Eigentlich ist Reginaldo ein Guter. Und
Almerinho auch. Obwohl die beiden sehr unterschiedlich sind.
Almerinho fällt allenfalls durch seine helle Haut auf. Anders als
seine beiden Schwestern, die auch im Waisenhaus leben, wirkt er recht
angepasst und still. Reginaldo ist auch kein lautes aufsässiges
Kind. Er hat nur ein Problem: Er hält es nicht aus, lange am selben
Ort zu bleiben. Deshalb hat er sich schon öfters aus dem Waisenhaus
verdrückt. Mal bleibt er für einige Tage bei Verwandten. Mal
schläft er irgendwo im Busch.
Nun ist Reginaldo wieder einmal
verschwunden. Und mit ihm Almerinho. Beide sind grade mal 14. Kinder
sagen, sie hätten die beiden mit Orlando gesehen, einem älteren
Jungen, der schon vor Monaten das Waisenhaus verlassen hat. Wir
suchen nach den drei Jungs. Wir informieren das Jugendamt. Die lassen
im Radio eine Suchmeldung verbreiten. Nichts. Keine Reaktion.
Zwei Wochen später. Veronica, eine der
Waisenhaus-Mütter, fährt mit dem Chapa zu ihrer Familie. Aus dem
fahrenden Auto sieht sie Reginaldo. Sie ruft die Direktorin an. Wir
sind gerade gemeinsam auf derselben Straße unterwegs. Als wir wenig
später am beschriebenen Ort ankommen, ist niemand mehr zu sehen. Und
dann ist Reginaldo plötzlich wieder da. Jemand hat ihn aufgelesen
und zurück ins Waisenhaus gebracht.
Wir stellen ihn zur Rede. Er erzählt,
leise, ängstlich, sicher befürchtet er, bestraft zu werden. Orlando
sei gekommen und habe sie gelockt, mit ihm zu kommen. Er habe ein
Mobiltelefon verkauft, um an Geld zu kommen. Mit diesem Geld seien
sie erst mal zum Baden an den Strand gefahren. Dann hätten sie sich
auf den Weg nach Maputo gemacht. Hätten mal hier, mal dort
übernachtet. Ihr eigentliches Ziel sei Südafrika gewesen.
Als sie am Rand der Hauptstraße in
einem Verkaufsstand übernachten wollten, hätte sie die Polizei
aufgegriffen. So seien sie für einige Tage in einer Familie
untergebracht worden. Ihm, Reginaldo, habe es dort aber nicht
gefallen. Drum sei er abgehauen. Wieder mal. Nur weil er sich nicht
getraut hätte, sei er nicht von sich aus ins Waisenhaus zurückgekommen.
Ob er den Weg zu jenem Haus
wiederfinden würde? Ja, sagt er, ganz sicher. Am nächsten Tag
machen sich drei Erwachsene mit ihm auf den Weg. Sie fahren auf der
Hauptstraße eine ganze Strecke nach Süden. 50-60 Kilometer sind es
bestimmt. Das waren die Jungs zu Fuß gegangen. Sie kommen im Haus
jener Familie an. Da sind die beiden anderen bereits weiter gezogen.
Reginaldo ist wieder im Waisenhaus.
Wohin die beiden anderen unterwegs sind, können wir nur vermuten. In
einer ruhigen Minute nehme ich Reginaldo in den Arm. Ich frage ihn,
ob er denn nicht auch Angst hätte, so ganz allein im Busch in der
Nacht: Skorpione, Schlangen, böse Menschen? Doch, sagt er, er hätte
schon Angst...
Bisher allerdings hat es ihn noch nie
davon abgehalten, nach Kurzem immer wieder das Weite zu suchen. Im
Waisenhaus hat er ein Bett, drei regelmäßige Mahlzeiten am Tag, dazu Menschen,
die sich um ihn sorgen und jeden früh muss er zur Schule. Wie lange
wird er das diesmal aushalten?
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