2014/07/02

Pfingsten in Cambine

Es ist Sonntagmorgen 6.15 Uhr. Das Telefon klingelt. Die Pastora steht vor unserem noch verschlossenen Gartentor. Sie müsse mich sprechen. Gestern abend habe sie einen Anruf aus Maputo erhalten. Sie müsse heute dringend dahin. Ob ich sie um neun nach Maxixe fahren könnte? Ich kann. Doch eigentlich ist es ja Gottesdienstzeit. Ob sie denn einfach so wegkönne am Pfingstsonntag? Ach, sagt sie, ich muss.

Kurz vor neun fahre ich zum Pastorhaus. Die Pastora duscht noch. Hundert Meter von ihrem Haus entfernt hat inzwischen der Pfingstgottesdienst begonnen, in dem sie eigentlich hätte sein sollen. Den hat sie heute morgen an einen Kollegen übergeben. In Cambine geht das so kurzfristig. Durch das Theologische Seminar gibt es viele Pastoren. Und wenn sie doch mal keiner findet, wird ein Student verpflichtet. Das sind die Jüngsten. Die wehren sich noch weniger als die anderen.

Als wir losfahren, frage ich die Pastora, warum sie denn so Hals über Kopf nach Maputo müsse. Jaaa, sagt sie gedehnt und stöhnt dabei vieldeutig, unsere Chefs... Gestern sei dieser Anruf gekommen, dass heute (Pfingstsonntag!) eine Sitzung sei und ab morgen ein Seminar, an dem sie teilzunehmen habe. Ich frage zurück: Doch nicht nur du allein? Nein, sagt sie, da seien noch fünf, sechs andere aus der Region dabei. Die seien auch alle gestern erst informiert worden. Worum es in dem Seminar denn ginge, frage ich, und wo genau es stattfinde. Das wisse sie nicht. Das habe man ihr nicht gesagt. Ich versuche eine letzte Frage: Werdet ihr dazu schweigen in Maputo? Oder werdet ihr den Chefs sagen, dass sie so nicht mit euch umgehen können? Die Pastora lächelt verlegen und schweigt. - Wie sie wohl auch schweigen wird, wenn sie in Maputo mit ihren Chefs in jenem Seminar sitzen wird, von dem sie noch nicht mal das Thema kennt.

Wir kommen in Maxixe an. Bevor ich sie zum Bus bringe, müssen wir noch Lebensmittel kaufen. Für die Kinder, die mit ihr im Haus wohnen und die die nächsten Tage und Nächte allein dort sein werden. Auch für sich kauft sie einen Pack Bananen. Fürs Frühstück, sagt sie, hatte sie noch gar keine Zeit.

Gegen elf bin ich wieder zurück in Cambine. Gemeindeglieder kommen mir entgegen. Der Gottesdienst scheint aus zu sein. Was werden sie dort erlebt haben? Den Geist Gottes, der Menschen dazu bringt, freimütig von dem zu reden, was ihnen am Herzen liegt? - Ach wenn es doch so wäre!

Die Realität in Mosambik ist oft ganz anders. Freimütig zu reden, das kostet überall auf der Welt Überwindung. In Mosambik erlebt man das nach meiner Erfahrung aber noch seltener als irgendwo sonst, zumal im Verhältnis zu Vorgesetzten. Das ist in der Regel angstbesetzt. Eine Kultur der kritischen Solidarität gibt es hier anscheinend nicht. Im offenen Gespräch gemeinsam nach Lösungen zu suchen, das hat kaum einer gelernt. Vieles geschieht per Weisung. Und die wird in der Regel nicht angefragt. Wer es doch einmal wagt, sich zu widersetzen, bekommt mit großer Wahrscheinlichkeit die Folgen zu spüren. Auch in der Kirche.

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