2012/12/05

Adventskalender - 5. Dezember

Feier des Lebens

Im Grunde war heute der ganze Nachmittag gelaufen. Und der halbe Vormittag dazu. In Chicuque wurde Pastora Anita beerdigt, eine der beiden ersten ordinierten methodistischen Pastorinnen in Mosambik. 67 Jahre ist sie alt geworden. Sie war verheiratet und hinterlässt nun ihren Mann und neun erwachsene Kinder mit ihren Familien.

Um 12 Uhr beginnt die Trauerfeier. Es ist ein schwül-heißer Tag. Wir haben Glück, wir sitzen unter einem Ventilator. Während die versammelte Gemeinde singt und betet, füllt sich langsam die Kirche. Gegen 12:30 Uhr werden nacheinander die ersten Gruppen nach vorn gerufen: die Enkel der Verstorbenen, die Kinder, ihre Schwager und Schwägerinnen, ihre Freundinnen, Pastorinnen und Pastoren, die mit zusammengearbeitet hatten... Manche singen einfach ein Lied, andere richten eine letzte Botschaft an die Verstorbene. So geht das über zwei Stunden. Später erfahren wir, dass die Liste derer, die an dieser Stelle etwas beitragen wollten, noch um einiges länger gewesen sei. Man habe schon die Liste der Botschaften schon begrenzt.

Schließlich sprechen die offiziellen Vertreter der Kirche, die zuständige Superintendentin, der Bischof im Ruhestand. In ihrer Predigt weist amtierende Bischöfin ausdrücklich darau hin, wie schwierig das gewesen sei, damals vor dreißig Jahren: Die Frau ist Pastorin. Sie predigt im Gottesdienst. Sie leitet einen Gemeindebezirk, wird schließlich Superintendentin. Und ihr Mann? Der bleibt zu Hause, kümmert sich um Haushalt und Kinder. Im Mosambik der 70er/80er Jahren ist das ein Unding und noch heute ist es zumindest ungewöhnlich.

auf dem Friedhof von Chicuque

Nach der Predigt zieht die gesamte Gemeinde am Sarg vorbei. Nicht nur die Kirche ist voll, noch draußen im Schatten der Bäume stehen große Gruppen von Menschen. Sie alle nehmen Abschied. Auch die Familie geht dem Sarg voraus auf den Friedhof. Es sind die versammelten Pastoren und Pastorinnen, die den Leichnam zu Grabe tragen. Die Gemeinde singt dabei "Glory Halleluja", das alte Lied der Afro-Amerikaner, das so gar nicht traurig stimmt.

Seit Beginn der Trauerfeier sind vier Stunden vergangen. Es hat ein wenig abgekühlt und es nicht mehr so schwül. Ein Gedanke beschäftigt mich: Es wird auch geweint, dennoch habe ich in diesen vier Stunden nur selten das Gefühl, auf einer Trauerfeier zu sein. Warum ist das so? Dann fällt mir auf, dass auch keiner von einer Trauerfeier spricht. Was wir miterleben, wird "celebração da vida dela", genannt: "die Feier ihres Lebens" - und das ist es auch. Zu dieser Feier wollen viele etwas beitragen, wollen etwas erzählen, wollen Danke sagen, wollen ihre Verbundenheit ausdrücken - so viele, dass es eben vier Stunden dauern muss.

Ich finde, das ist ein guter Gedanke: Nicht den Tod, das Leben sollen wir feiern. Schon jetzt, während wir leben und auch dann, wenn wir auf ein gelebtes Leben zurückblicken - sei es das eines anderen oder sei es das eigene.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen