2012/12/08

Adventskalender - 7. Dezember

Eine Sucht, die man nicht therapieren darf

Gibt es die? Ich behaupte: Ja, unbedingt! Denn die Sucht, von der ich rede, ist keine Krankheit. Sie ist eher eine Nebenwirkung von Liebe und Leidenschaft. Sie ahnen es, ich meine die Sehnsucht.
Diese Unzufriedenheit mit dem, was ist, wie es ist. Dieser innere Aufruhr, der sich nicht abfinden will: Was ist, wie es ist, muss nicht bleiben, wie es ist. Wer Sehnsucht nach einem geliebten Menschen empfindet, leidet darunter, dass er vom ihm getrennt ist. Es ist die Sehnsucht, die ihn treibt, diese Trennung zu überwinden.
Und die Sehnsucht nach einem besseren Leben haben, nach einer besseren Welt? Sind das deshalb  Spinner? Solche, die man in ihrer Naivität nicht ernst nehmen kann? Die "Gutmenschen", die sich immer noch nicht damit abgefunden haben, dass diese Welt nun mal so ist, wie sie ist?
"Es war schon immer so", das mag vielleicht eine brauchbare Operettenzeile sein, in einem Adventslied werden wir diese Worte allerdings vergeblich suchen. Denn Adventslieder sind Sehnsuchtslieder, wie zum Beispiel dieses hier:

O Heiland, reiß den Himmel auf,
herab, herab vom Himmel lauf.
Reiß ab vom Himmel Tor und Tür,
reiß ab, wo Schloss und Riegel für.

Singen Sie manchmal eines dieser alten Sehnsuchtslieder? Oder kommen Sie sich dabei  komisch vor? Ich frage Sie: Geht das eigentlich, Advent feiern ohne dabei auch nur einen Hauch von Sehnsucht in sich zu spüren? Von diesem Leiden daran, dass die Welt nicht so ist, wie sie sein sollte? Von dieser Unzufriedenheit, die mehr ist als einfach Weltschmerz? Weltschmerz lähmt. Sehnsucht aber treibt um und treibt an. Sehnsucht macht erfinderisch und macht uns Beine. Sehnsucht ist Leidenschaft, die Leiden schafft. Ja, doch gerade diese Leidenschaft ist es, die unser Leben reicher macht. Ohne sie wäre es nicht nur arm sondern armselig. Und Adventslieder helfen uns, gegen diese Armseligkeit anzusingen.

Auch wenn wir sie gleich gar nicht als Adventslieder erkennen.
(bitte anclicken)

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