2011/02/07

Laura

Laura ist eines der Zwillingsmädchen aus dem Waisenhaus. Wer unseren letzten Freundesrundbrief in der Hand hatte, hat sie schon gesehen. Da tragen wir sie auf dem Arm. Leider geht es Laura im Moment ziemlich schlecht. Ich habe Angst, dass sie sterben wird.

Seit einer Woche hat sie Durchfall, der nicht zu stoppen ist. Seit Freitag liegt sie im Krankenhaus in Morrumbene. Weil die Pädiatrie vorgerichtet wird, liegt sie auf der Neugeborenenstation. „Station“ ist dabei schon ein zu großes Wort. Eher ist es ein großes Zimmer oder ein Saal, wie ich ihn noch aus meiner Lehrzeit in der Chirurgie kenne. Dort besuchen wir sie jeden Tag. Und jeden Tag kehre ich deprimierter nach Hause zurück. Zum Einen weil es Laura nicht wirklich besser geht, zum anderen schockiert mich, was ich dort erlebe. Dabei weiß ich ja, dass ich die medizinische Versorgung in Mosambik in keiner Weise mit der in Deutschland vergleichen kann.

Gestern starb während unseres Besuches ein Neugeborenes. Es wollte einfach zu früh auf diese Welt, im 7. Monat. Eine Intensivstation für Frühgeborene gibt es hier leider nicht. Während unseres Besuches heute starb ein Kind in Lauras Alter, 15 Monate. Die Mutter weinte zum Erbarmen. Und das alles in dem Saal, in dem auch die Mütter liegen, die frisch entbunden haben oder gar noch auf die Geburt warten. Ein anderes kleines Kind schwebt auch in großer Lebensgefahr. Es braucht dringend eine Blutkonserve, doch die benötigte Blutgruppe 0, Rhesusfaktor negativ, ist nicht vorrätig. Ich habe Blutgruppe 0, aber Rhesusfaktor positiv, konnte also leider auch nicht helfen.

Doch neben diesen der Armut geschuldeten notvollen Verhältnissen gibt es auch Dinge, die man ohne viel Geld ausgeben zu müssen, besser machen könnte oder müsste. Die nötigsten Anforderungen der Hygiene einhalten, zum Beispiel. Der Nachtschrank neben Lauras Bett war nicht nur voller Staub, sondern regelrecht verdreckt. Der allgegenwärtige rote mosambikanische Sand. Als ich ihn wegwischte, meinte meine Begleiterin: Jetzt ist es wieder schön. Dass es mir nicht um Schönheit ging, sondern um Hygiene, war ihr nicht bewusst.

Oder die Ernährung: Hier ist es ja so, dass das Pflegepersonal nur für die medizinische Versorgung zuständig ist. Alle Tätigkeiten, die darüber hinausgehen, erledigen bei Kindern die Mütter, bei erwachsenen Patienten andere Angehörige: waschen, Essen bereiten, gegebenenfalls füttern oder Windeln wechseln... Wenn die Schwestern die Angehörigen wenigstens beraten würden! Die Mütter z.B. darüber aufklären, was sie den Kindern bei Durchfall geben sollen. Ich habe den Eindruck, selbst das geschieht nicht. Ich wollte Laura eine reife, zerdrückte Banane geben. Die diensthabende Schwester hat es untersagt. Und auch meine Begleiterinnen glauben mir nicht, dass Banane besser als Joghurt ist. Ach, ich fühl mich so richtig hilflos!

Eines freilich bleibt mir: Ich bete zu Gott, dass er Laura trotz all dieser widrigen Bedingungen helfen kann. Und wer von Euch auch dazu in der Lage ist, möge bitte dasselbe tun.


Im Krankenhaus Morrumbene warten Menschen auf Behandlung

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