2010/02/15

So also nicht

Gerade jetzt, wo unser erster Reisedienst in Deutschland kurz bevorsteht, stoße ich auf die folgende kleine Geschichte von Mark Twain. So also sollen wir es nicht machen in den Gemeinden, die wir besuchen werden! Hoffentlich wird uns das gelingen.

»Am Sonntag predigte ein Missionar. Er hatte eine herrliche, eindringliche Art zu reden, er beschrieb die Nöte der Eingeborenen und flehte in so rührenden Worten um Hilfe für diese leidenden Menschen, dass ich insgeheim den Betrag, den ich für die Kollekte vorgesehen hatte, von 50 Cent auf einen Dollar erhöhte. Der Missionar fuhr fort und schilderte das herzzerreißende Elend der Notleidenden. Mit meinen Vorsätzen wurden aus dem einen Dollar fünf. Noch einige Sätze – und die Predigt trieb mir das Wasser in die Augen. Ich beschloss, einen Scheck auszuschreiben, da ich nicht genug Bargeld bei mir hatte. Der Prediger war immer noch dabei, zu erzählen, wie schrecklich es die Armen hätten. Ich ließ den Gedanken an einen Scheck. fallen. Er fuhr fort. Ich kam wieder auf fünf Dollar zurück, dann auf vier, drei, zwei, einen Dollar. Er redete und redete und redete. Als schließlich die Kollekte herumging, nahm ich mir zehn Cent heraus.«

(gefunden in: Hans-Dieter Bastian, Kommunikation Themen der Theologie, Kreuz-Verlag Stuttgart 1972)

2010/02/06

Beinah ein Doktor

Die Renovation des Gesundheitszentrums Cambine ist abgeschlossen. Die Dächer sind dicht, die Räume renoviert. Die Entbindungsstation samt Wohnbereich der werdenden Mütter wurde komplett erneuert. Darüber sind wir froh. Auch wenn es offensichtlich Neider gibt, hat sich die Sanierung gelohnt - für die Gebärenden sowieso, aber nun vielleicht auch noch für alle anderen.


Das frisch sanierte Zimmer für die jungen Mütter mit ihren Neugeborenen

Kürzlich besuchte uns der für Cambine verantwortliche Distriktsarzt. Er teilte uns mit, dass er die Absicht habe, einen „Técnico“ in Cambine zu stationieren, um die Krankenstation künftig wieder stärker belegen zu können. Nach deutschem Verständnis ist ein Técnico kein Arzt, sondern ein erfahrener Pfleger mit einer zweijährigen medizinischen Zusatzausbildung. In Mosambik allerdings nehmen die Técnicos durchaus ärztliche Tätigkeiten wahr, einschließlich Operationen. Ein Técnico in Cambine – das würde die Qualität der medizinischen Versorgung im Dorf wesentlich verbessern. Nur müsste die Missão angemessenen Wohnraum zur Verfügung stellen. Jetzt ist die Direktion der Missão am Zug...

Servicewüste

Zu Beginn jedes neuen Jahres muss auch in Mosambik Kfz-Steuer gezahlt werden. Und zahlen heißt hier wirklich: zahlen. Nicht etwa überweisen. Nein, man muss im Amt erscheinen und die Scheine auf den Tisch legen. Vorausgesetzt, man hat sich an die Kleiderordnung gehalten. Mit kurzen Hosen und Sandalen hast du als Mann keine Chance, deine Steuerschuld zu begleichen. Auch Frauen in zu kurzen Röcken oder transparenten Blusen haben keine Zutritt ins Amtsgebäude. Männer mit Rasta-Locken werden ebenso zurückgewiesen. Ein Aushang neben der Pforte weist ausdrücklich darauf hin, dass die Regelungen sowohl für Mosambikaner als auch für Ausländer gelten. Der Soldat an der Tür, die Kalaschnikow in der Hand, wacht aufmerksam über die Würde der Eintretenden. - Bloß gut, denke ich, als ich zurückgewiesen werde, dass wenigstens Claudia weder zu kurz noch zu transparent gewandtet ist. Doch auch sie kommt unverrichteter Dinge aus dem Amt zurück. Es ist bereits nach 14 Uhr. Da hat die Kasse geschlossen. Obwohl das Amt noch bis 16 Uhr geöffnet ist. Von wegen Deutschland sei eine „Servicewüste“...

Und wenn es nur fünf sind? Oder keiner...

Bei Thomas im Theologischen Seminar ist zur Zeit mal wieder vieles unklar. Am 1. Februar wurde das neue Studienjahr zwar offiziell eröffnet. Aber ob ein neues 1. Studienjahr zustande kommen wird, weiß derzeit noch keiner. Von den Fünfen, die von der Jährlichen Konferenz zum Studium angenommen wurden, ist bisher noch nicht eine/r angereist. Man sagt, das liegt daran, dass sich alle auch an anderen Stellen (und in anderen Fächern) bewerben. Es kann durchaus sein, dass Thomas dieses Jahr keine Klasse bekommen wird, denn er unterrichtet vorzugsweise die Anfänger. Für das erste Halbjahr 2010 wäre das nicht weiter schlimm, da wir ja ohnehin drei Monate außer Landes sein werden. Aber grundsätzlich fragen wir uns schon, was das alles für die theologische Ausbildung der Emk in Cambine zu bedeuten hat.


Die acht Finalisten des Jahrgangs 2009 mit ihren Ehepartnern

Es scheint, dass andere Studiengänge attraktiver sind als das Theologiestudium in Cambine. Das scheint uns sogar verständlich, denn die Pastorentätigkeit in der methodistischen Kirche in Mosambik gilt nicht zu Unrecht als wahrhaft brotlose Kunst. Viele von Thomas' Kollegen haben seit Monaten kein Gehalt mehr bekommen. Und die Pastorinnen und Pastoren, die in Gemeinden Dienst tun, die sich irgendwo weit abgelegen im Busch befinden, erhalten oft das ganze Jahr kein Geld. Ihre Gemeindeglieder haben selber kaum das Nötigste. Ein Umlagensystem gibt es nicht, in dem finanzstärkere Gemeinden die Last der Schwächeren mittragen und so zu einer halbwegs gerechten Entlohnung der Hauptamtlichen beitragen könnten.

Die Zahlen stimmen, alles andere entwickelt sich...

Claudia hat sich in ihrer neuen Arbeit gut eingerichtet, auch wenn im Waisenhaus natürlich noch längst nicht alles so ist, wie es sein könnte und sollte. Immerhin: der erste Jahresabschluss, den sie als Buchhalterin zu erstellen hatte, hat soweit gestimmt. Dona Maravilha, die Direktorin, lebt allerdings immer noch in einem nur provisorisch eingerichteten Haus und wie genau die Aufgaben verteilt sein sollen, ist immer noch nicht beschrieben. Unser großer Traum ist, die gesamte Struktur des Waisenhauses so zu ändern, dass die Kinder künftig wie in einer Familie zusammenleben, ältere und jüngere Geschwister, Mädchen und Jungen jeweils zusammen mit einer Mutter. Doch dazu braucht man auch geeigneten Wohnraum und Mütter, die sich auf diese Veränderung einlassen. Da liegt noch viel Arbeit vor uns.


Dona Maravilha kauft Bananen

Die Einkäufe für das Waisenhaus erledigen wir regelmäßig gemeinsam mit Dona Maravilha. Dabei spüren wir deutlich, wie die Lebensmittelpreise drastisch nach oben gehen. Kostete ein 50-Kilo-Sack Reis der Marke Coral im November 2009 noch 960 - 970 Meticais (etwa 26 Euro), so kostete er Ende Januar 2010 bereits 1200 Meticais (etwa 30 Euro), was unabhängig vom Eurokurs in etwa einer Steigerung von 25% in zwei Monaten entspricht.


Claudia zählt nach...

Kreuz und quer durch Deutschland

Nach zwei Jahren Dienst in Mosambik steht nun der erste Heimataufenthalt von drei Monaten bevor. Zwischen Mitte März und Mitte Juni werden wir viel in Gemeinden unterwegs sein und über unser Leben und Arbeiten in Mosambik berichten. Arzttermine, Urlaub, Teilnahme an der Jährlichen Konferenz in Leipzig stehen genau so im Programm dieser Wochen wie einige Familienfeste. Und natürlich hoffen wir sehr, den einen oder die andere von euch während dieser Zeit auch persönlich zu treffen. Zur Zeit sind wir sehr damit beschäftigt, den Reiseplan zu koordinieren. Das ist gar nicht so einfach, denn wir werden kreuz und quer durch Deutschland reisen. Zwischen Konstanz und Berlin, Lage und München, Pirmasens und Zittau liegen die Gemeinden, die wir besuchen werden. Und von dem, was uns bis zu unserem Aufbruch noch beschäftigen wird, will ich im folgenden kurz berichten:

Lange geschwiegen

Der letzte Eintrag im Weblog stammt noch aus dem vergangenen Jahr – und nun haben wir schon Anfang Februar... Es ist nicht zu leugnen: Wir haben wenig geschrieben in den vergangenen Wochen. Vielleicht liegt es an der Hitze, die uns träge werden lässt. Vielleicht liegt es daran, dass wir viel nachgedacht und geredet haben in den vergangenen Wochen. Jedenfalls war uns nicht danach zu schreiben.

Dafür haben viele von euch uns geschrieben – so viele Mails, so viele Briefe, sogar Päckchen haben wir erhalten - in der Weihnachtszeit wie auch zu meinem Geburtstag. Auf die meisten Grüße haben wir bisher nicht geantwortet. Trotzdem danken wir euch allen sehr, die ihr uns auf diese Weise gezeigt habt, dass ihr an uns denkt. Um ehrlich zu sein: Wir werden auch in den nächsten Wochen kaum viele Briefe schreiben können. Bitte versteht darum die folgenden Zeilen als Antwort und Gruß, auch wenn sie dem Medium Internet entsprechend wenig persönlich daherkommen. Den Grund unserer Schreibhemmung werden die meisten von euch kennen: Am 15. März werden wir nach Deutschland aufbrechen. Bis dahin gibt es noch viel zu tun.