2012/07/21

Fremd im Norden

Heute hat uns A. besucht. Seit einigen Monaten lebt und arbeitet er als Pastor in einer kleinen Gemeinde im hohen Norden Mosambiks. Doch eigentlich ist „Gemeinde“ gar nicht das richtige Wort. Wie er erzählt, handelt es sich lediglich um eine kleine Gruppe armer Leute, die in einem kleinen Ort leben irgendwo im Hinterland zwischen Nampula und Capo Delgado. „Dort oben“, sagt er, „ist alles anders als hier im Süden.“
Zum Beispiel die Entfernungen. Auf den fünfhundert Kilometern von Cambine nach Maputo kommt man durch drei Provinzen. Im Norden gibt es Distrikte (Landkreise), die sind genau so groß. Auch die Kultur ist anders. Das Volk der Makonde, das im Süden Tansanias und im Norden Mosambiks zu Hause ist, hat eine sogenannte matrilineare Kultur. Das heißt zum Beispiel, dass bei einer Heirat nicht die Frau in die Familie des Mannes wechselt, sondern umgekehrt: Der Mann geht als Fremder in die Familie der Brautmutter über. Zudem ist die muslimische Bevölkerung im Norden wesentlich zahlreicher als hier in Inhambane. 

Das heißt auch, dass die kulturellen Unterschiede im Norden insgesamt größer sind als im Süden. A. sagt, das zeige sich auch in deutlichen Formen des Tribalismus. Makonde z.B. kaufen vor allem bei anderen Makonde ein. Und auch die Muslime leben eher unter sich. So kommt es, dass zu A.s Gemeindegruppe kaum Einheimische gehören.
Methodisten im Norden, das sind vor allem aus dem Süden Zugezogene. Und weil sie überwiegend mit dem Wenigen auskommen müssen, was sie auf ihren kleinen Feldern ernten, ist auch ihre Kirchgemeinde ziemlich arm. „Eigentlich“, sagt A., „sollte ich laut Dienstvertrag monatlich 5500 Meticais verdienen.“ (Das sind umgerechnet etwa 170 Euro.) „Soviel Geld bekomme ich aber allenfalls in einem halben Jahr in die Hände“, berichtet er. „Und wenn Gemeindeglieder krank sind, kommen sie gewöhnlich zu mir und bitten um Geld für die Fahrt zum Doktor und für Medikamente. Was soll ich tun? Ich habe ja selber nicht genug.“
Und was sollen wir tun? Was können wir tun? - Ja, wir können helfen, mit Geld vor allem. Allerdings nur punktuell. Wir können dazu beitragen, dass A. nicht hungern muss. Doch weder können wir ihm das Gehalt zahlen, für das eigentlich seine Kirche verantwortlich ist. Noch können wir die Armut seiner Gemeindeglieder beseitigen. Da müsste der Staat aktiv werden, indem er endlich bessere Rahmenbedingungen für die kleinbäuerliche Landwirtschaft schafft. Doch die Regierung in Maputo ist weit entfernt, die Kirchenleitung übrigens auch. A. sprach ziemlich offen davon, dass auch in der Kirche Geld versickert. Ich frage ihn, ob das denn von seinen Kolleginnen und Kollegen niemand anspräche. Da lächelt er nur ein wenig. Und schweigt.

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