie sei unterwegs – zur Taxihaltestelle. Wann das Taxi losfährt? In Afrika ist nur eine Antwort auf diese Frage möglich: Das weiß im Vorhinein keiner genau. Also warten wir. Und rufen bei Estrela an: Es wird später werden. Sie nimmt es zur Kenntnis. Wir sitzen im Auto und warten. Wir werden ungeduldig. Wir überlegen ernsthaft, umzukehren. Essen wir den frischen Kuchen eben allein auf! Wer will schon den Sonntag Nachmittag am Straßenrand verbringen, wenn er anderswo Geburtstag feiern könnte? Dann kommt das heiß ersehnte Taxi. Da ist es kurz vor halb vier. Fast 90 Minuten sind vergangen. Also doch nicht umkehren! Losfahren! Obwohl: so richtig nach Feiern ist uns nicht mehr zumute.

Estrelas Gemeinde befindet sich im Busch. 20 weitere Minuten holpriger Fahrt liegen vor uns. Als wir ankommen, ist es kurz vor vier. Und die ganze Gemeinde ist da! Singend und tanzend kommen sie, uns zu begrüßen. Seit zwölf Uhr mittags haben sie auf uns gewartet! Ärger? Den spürt man bei ihnen nicht. Vielleicht liegt es daran, dass auch unser Ärger bald verfliegt. Es bleibt uns eine reiche Stunde. Die wollen wir nicht verderben. Wir feiern mit den Schwestern und Brüdern. Die Geburtstagskinder werden beschenkt. Wir singen und tanzen. Nicht zuletzt wird gegessen und getrunken. Um fünf müssen wir wieder los. Wir wollen noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder in Cambine sein. Ja, wir hätten alles besser absprechen sollen. Auch unsere afrikanischen Freundinnen sagen das. Nachher. Doch wir hätten es wissen können. Vorher.

Wir müssen eben noch viel lernen. Auch nach diesem Jahr, das für uns scheinbar viel schneller verging als jene 90 Minuten am Straßenrand von Morrumbene.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen