Es ist Sonntagmorgen 6.15 Uhr. Das
Telefon klingelt. Die Pastora steht vor unserem noch verschlossenen
Gartentor. Sie müsse mich sprechen. Gestern abend habe sie einen
Anruf aus Maputo erhalten. Sie müsse heute dringend dahin. Ob ich
sie um neun nach Maxixe fahren könnte? Ich kann. Doch eigentlich ist
es ja Gottesdienstzeit. Ob sie denn einfach so wegkönne am
Pfingstsonntag? Ach, sagt sie, ich muss.
Kurz vor neun fahre ich zum Pastorhaus.
Die Pastora duscht noch. Hundert Meter von ihrem Haus entfernt hat
inzwischen der Pfingstgottesdienst begonnen, in dem sie eigentlich
hätte sein sollen. Den hat sie heute morgen an einen Kollegen
übergeben. In Cambine geht das so kurzfristig. Durch das
Theologische Seminar gibt es viele Pastoren. Und wenn sie doch mal
keiner findet, wird ein Student verpflichtet. Das sind die Jüngsten.
Die wehren sich noch weniger als die anderen.
Als wir losfahren, frage ich die
Pastora, warum sie denn so Hals über Kopf nach Maputo müsse. Jaaa,
sagt sie gedehnt und stöhnt dabei vieldeutig, unsere Chefs...
Gestern sei dieser Anruf gekommen, dass heute (Pfingstsonntag!) eine
Sitzung sei und ab morgen ein Seminar, an dem sie teilzunehmen habe.
Ich frage zurück: Doch nicht nur du allein? Nein, sagt sie, da seien
noch fünf, sechs andere aus der Region dabei. Die seien auch alle
gestern erst informiert worden. Worum es in dem Seminar denn ginge,
frage ich, und wo genau es stattfinde. Das wisse sie nicht. Das habe
man ihr nicht gesagt. Ich versuche eine letzte Frage: Werdet ihr dazu
schweigen in Maputo? Oder werdet ihr den Chefs sagen, dass sie so
nicht mit euch umgehen können? Die Pastora lächelt verlegen und
schweigt. - Wie sie wohl auch schweigen wird, wenn sie in Maputo mit
ihren Chefs in jenem Seminar sitzen wird, von dem sie noch nicht mal
das Thema kennt.
Wir kommen in Maxixe an. Bevor ich sie
zum Bus bringe, müssen wir noch Lebensmittel kaufen. Für die
Kinder, die mit ihr im Haus wohnen und die die nächsten Tage und
Nächte allein dort sein werden. Auch für sich kauft sie einen Pack
Bananen. Fürs Frühstück, sagt sie, hatte sie noch gar keine Zeit.
Gegen elf bin ich wieder zurück in
Cambine. Gemeindeglieder kommen mir entgegen. Der Gottesdienst
scheint aus zu sein. Was werden sie dort erlebt haben? Den Geist
Gottes, der Menschen dazu bringt, freimütig von dem zu reden, was
ihnen am Herzen liegt? - Ach wenn es doch so wäre!
Die Realität in Mosambik ist oft ganz
anders. Freimütig zu reden, das kostet überall auf der Welt
Überwindung. In Mosambik erlebt man das nach meiner Erfahrung aber
noch seltener als irgendwo sonst, zumal im Verhältnis zu
Vorgesetzten. Das ist in der Regel angstbesetzt. Eine Kultur der
kritischen Solidarität gibt es hier anscheinend nicht. Im offenen
Gespräch gemeinsam nach Lösungen zu suchen, das hat kaum einer
gelernt. Vieles geschieht per Weisung. Und die wird in der Regel nicht
angefragt. Wer es doch einmal wagt, sich zu
widersetzen, bekommt mit großer Wahrscheinlichkeit die Folgen zu spüren. Auch in
der Kirche.
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