Heute morgen hat uns Laura besucht. Bis vor kurzem war sie Studentin im vierten Studienjahr am Theologischen Seminar in Cambine. Seit letzten Sonntag, 4. Advent, ist sie nun offiziell Pastorin der Igreja Metodista Unida de Moçambique. Das ist eigentlich ein Grund, froh und dankbar zu sein, denn schließlich bedeutet das Festanstellung auf lange Zeit. Wer hat das schon in diesem armen Land? Doch man sieht ihr an, dass sie nicht glücklich ist. Und ich kann sehr gut verstehen warum.
Pastorinnen und Pastoren der methodistischen Kirche bewerben sich nicht um eine Gemeinde. Sie suchen sie sich nicht aus. Sie erhalten eine Dienstzuweisung. Das heißt, die Kirchenleitung sendet sie für eine gewisse Zeit an einen bestimmten Ort. Dort werden sie dann mit ihren Familien leben und arbeiten. Kann es bei so einer Praxis „Gerechtigkeit“ geben? Wohl nicht. Wie sollte die denn aussehen? Allenfalls kann die Kirche versuchen, die unterschiedlichen Lebensbedingungen an den verschiedenen Orten, so gut es eben geht, auf ein ähnliches Niveau zu bringen. Doch wie soll das gehen in einem Land wie Mosambik?
Das Dorf, in dem Laura die nächsten Jahre leben wird, liegt mitten im Busch. Von der Hauptstraße trennen es 33 Kilometer Piste. Bis in dieses Hinterland reicht kein Mobilfunknetz. Das heißt, sie ist dort praktisch von jeder überregionalen Kommunikation abgeschnitten. Die Verkehrsverbindung ist schwierig. Pro Tag fährt ein Chapa in die Stadt. Erst am Abend kommt es zurück. Wer krank ist, sollte dieses Auto erwischen, denn auch die nächste Gesundheitsstation befindet sich in der Stadt. Elektrischen Strom gibt es auf diesem Dorf nicht. Bis zur Wasserstelle sind es zwei Kilometer Weg. Laura hat eine vierzehnjährige Tochter. Sie lebte die vergangenen Jahre in Maputo im Haus eines Onkels. Jetzt wird sie mit ihrer Mutter in den Busch ziehen. Aus der Hauptstadt in den Busch! Auch sie ist darüber nicht glücklich. Für sie bedeutet der Wechsel vor allem, dass sie täglich vier Stunden Schulweg vor sich hat, morgens zwei Stunden hin und in der glühenden Mittagshitze zwei Stunden zurück...
Wie viel Zeit werden Laura und ihre Tochter zur Verfügung haben, um ihr Leben zu organisieren? Wasserholen, Feldarbeit, Brennholz organisieren, Essen bereiten... Wie viele Stunden wird sie täglich benötigen, um ihre Arbeit zu tun? Hausbesuche, Beerdigungen, Gottesdienste vorbereiten... Oder wird ihre Gemeindearbeit zuerst darin bestehen, dass sie sich auf die Lebensbedingungen ihrer Gemeindeglieder einlässt, dass sie auf diese Weise deren Leben teilt? Sie sagt, sie wird sich darauf einlassen. Das sei für sie klar. Doch wird sie damit zurecht kommen? Noch ein, zwei andere Absolventen ihres Jahrgangs werden an Orte kommen, in denen sie ähnlich schwierige Lebensbedingungen vorfinden werden. Andere wurden in eher städtisches Umfeld versetzt. Deren Leben wird wesentlich einfacher sein. Um über solchen Unterschieden nicht bitter zu werden, braucht es gehörig viel persönliche Stärke. Und Vertrauen. Laura sagt: Gott ist Vater. Und er wird wissen, was ich benötige.
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