2011/11/21

Der Papa wird's schon richten?

Neuerdings werden nebenan, gleich gegenüber vom Gästehaus wieder Brötchen gebacken. Jahrelang war die Bäckerei außer Betrieb. In Backstube und Laden wohnten Schülerinnen der Sekundarschule. Auch der LKW der Mission parkt jetzt nachts immer vor der Bäckerei. Ich hatte mich schon gefragt, warum das so ist. Jetzt erfuhr ich es. Da hat einer die Initiative ergriffen. Der Fahrer, der mit dem Auto für die Mission Geld verdient, ist zugleich der Mann, der die Bäckerei wiederbelebt. Da findet sich einer nicht mehr damit ab, dass die Dinge nun mal sind, wie sie sind und bringt was in Bewegung.

Neulich kamen wir miteinander ins Gespräch. Er war gerade dabei, den Lastwagen zu reparieren. Baujahr 1992, für afrikanische Verhältnisse geradezu ein Jungwagen. Er klagte über den Zustand des Autos. Über die Jahre sei er zwar oft überladen, dafür aber selten gepflegt worden. Auf meine Frage, warum das so gewesen sei, antwortet er mit einer unerwarteten Einsicht.

„Wenn man daran gewöhnt ist,“ sagt er und hält inne. Dann schaut er ehrfürchtig zum Himmel auf und fährt bedächtig fort, „dass Gott schon immer wieder Geld schickt, fällt es schwer zu lernen, mit den Dingen verantwortlich umzugehen.“

Ein Satz, der in Deutschland nicht weniger richtig ist als in Afrika. Ein Satz, der darauf hinweist, dass auch Geber Verantwortung tragen für das, was sie mit ihren Gaben bewirken. Die Ambivalenz des Geldes: Es kann Felder zum Blühen bringen und Brunnen zum Fließen. Und es kann zugleich Menschen korrumpieren und zu verantwortungslosem Handeln verführen. Dessen sollten wir uns immer bewusst sein, als große Banken genau so wie als kleine Leute.

1 Kommentar:

  1. Helfen in Moçambique, das ist wirklich ein zweiseitiges Schwert. Meine Erfahrung zeigt, daß das Helfen mit der Übergabe einer Gabe nicht abgeschlossen ist, sondern praktisch erst beginnt. Ein bißchen Wohlstand zu schaffen, kostet nicht viel. Ihn zu erhalten, ist wesentlich schwieriger. Nehmen wir die Elektroenergie als Grundlage für bestimmte Luxusartikel. Als das Haus meiner „Patenfamilie“ elektrifiziert wurde, habe ich ein bißchen Kleinkram geschickt. Das eigentliche Problem begann erst nach der Inbetriebnahme von Stereo-Anlage, Fernseher, Kühlschrank, Gefriertruhe usw. Wohlstand muß finanziert werden. Und auch in Moçambique ist der Strom nicht kostenlos. Wenn ich nicht regelmäßig Geld schickte, wäre der gesamte in der Zwischenzeit angeschaffte Luxus nutzlos. Ich erfahre dann von den Kindern, daß sie wieder auf dem Hof kochen, weil die Gasflasche leer ist, daß der Stromzähler nur noch eine Reserve von 5 kWh anzeigt und daß sie schon gar nicht mehr wissen, wie eine Kartoffel aussieht, und nur noch Xima, abwechselnd mit cacana und matape verfeinert, essen. Das Geld 1 Verdieners reicht nicht aus (ca. 200 EUR als Busfahrer), wobei man wissen muß, daß eine afrikanische Familie sehr groß ist und nicht nur Frau und Kinder am Tisch sitzen, insbesondere wenn die anderen Verwandten wissen, daß es im Hintergrund einen „Geber“ gibt. Ein Sack Reis reicht da nicht lange. Die Kosten für Lebensmittel sind hoch. Die Brotpreise haben schon mehrmals Revolten ausgelöst. Zur Zeit kriselt es wieder. (Vor ein paar Tagen wurden von der Regierung Demonstrationen und Menschenansammlungen untersagt. http://www.canalmoz.co.mz/hoje/20757-governo-anuncia-proibicao-de-manifestacoes-e-poe-policia-em-prontidao.html).

    Hilfe zur Selbsthilfe wird weniger geschätzt. Das Wissen darum, daß es ausreicht, den Telefonhörer an den Stammhalter (meinen „chara“) weiterzureichen, um am nächten Tag bei Western Union eine Finanzspritze abzuholen, trägt sicherlich zu einer gewissen Sorglosigkeit bei. Ich habe mich schon oft geärgert, weil es seitens der „Geholfenen“ nicht ein bißchen mehr Initiative gibt. Über die vom Weißen angelegten Beete freut man sich und erntet sie auch ab, aber beim nächsten Besuch ist davon nichts mehr zu sehen. Es ist auch erstaunlich, daß alles auf Verschleiß gefahren wird, nicht nur der Lkw des Fahrers Ihrer Mission. Ich habe beispielsweise nie beobachtet, daß zerrissene Sachen der Kinder genäht werden. Das Hemd wird heruntergerissen, bis davon nur noch die knopflose Knopfleiste übrig ist. Daß man nach Verlassen eines Zimmers das Licht ausmacht, um Strom zu sparen, bekommt man in die Köpfe einfach nicht rein. Und die Anzahl der von mir gesponserten Handys kann ich schon gar nicht mehr nennen. Für den Verlust gibt es aber natürlich immer eine glaubhafte Erklärung.

    Bei Hilfe in Form von Geld ist strenge Kontrolle ratsam. Die Kinder haben mir oft gesteckt, daß sie trotz meiner Hilfe weiterhin täglich Xima essen. Ein richtiger „Moci“ ist nämlich ein „gabarola (Angeber), und wenn er sich etwas kaufen kann, womit er den Nachbarn aussticht, wird er immer am Essen sparen.
    Zweckgebunden geben und gleichzeitig zur Selbsthilfe anregen, ist nicht leicht. Und wenn ich mich dieser Schwierigkeit schon in bezug auf eine mir nahestehende Familie gegenübersehe, frage ich mich, was mit dem Geld aus dem großen Topf der Hilfsorganisationen passiert, dessen Verwendung viel schwieriger zu kontrollieren ist. Wenn es nach dem Willen der vielen Spender eingesetzt würde, müßte es der Masse der Bevölkerung nach so vielen Jahren der Unabhängigkeit eigentlich besser gehen. Freitags gibt es auf den Avenidas aber noch genauso viel Bettler wie 1997, der öffentliche Verkehr ist chaotisch, die Stadt wird zugemüllt, obwohl über die Stromrechnung Abfallsteuer kassiert wird, und die einst wunderschönen Akazien gehen am Urin zugrunde (http://oficinadesociologia.blogspot.com/2011/09/xixismo.html, http://oficinadesociologia.blogspot.com/2008/12/como-se-combate-o-xixi.html).

    A luta continua! Ich wünsche Ihnen alles Gute. Passen Sie auf Ihre Oase Cambine gut auf.

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