2012/12/30

Was tun?

Im Maisfeld neben dem Waisenhaus steht eine Laubhütte. Gerade so groß, dass ein Mensch unter ihrem Dach schlafen kann. In der Hütte wohnt Dona Joaquina, eine alte Frau, die kaum noch sehen kann. Sie geht gebückt an einem Stock. Manchmal sehe ich sie jeden Tag, manchmal wochenlang nicht. Wo sie dann ist? Ich weiß es nicht. Ich frage mich: Wie ist sie dahin gekommen? Und warum? Und überhaupt: Was ist das für ein Leben?

Das hat sich die Pastorin im Dorf offenbar auch gefragt. Sie spricht mit Dona Joaquina. Sie spricht auch mit den Verantwortlichen in Cambine und in Anhane. Dort führt die methodistische Kirche eine  Wohngemeinschaft für Frauen wie sie. Es ist ein Platz für sie frei. Dona Joaquina siedelt nach Anhane um. Alles scheint gut.

In Anhane bezieht die alte Dame nicht gerade ein Luxusquartier, aber besser als ihre Hütte im Feld ist es allemal. Wir sehen Dona Joaquina etwa alle Vierteljahre, wenn wir Anhane besuchen. Die anderen Frauen sagen uns: Wenige Tage nach ihrer Ankunft setzt Joaquina sich nieder und steht nicht mehr auf. - Kann sie plötzlich nicht mehr laufen? Oder will sie nicht mehr laufen? Immer wieder macht sie Schwierigkeiten. Einmal, so sagt man uns, steht sie auf und läuft, mühsam zwar, die 300 Meter bis an die Hauptstraße. Sie will ein Auto anhalten, das sie heim nach Cambine bringen soll.  Man holt sie zurück und überredet sie zu bleiben. Wo sollte sie auch hin in Cambine? Zurück in ihre Laubhütte?

Doch Joaquina will um keinen Preis in Anhane bleiben. Sie will zurück nach Cambine. Und sie beginnt, Druck zu machen. Sie sagt: Wenn ihr mich nicht nach Cambine zurück holt, werdet ihr das bereuen! Wenn ich hier in Anhane sterben muss, werdet ihr sehr darunter zu leiden haben! Dona Joaquina ist eine Feiticeira, eine Frau also, der man magische Kräfte zurechnet. Darum wird ihre Drohung allgemein sehr ernst genommen.

·        Soll man sie also zurück holen, aus Angst vor ihren magischen Kräften?
·        Oder wäre es das Beste, ihr Ansinnen zu ignorieren? So könnte man ihr zeigen, dass sie mit ihrer Drohung nicht alle erpressen kann.
·        Oder sollte man sie vielleicht trotzdem nach Cambine zurück holen? Aber nicht aus Angst vor ihrer Drohung, sondern einfach weil man den Willen eines alten Menschen nicht übergehen darf?

Was würdet ihr tun?

Zur Klarheit: Nicht ich muss in dieser Sache eine Entscheidung treffen. Ich erzähle nur eine Begebenheit, die sich im Moment in unserer Nachbarschaft ereignet.

2 Kommentare:

  1. Ich finde, der Wunsch eines Menschen sollte immer die Richtlinie sein, an dem sich Handeln an und mit dieser Person orientiert. Freilich ist es immer - ähnlich den Themen Fleischverzehr oder Abtreibung - eine jeweils individuell zu treffende Entscheidung. Letztlich bleibt jedoch zu fragen, mit welchem Recht man selbst glaubt, zu wissen, was für andere Menschen gut ist.

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  2. Gut gemeint ist nicht gleich gut. Ich bin für c). Würde aber ggf noch einen Telefonjoker einsetzen wollen.
    Noch was anderes: Ich weiß nicht, wie es bei euch mit Videos online ansehen ist. Falls es geht, hier ein Link für euch: http://www.tagesschau.de/videoblog/afrika_afrika/afrikablog-altkleider100.html
    Ihr habt ja schon über Altkleiderspenden berichtet. Hier ein etwas optimistischerer Blick, der - so finde ich - gelungen ist.
    Liebe Grüße,
    P.

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