2014/02/10

Verunsichert

Im Gästehaus nebenan wohnt seit Kurzen eine Pastorin aus Südafrika. Sie soll für ein Jahr in Cambine bleiben. Am Seminar gibt sie Englisch und im Waisenhaus soll sie lernen, wie die Arbeit da so läuft. Die EmK in Südafrika möchte in absehbarer Zeit auch ein Waisenhaus eröffnen. Pastora Mabhe spricht noch kaum Portugiesisch. Und überhaupt ist ihr das Leben auf einem mosambikanischen Dorf noch ziemlich fremd. Für uns ist es schon ein seltsames Gefühl, wenn wir als Europäer einer Afrikanerin erklären, wie das so geht mit dem Alltagsleben in Cambine...

Die Unterschiede zwischen der Xhosa-Kultur und dem Lebensgefühl in Südafrika und unserem Leben auf dem mosambikanischen Dorf sind offenbar viel größer, als ich dachte. Das zeigte sich gestern. Am Nachmittag steht Pastora Mabhe ganz aufgelöst vor unserer Tür. Ich bin so verärgert, sagte sie, so verärgert! - Was war geschehen?

F., ein Lehrerkollege vom Theologischen Seminar - einer ihrer Studienkollegen an der Africa University in Simbabwe - hatte einem Englischlehrer an der Sekundarschule bescheid gesagt, dass da im Gästehaus eine Pastorin aus Südafrika wohnt, die noch nicht gut Portugiesisch spricht. Vielleicht könne er sie am Sonntag ja mal besuchen, dann könnten sie auf Englisch miteinander reden.

Gesagt, getan. Er steht also vor der Tür und ruft: Com licença? - Darf ich reinkommen? Pastora Mabhe gerät in helle Aufregung: Ein fremder Mann vor meiner Tür. Wer ist das? Was will er? Sie hat Angst. Auch als er sagt, dass er von F., ihrem Studienkollegen, geschickt worden sei, öffnet sie ihm die Tür nicht. So reden sie eine Weile durch die verschlossene Tür, bis der Fremde sich wieder verabschiedet. Erst nachdem er weg ist, wagt sie, die Tür zu öffnen und zu uns herüber zu kommen.

Das geht doch nicht, sagt sie. Ich bin verheiratet. Ein fremder Mann. Ich kann ihm doch nicht einfach die Tür öffnen. Ich bin an Gewalt und Kriminalität gewöhnt, da kann ich doch nicht einfach einem Fremden die Tür öffnen. - Auch nicht, wenn er sagt, F. habe ihn geschickt? - Nein, auch dann nicht! F. hätte mir bescheid sagen müssen. Ich bin so verärgert!

Sie bleibt eine Weile bei uns und wir reden. Schließlich kann sie über die Geschichte lachen und wird nun mit ihren Kollegen darüber reden. Doch wie groß muss die Unsicherheit und Bedrohung in ihrem alltäglichen Leben in Südafrika sein, dass sie so panisch reagiert, nur weil jemand vor der Tür steht, der ihr einen Begrüßungsbesuch abstatten möchte?

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