2013/03/09

Wieder mal da

Eigentlich ist Reginaldo ein Guter. Und Almerinho auch. Obwohl die beiden sehr unterschiedlich sind. Almerinho fällt allenfalls durch seine helle Haut auf. Anders als seine beiden Schwestern, die auch im Waisenhaus leben, wirkt er recht angepasst und still. Reginaldo ist auch kein lautes aufsässiges Kind. Er hat nur ein Problem: Er hält es nicht aus, lange am selben Ort zu bleiben. Deshalb hat er sich schon öfters aus dem Waisenhaus verdrückt. Mal bleibt er für einige Tage bei Verwandten. Mal schläft er irgendwo im Busch.

Nun ist Reginaldo wieder einmal verschwunden. Und mit ihm Almerinho. Beide sind grade mal 14. Kinder sagen, sie hätten die beiden mit Orlando gesehen, einem älteren Jungen, der schon vor Monaten das Waisenhaus verlassen hat. Wir suchen nach den drei Jungs. Wir informieren das Jugendamt. Die lassen im Radio eine Suchmeldung verbreiten. Nichts. Keine Reaktion.

Zwei Wochen später. Veronica, eine der Waisenhaus-Mütter, fährt mit dem Chapa zu ihrer Familie. Aus dem fahrenden Auto sieht sie Reginaldo. Sie ruft die Direktorin an. Wir sind gerade gemeinsam auf derselben Straße unterwegs. Als wir wenig später am beschriebenen Ort ankommen, ist niemand mehr zu sehen. Und dann ist Reginaldo plötzlich wieder da. Jemand hat ihn aufgelesen und zurück ins Waisenhaus gebracht.

Wir stellen ihn zur Rede. Er erzählt, leise, ängstlich, sicher befürchtet er, bestraft zu werden. Orlando sei gekommen und habe sie gelockt, mit ihm zu kommen. Er habe ein Mobiltelefon verkauft, um an Geld zu kommen. Mit diesem Geld seien sie erst mal zum Baden an den Strand gefahren. Dann hätten sie sich auf den Weg nach Maputo gemacht. Hätten mal hier, mal dort übernachtet. Ihr eigentliches Ziel sei Südafrika gewesen.

die Hauptstraße N1 Richtung Maputo
Als sie am Rand der Hauptstraße in einem Verkaufsstand übernachten wollten, hätte sie die Polizei aufgegriffen. So seien sie für einige Tage in einer Familie untergebracht worden. Ihm, Reginaldo, habe es dort aber nicht gefallen. Drum sei er abgehauen. Wieder mal. Nur weil er sich nicht getraut hätte, sei er nicht von sich aus ins Waisenhaus zurückgekommen.

Ob er den Weg zu jenem Haus wiederfinden würde? Ja, sagt er, ganz sicher. Am nächsten Tag machen sich drei Erwachsene mit ihm auf den Weg. Sie fahren auf der Hauptstraße eine ganze Strecke nach Süden. 50-60 Kilometer sind es bestimmt. Das waren die Jungs zu Fuß gegangen. Sie kommen im Haus jener Familie an. Da sind die beiden anderen bereits weiter gezogen.

Reginaldo ist wieder im Waisenhaus. Wohin die beiden anderen unterwegs sind, können wir nur vermuten. In einer ruhigen Minute nehme ich Reginaldo in den Arm. Ich frage ihn, ob er denn nicht auch Angst hätte, so ganz allein im Busch in der Nacht: Skorpione, Schlangen, böse Menschen? Doch, sagt er, er hätte schon Angst...

Bisher allerdings hat es ihn noch nie davon abgehalten, nach Kurzem immer wieder das Weite zu suchen. Im Waisenhaus hat er ein Bett, drei regelmäßige Mahlzeiten am Tag, dazu Menschen, die sich um ihn sorgen und jeden früh muss er zur Schule. Wie lange wird er das diesmal aushalten?

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