Ich will nur schnell mal noch was
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So sag ich in diesen Tagen manchmal,
wenn Claudia sich schlafen legt, nur schnell mal noch... Dabei
müsste ich es doch wissen, dass hier im Internet nie etwas nur mal
schnell geht. Und so sitzte ich vorm Bildschirm und will etwas in den
Adventskalender schreiben, aber die Seite wird nicht geladen. Die
Minuten vergehen, es wird später und später und mir kommt wieder
einmal der Spruch in den Sinn, den einer meiner älteren Kollegen an
seine Arbeitszimmertür gepinnt hatte:
Lieber Gott, gib mir Geduld.Aber sofort!
Advent, so
heißt es, sei die Zeit, in der es ums Warten geht. Darum, etwas
Er-Warten
zu können. Das will gelernt sein. Ja, aber heißt das, immer gleichmütig
und gelassen bleiben zu sollen. So als würde ich über den Dingen stehen?
Also wenn ich vorm Bildschirm sitze und es tut sich minutenlang nichts
außer
dass sich irgendwelche Kringel drehen, die mir vortäuschen, dass sich
etwas täte, dann bleibe ich gewiss nicht ruhig! Dann werde ich
ungeduldig, manchmal zornig. Dann schalte ich den Kasten
auch gleichmal wütend ab: Dann eben nicht! Doch ist das wirklich Zorn?
Ist es nicht eher Resignation? Das gibt es, dass man die Geduld verliert
und in die Resignation abgleitet.
Der Dichter Kurt Rose hat 1986 die
folgenden Zeilen geschrieben:
Ich gehöre dazu, zu den Dränglern und Rufern,dass doch Gott sich erhebe mit der Macht seines Zornsund ich hoffe verzagt, dass ein Herrlicher stünde,dass ein Großer sich zeige vor der seufzenden Welt.„Sehet hin, welch ein Mensch!“ Und ich hebe die Augenund ich sehe die Ohnmacht, seh mein elendes Selbstund ich hebe die Faust: Seht, auch dieser ein Mensch nur!Keine Rettung vom Himmel! Kann ein Mensch uns befrein?Ich gehöre dazu, zu den Rufern nach oben,dass ein Gott sich erbarme. Ich gehöre dazuund ich schrei mit dem Volk, ich bin blind mit den Blinden,nicht erkenn ich die Zeichen in dem Menschengesicht.
Kurt Roses Lied ist ein Passionslied und
ich weiß wohl, dass es in dieser Welt größeres Leid gibt, als einen
wenig leistungsfähigen Internetzugang. Und ich seh mein elendes Selbst,
dass sich vorm Bildschirm echauffiert, während es dem allgegenwärtigen
Elend in dieser Welt oft so gleichgültig gegenüber steht. Warum hebe ich so selten die Faust?
Bin
ich blind mit den Blinden? Warum erkenn ich nicht die Zeichen in dem
Menschengesicht? In dem Kindsgesicht, das in so vielen Liedern
romantisch besungen wird. Der große Gott Gerneklein. Ja, auch dieser ein
Mensch, der auf den Dienst und die Fürsorge menschlicher Eltern
angewiesen ist. Auch dieser ein Mensch, der Menschen ruft, der
Resignation zu widerstehen und dafür die Sehnsucht wachzuhalten, dass es
noch nicht aller Tage Abend ist.
Für mich ist das Passionslied zugleich ein Adventslied.
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