2010/07/01

...nicht unser Tag

Nein, heute war wohl nicht unser Tag. Dabei sollte es ein großer Tag werden: Der Vizesozialminister hatte sich angesagt. Vor fünf Tagen kam der Anruf, dass er das Waisenhaus besuchen will. Eigentlich war unser Plan, nach Maputo zu fahren. Aber wenn der Minister kommt, geht das natürlich nicht. Also werden wir später in die Hauptstadt fahren. Alles muss vorbereitet werden für den hohen Gast. Grundstück aufräumen. Fenster putzen. Kinder chic anziehen. Rechtzeitig versammeln sich die Granden von Cambine: Bürgermeister, Superintendent, Missionsdirektor. Auch der Distriktsarzt ist extra aus Morrumbene herübergekommen. Die Kinder üben das Begrüßungslied. Mit Bougainvilleablüten schreiben sie "Willkommen" in den Sand.


Als sich der Gast verspätet, versucht ihn jemand per Telefon zu erreichen. Nein, sie kämen noch nicht gleich, heißt es dann. Sie seien noch in der Provinzhauptstadt in einer Sitzung. Wann und ob er überhaupt ins Waisenhaus käme, sei im Moment nicht klar. Langer Rede kurzer Sinn: Auch nach zwei Stunden Warten war kein Minister angekommen...

Uns Europäer ärgert sowas: vertane Zeit! Unsere afrikanischen Freunde und Nachbarn nehmen's mit Gelassenheit. Der Superintendent meinte nur: Das war unsere Arbeit heute nachmittag - Warten auf den Minister. Ist das nun theologische Abgeklärtheit (schließlich wartet die gesamte Christenheit seit fast 2000 Jahren) oder ist es afrikanischer Fatalismus? Ich bin mir nicht sicher.

Wieder zu Hause setze ich mich auf den Schreibtischdrehstuhl. Dreimal knackt es laut, dann bricht er zusammen. Dabei wollte ich einfach nur da sitzen...

Nein, das war wirklich nicht unser Tag. Und doch, wenn man sich's richtig überlegt, hat Boaventura, der Superintendent wohl recht: Ist es nicht ständig unsere Aufgabe, damit zurecht zu kommen, dass im Leben nicht alles glatt geht? Natürlich ging das heute schief mit dem Stuhl und dem Minister. Ich kann mich darüber ärgern, aber verpflichtet dazu bin ich nicht. Denn es gab auch andere, bessere Erfahrungen an diesem Tag. Gott sei Dank!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen