2011/12/31

Neujahrswunsch


Ich glaube,
dass Gott uns in jeder Notlage
soviel Widerstandskraft geben will,
wie wir brauchen.
Aber er gibt sie nicht im voraus,
damit wir uns nicht auf uns selbst,
sondern allein auf ihn verlassen.
In solchem Glauben
müsste alle Angst vor der Zukunft
überwunden sein.

Mit diesem Wort von Dietrich Bonhoeffer
grüßen wir Euch am Vorabend des neuen Jahres.

Dass uns das Vertrauen auf den mit uns gehenden Gott
nicht träge und bequem werden lässt,
sondern mutig und phantasievoll,
das ist unser Wunsch für 2012.

Große Ferien

Dezember und Januar, das sind hier im Süden Afrikas die Monate der großen Ferien. Da ist das Leben schon ruhiger als sonst. Es geht auch gar nicht anders, schon wegen der Hitze und wenn es geregnet hat auch wegen der Schwüle. Da läuft alles etwas langsamer ab. Und auch wir selber bewegen uns langsamer. In die Sonne geht man nur, wenn man nicht anders kann.

Dabei kommen viele Touristen nach Inhambane. Die Gegend, in der wir wohnen, hat die schönsten Strände von Mosambik, heißt es. Die Lodges haben Peak Season, Hochsaison. Und die Strände sind voll von Touristen. Sollte man meinen.

Ja, es ist schon so: Die Campingplätze sind gut gefüllt mit weißen Südafrikanern. Lodges und Ferienwohnungen auch. Und trotzdem braucht man am Strand seinen Platz nicht reservieren.

Am 2. Weihnachtsfeiertag am Strand von Barra Lodge

Weihnachten im Waisenhaus

Den Weihnachtstag haben wir mit den Kindern und Jugendlichen im Waisenhaus gefeiert. Zu Beginn hielt uns Arnaldo eine Andacht. Er ist im Waisenhaus aufgewachsen und wird in wenigen Wochen seinen Dienst als Pastor in der Nordkonferenz antreten. Ein wenig feiern wir also auch seinen Abschied von Cambine. Der Norden ist weit weg und Reisen ist teuer. So schnell wird er wohl nicht wieder hier vorbei kommen.


Jemand fragt: Was für einen Tag feiern wir heute eigentlich?
Na, den 25. Dezember, antwortet jemand.
Ja, klar, aber was ist das Besondere an diesem Tag?
Antwort: Das ist der Tag der Familie.
Ja, so steht es im Kalender. Aber was feiern wir denn nun an diesem Tag der Familie?
Da endlich sagt ein Junge: Den Geburtstag von Jesus!

Der Wortwechsel ist bezeichnend. Es gibt hier keine so ausgeprägte Weihnachtstradition wie zum Beispiel im Erzgebirge. Das gilt selbst für die Kirche, jedenfalls in Cambine. Weihnachten ist ein Fest wie jedes andere auch.

Gut Essen und Trinken ist wichtig. Heiligabend ist deshalb der Tag, an dem man Schweine schlachtet oder Biscoitos bäckt. In der Woche vor Weihnachten werden meist auch die Refrescos knapp. Das sind die roten und blauen Kästen mit den überzuckerten Erfrischungsgetränken. Klar, wer immer gut zu essen hat, für den ist ein Festmahl nichts besonderes. Für den aber, der nicht alle Tage aus dem Vollen schöpfen kann, ist es wichtig. Es markiert den Unterschied zwischen Festtag und Alltag. Und manchmal kommt es dann gar nicht so darauf an, welches Fest man gerade feiert.

Weihnachten im Waisenhaus. Neben Essen und Geschenken sind Verstärker und Lautsprecher die wichtigsten Ausstattungsgegenstände. Da dröhnt Musik, da wummern Bässe. Und alle fühlen sich wohl. Schon die Kleinsten fangen an zu tanzen. Und auch die Erwachsenen hält nun nichts mehr, selbst die Köchin, die sonst oft über ihre Füße klagt. Was da jetzt beginnt, nein, das ist keine "Stille Nacht", das ist eher "O du Fröhliche" auf mosambikanisch.

2011/12/24

Was ist das Gegenstück zur "Nordmanntanne"?

Das ist doch klar: Das kann nur ein "Südfrauenstrauß" sein, ein Weihnachtsstrauß also, den sich eine Frau im Süden in die Wohnung stellt! Und wie der aussieht, seht ihr hier:

Dazu geht man zuerst, nein, natürlich nicht in den Wald, nur in den Garten, und sieht nach, was der so bietet. Axt und Säge braucht man nicht. Ein scharfes Messer tut es auch. Geschickt steckt man die Zweige zusammen und schmückt sie - schon hat man den idealen "Südfrauenstrauß".

Und weil man im Garten nehmen muss, was grad da ist, finden sich im Strauß weder Fichten-, Tannen- oder Kiefernzweige, sondern z.B. ein Zweig vom Kaffeestrauch.


Und wenn man genau hinschaut, findet man sogar eine Zitrone, allerdings nicht aus Glas geblasen, sondern ganz in echt.

Adventskalender 25

Metten, emol ganz annersch – un su fand se ihr End

Nu war dos Spiel von dr Christgeburt vorbei, un's war ganz orndlich un uhne gruße Panne geloffen. Ben Schlussbild standen se alle üm die Kripp rüm: De heilige Familie, de Hirten, de Engeln, de Weisen un de Kinner, unner Nachwuchs. Die kleene Amy hatt für'n Christkind e Lied of dr Blockflöt geblosen (se konnt bluß „Kommt ein Vogel gefolgen"). Un dr Bernie stand mit seiner grußen Trommel dernabn. Ar konnt aber nischt dermiet ahfange, weil ar de Stackn derzu vergassn hatt. Nu heilet ar, un de Maria musst ne trösten.

Itze sollt eigentlich die Orgel einsetzen, dass sich die Spieler alle dervumachen könnten. Aber weil dr Kanter de Noten zu „Oh, du fröhliche..." net geleich zer Hand hatt, ging's uversahens un für jeden überraschend wetter. Dr Mburu schnappet sich vom Bernie die gruße Trommel un hänget se sich üm. Un dann fing ar ah, mit'n klenn Finger ganz sachte drauf rümzerührn. Dann kam dr Daume derzu un schließlich de ganze Hand, dernoch alle beede. Es klang irgndewie fremdartig. Mir guckten uns ah un dachten, 's wollt net racht derzu passen.

Aber eh mir uns überlegt hatten, wos mir itze machen könntn, fing dar schwarze Keenig ah ze tanzen. Seine Kron hatt ar in de Kripp gelegt, un benn Weitertrommeln beweget ar arscht bluß ne Kopp, dann ne Oberkörper un de Arm, bis dr Bauch un de Fiß ah derzukame. Ar stand aber immer noch off en Fleck, weil ar sonst über die lange Hirtenknüppeln gestolpert wär. Dos wur aber annersch, wu die Kinner ah Gefalln an dare Tanzerei fanden un mietmacheten. Dann fiel's ne Hirten ei, dass se noch net ze alt wärn, un ne Engeln ging's genau esu.

Su kam's, dass numehro alle sich rhythmisch zen Trommeltakt üm de Kripp bewegetn - kee Ballettmeester hätt dos besser eistudiern könne. När dr Herodes blieb sitzen, weil ar doch sei Hus uhne Gürtel halten musst. Noch ener ganzen Weile fiel ne Mburu ei, dass es nu genug sei könnt. Ar schwenket zen Mittelgang ei un führet die ganze Spielschar naus. Dr Kanter hatt derweile Zeit, seine Noten ze finden, un dare „gnadenbringenden Weihnachtszeit" stand nischt mehr im Wag.

Vürn Segn saht dr Paster noch geistesgegnwartig, dass die alten Israeliten ah schu getanzt hätten, wenn ewos besondersch lus war; sugar im Tempel - wie unnere Mettenspieler vor dr Kripp!

aus: Heinz Friedrich, ...drüm sei mir ah su schie gewachsen...,
Lustige Geschichten aus dem Erzgebirge,
Manuela Kinzel Verlag 2004, ISBN 3-934071-59-7

Nach Angaben des Autors haben sich alle von ihm erzählten Geschichten
so oder so ähnlich im Raum Annaberg-Buchholz zugetragen.

2011/12/23

Weihnachtsgruß von den Witwen in Anhane


Vorgestern riefen wir in Anhane an: Haben die Witwen zu Weihnachten genug zu essen? - Bis jetzt noch nicht, war die Antwort. Die Kirche hat noch nichts geschickt.

Mit dieser Situation hatten wir gerechnet und uns schon einen Plan gemacht, was wir kaufen würden: einen großen Sack Reis, 20 Kilo Zucker, 5 Liter Öl, 10 Kilo Maismehl, Zwiebeln, Kartoffeln und einige Süßigkeiten. Der Missionssekretär hat uns die Vollmacht gegeben, wenn nötig, Lebensmittel für die Witwen einzukaufen. Und heute, am Tag vor Heiligabend 2011, ist es nötig!

"Zu Weihnachten dürfen auch Witwen mal wieder Kind sein", sagte ich, und übergab zu allgemeiner Heiterkeit eine Packung Lollies.

Gemeinsam haben wir kurz gesungen und gebetet. Dann haben wir den Rückweg angetreten. Allerdings erst nachdem wir uns gegenseitig ausgiebig "Feliz Natal" und "Boas Festas" gewünscht hatten:

Fröhliche Weihnachten!
Frohes Fest!

Ein herzliches Dankeschön an alle Spenderinnen und Spender,
die mit ihrer Unterstützung der EmK-Weltmission
uns helfen, diese Hilfe an die weiterzugeben,
die sie wirklich brauchen !

Straßenszenen

Als wir letzte Wochen von Maputo zurück nach Cambine fuhren, wurde unterwegs gut und gerne fünfmal die Geschwindigkeit gestoppt. Rechtzeitig zum Weihnachtsfest hat die Polizei offenbar neue Laserpistolen angeschafft. Sie werden sich schnell bezahlt machen. Denn in diesen Tagen vor Weihnachten sind die Straßen voller als sonst.

Da sind die vielen weißen Südafrikaner, die meist mit großen Booten auf dem Anhängerim Schlepp, an die mosambikanischen Strände drängen. Und da sind die vielen Mosambikaner, die das Jahr über in Südafrika arbeiten und nun über die Feiertage nach Hause reisen. Sie erkennt man leicht daran, dass ihre Autos weniger luxuriös sind als die der Feriengäste. Und meist sind sie überladen, wie der hier an Tankstelle in Maxixe.


Das Graue an der oberen Spitze des Warndreiecks ist übrigens ein Hosenbein. Da hinten, eingezwängt zwischen Zwiebelsack und Fahrrädern sitzt ein Mensch. Von Johannesburg bis an die mosambikanische Grenze sind es etwa 400 km und von dort bis in unsere Gegend nochmal 600 km. Von angenehmer Reise kam man da eher nicht sprechen. Und doch ist der junge Mann unter seiner Plane zufrieden, dass er die Reise auf diese Weise überhaupt machen kann. Da bin ich mir ziemlich sicher.

Adventskalender 24

Heute und morgen wird es in unserem Adventskalender mundartlich zugehen. Kleiner Tipp für Nicht-Erzgebirger: Den Text laut lesen. Beim Hören auf die Worte erschließt sich der Sinn besser als beim bloßen Lesen. - Lus gieht's:


Metten, emol ganz annersch – su fing se a


Schu mehr als zwanzig Gahr wurn in unnerer Gemeinde Christmetten aufgeführt, am 1. Feiertoog, frieh üm sechse! Un trotz dare uchristlichen Zeit war de Kirch gerammelt voll; do kame Leit, die mer sist es ganze Gahr net ze Gesicht krieget. Weil's su zeitig lusging, konnt's schu mol passiern, dass net alles esu glatt lief, wie mir's gern gehobt hätten: Mol is de Maria mit ihrn Trabi im Schnee stackn gebliebn, mol hatt's dr Arzengel Gabriel verschloofn, dr Herodes fand in dr Eil senn Gürtel net un musst of senn Thron hocken bleibn, anstatt hie un har ze latschen, mit dan lange Sabel rümzefuchteln un seine Befehle ze bläken.


Dr Joseph musst Pfeif raachn, weil dos zu senn Varschl passet: „So, wie der Rauch verweht im Wind, so wird das Leben dein, o Kind...". Obwuhl ar - wagn dr Pietät - sei Pfeif när mit Himbeerlaab gestoppt hatt, bracht ar sei Varschl net ze Ende - ar krieget von dan Knaster en setten Hustenafall, dass er nausstürzen un arscht e Glos Wasser trinken musst; dernoch hot ar bluß noch of dare Pfeifnspitz rümgebissen.

Dr Wirt in Bethlehem hatt seine Kneip „Zum lechzenden Hirsch" getaaft; aber dar Hirschkopp of senn Schild soog aus wie e Maulwurf mit Härner. Ar hätt nischt gegn Fremde, saht ar, denn die brächten ja ne Ümsatz, när de Ausländer könnt ar net leiden; un do hatten's die drei Weisen net eefach, in sei Etablissemang neizekomme. Ja, es war schu egal wos lus, bei unnere Metten.

Nu gob's voriges Gahr ewos ganz Besondersch. Weil doch in unnerer Gemeinde ah Ausländer, Asylbewerber, verkehreten, hobn mir en Schwarzen für die drei Weisen angaschiert. Dr Mburu kam aus Afrika. Ar konnt ewing deitsch, bluß dos Wort Keenig wollte en net über die Lippen. Ze jeder Prob wur'sch extra geübt - ar blieb abn bei senn „Kunnick". Schließlich hobn mir's aufgabn - am Ende hobn se ja in Bethlehem ah net alle huchdeitsch geredt.

Itze fröget eens von dan Kinnern, die mitspieln taten, wie dä dar schwarze Keenig eigntlich geheeßen hätt. Do war guter Rot teier, keener wusst's. Dr sist su bibelfeste Gemeindevürstand konnt sich net besinne, dr Paster ah net. Seine Kollegen, die ar ahrufet mussten genau su passen wie sei katholischer Amtsbruder. Ah dr Harr Oberkirchnrat wusst's net. Schließlich wur beschlossen, dass dr Mburu Melchior heeßen sollt, net när, weil dos ah mit M lusgieht, sondern ah, weil dos de kürzeste Roll bei dan drei Weisen war.

2011/12/21

Adventskalender 23

Wer weiß das schon in Deutschland: in diesem Jahr begann gestern, am 20. Dezember, CHANUKKA, das jüdische Lichterfest. Was es damit auf sich hat und was das interessante Wort Weihnukka bedeutet, das und noch mehr wird auf einer beachtenswerten Webseite des Jüdischen Museums Berlin erläutert:


In diesem Sinne: Fröhliche Weihnachten!
Oder: Chanukka sameach!
Oder einfach: Frohes Fest!

2011/12/20

Adventskalender 22

Zutritt verboten -Nikolauswerkstatt!


Typische Praktikantenarbeit: Eintüteln. Heute sind es Süßigkeiten.


Doch solche Schätze haben wir auch verpackt.

Adventskalender 21

Plötzlich sitzt da eine Frau in unserem Gartenhäuschen. Sie scheint nur wenig Portugiesisch zu sprechen. Ich kann kaum mit ihr reden. Wir holen Hilfe. Dann hören wir: sie sei von ihrer Familie verstoßen worden. Sie suche eine Bleibe. Weil wir ihr die nicht geben können, bringen wir sie gemeinsam zum Pastor. Der kennt vielleicht Verwandte oder kann welche ausfindig machen. Wir sind ratlos. - Als wir wenig später zum Waisenhaus fahren, liegt die Frau am Straßenrand im Gras und scheint zu schlafen. Sie hat es bei Pastors anscheinend nicht lange ausgehalten.

Wenig später in Maxixe. Wieder ist es ein Frau, die uns auffällt. Wir haben sie schon öfters wahrgenommen. Sie lebt auf der Straße. Manchmal trägt sie ihr Hab und Gut in einer Plastiktüte bei sich. Heute ist sie selber nur eine Plastiktüte gepackt. Sie trägt eine „Bluse“ und einen „Rock“ aus leeren Reissäcken. Wie alle anderen sehen wir sie. Sie rührt uns auch an in ihrer Armut. Doch wie könnten wir ihr helfen? Wir sprechen darüber und kommen auf eine Idee: Wir könnten rauszukriegen versuchen, ob bei den Witwen in Anhane vielleicht ein Platz für sie frei wäre. Und wenn, kann man sie dann einfach ins Auto setzen und hinbringen? - Wir werden nochmal drüber nachdenken müssen.

Vor dem Geschäft, in dem wir oft Reis kaufen, sitzt ein Mädchen und weint. Es ist vielleicht drei, vier Jahre alt. Es hat seine Mutter verloren. Die Männer, die immer dort stehen, um Säcke in Autos zu tragen und die dafür einen geringen Lohn kassieren, sagen: Das Mädchen sitzt schon über vier Stunden da und ruft nach seiner Mutter. Wir schauen einander fragend an: Könnte es sein, dass das Mädchen in den nächsten Tagen zu uns ins Waisenhaus kommt? Später kommen wir nochmal an dem Geschäft vorbei. Einer der Männer sagt uns, inzwischen sei die Mutter da gewesen und habe ihre Tochter abgeholt. Wir sind erleichtert. Trotzdem bleibt die Frage: Was ist das für eine Mutter, die ihre Tochter in diesem Alter am Straßenrand so lange allein lässt?

Drei Momentaufnahmen. Cambine und Maxixe in der Woche vor Weihnachten 2011.

2011/12/18

Adventskalender 20

Nicht still, trotzdem unerkannt

Am 12. Januar 2007, 7 Uhr 51, zur Stunde der morgendlichen Rushhour, begann der 40 Jahre alte Star- Geiger Joshua Bell als Straßenmusiker verkleidet in einer zugigen Metro-Passage Washingtons, der Station L'Enfant Plaza, zu spielen. Bell war von seinem Hotel zur wenige Meter entfernten Metro aus einem einzigen Grund mit dem Taxi gefahren: seiner Geige, einer vier Millionen Dollar teuren Stradivari.

Bell begann mit Johann Sebastian Bachs ebenso bekannter wie schwieriger Chaconne in d-Moll. Hunderte von Passanten, die die Rolltreppe hochgefahren kamen und wie gewohnt den Ausgängen zueilten, nahmen den Stehgeiger natürlich nicht oder nur flüchtig zur Kenntnis.

Erst nach drei Minuten passierte überhaupt etwas Auffallendes. Genau 63 Menschen waren musiktaub an ihm vorüber geeilt, ehe jemand ein paar Münzen in den Kasten zu Füßen des Geigers warf. Nur sehr wenige ließen sich zum Stehenbleiben und Zuhören verleiten, gaben Kleingeld. Am Ende, nach 43 Minuten "Konzert", waren an dem vermeintlichen Straßenmusiker 1070 Leute vorüber gelaufen, die ihn insgesamt um 32,17 Dollar reicher gemacht hatten. Nur eine Person hatte ihn erkannt.
(nach einer Meldung der Süddeutschen Zeitung vom 11. April 2007)

Alle Jahre wieder kommt das Christuskind
auf die Erde nieder, wo wir Menschen sind.
Kehrt mit seinem Segen ein in jedes Haus,
geht auf allen Wegen mit uns ein und aus.
Ist auch mir zur Seite, still und unerkannt,
dass es treu mich leite an der lieben Hand.

Und hier kann man Joshua Bell sehen und hören:

2011/12/17

Adventskalender 19

Sonnabend, 17.12.2011 - So, nun sind wir wieder in Cambine. Wir sind froh und dankbar, dass wir heil angekommen sind. Wer kurz vor Weihnachten in Maputo für 70 Leute Geschenke eingekauft hat, den sollte eigentlich nichts mehr schrecken!

Als wir heute mit dem vollgepackten Auto durch die Gegend fuhren, ging mir durch den Sinn, was wir mit unserem Toyota, Baujahr 1994, schon alles transportiert haben in den vergangenen vier Jahren: Reis- und Mehlsäcke, Bohnen- und Erdnusssäcke, Moniereisen, zum Beispiel und zentnerweise Mangos und gefrorenen Fisch.

Neulich hatte ich das Auto voller frisch geernter Maniokknollen. Auch gackernde Hühner waren schon unsere Fahrgäste. Ferkel zu transportieren, habe ich allerdings abgelehnt. Wir haben schließlich einen Kombi und keinen Pickup. Ein andermal hatte ich den gesamten Kofferraum voller festlich dekorierter Kremtorten oder randvoll mit Wasser gefüllten Eimern und Kanistern. Es brauchte Tage, bis alles wieder trocken war.

Menschen natürlich, kranke und gesunde - man glaubt gar nicht, wie viele in so ein Auto passen. Unser Toyota ist eigentlich ein Fünfsitzer. Es passen aber gut und gerne zehn Leute mehr rein. Wirklich, wir haben es ausprobiert. Auch als Leichenwagen musste er leider schon dienen. Damals, als wir die kleine Laura in ihrem Sarg aus dem Krankenhaus abholen mussten. Und heute nun ein Auto voller Geschenke.

Das Fahrzeug hilft uns sehr, unseren Dienst hier zu tun. Zwar verbraucht es viel zu viel und eine Plakette würde es wohl auch nicht bekommen. Trotzdem sind wir froh, dass wir es haben. Es macht uns freilich auch immer wieder bewusst, dass wir als Missionare hier zu den Privilegierten gehören, die sich so ein Fahrzeug leisten können. Wenn wir einmal voll tanken, bezahlen wir mehr als die meisten unserer Nachbarn in einem Monat verdienen.

Wir wohnen im selben Dorf und doch in verschiedenen Welten. Weit bleiben wir damit hinter dem zurück, was wir zu Weihnachten feiern: Gott wird Mensch, das Wort wird Fleisch und wohnt unter uns - im selben Dorf und in derselben Welt.

Adventskalender 18

Mittwoch, 14.12.2011 - Was war das bloß für ein Tag? Von wegen, schnell mal Geld abholen... Für den Scheck brauchen wir zwei Unterschriften. Doch der eine Zeichnungsberechtigte ist krank, der andere noch nicht zurück in Maputo. Dabei waren wir für heute fest verabredet – im Zentralbüro. Es bleibt uns nur, es sportlich zu nehmen und so zu tun, als wollten wir ohnehin einen Tag länger in der Hauptstadt bleiben. Das gelingt uns leidlich: morgen also zweiter Anlauf – hoffentlich kriegen wir dann die beiden Unterschriften!

Zurück bleibt ein Gefühl ärgerlicher Enttäuschung: Ach wenn doch einmal etwas auf Anhieb klappen würde im Zentralbüro! Es hätte nur eines Anrufs bedurft und wir wären einen Tag später losgefahren. Und Direktorin Maravilha hätte 24 Stunden mehr Zeit gehabt, ihre Malaria zu kurieren. So kämpft sie sich durch den Tag. Es ist heiß und schwül und am Himmel stehen schwere schwarze Wolken

Wir wollen grade zum Auto, als der Regen losbricht. Blitz und Donner, dazu ein regelrechter Wolkenbruch. Im Nu stehen Straßen unter Wasser und die Flutgräben am Rand sind vollgelaufen. Wenigstens dahin kann der Regen abfließen. Zwar gibt es stellenweise auch Kanalisation, doch meist sind die Gullies verdreckt und nehmen den Regen nicht auf. Die Kinder freut es. Sie spielen und baden in der Dreckbrühe am Straßenrand.

Am späten Nachmittag sind wir mit dem Auto unterwegs. Wir sprechen gerade darüber, wie rücksichtslos viele Fahrer gegenüber Fußgängern sind, da werden wir von einem der vielachsigen Muldenkipper überholt, die aus Südafrika das Bauxiterz für die Aluminiumhütte MOZAL heranschaffen. Es hatte wieder geregnet. Es ist schwül. Ich habe das Autofenster geöffnet. Wie aus Kübeln trifft uns ein Schwall der Straßenbrühe, und noch einer und noch einer, bis die letzte Achse vorbei ist. Es scheint gar kein Ende zu nehmen. Ich werde bis auf die Haut durchnässt. Ich kann nichts mehr sehen. Gott sei Dank, dass ich in diesen Momenten niemanden angefahren habe.

Als wir dann später im Gästehaus ankommen, ist im ganzen Viertel der Strom ausgefallen. Kein Licht, keine Klimaanlage. Und auch aus der Dusche rinnt nur ein schwacher Strahl. Wenigstens brennen überall Kerzen: in der Küche, auf dem Flur, im Bad und in den Zimmern. Sie geben ein warmes, lebendiges Licht. Sie erinnern uns daran: Ach ja, es ist Advent – auch an so einem Tag wie heute!

2011/12/15

Lebenszeichen

Wir sind noch in Maputo. Um an das Geld fürs Waisenhaus zu kommen, waren wir heute nicht nur freundlich in Kirchenbüro. Müssen einen Tag länger hier bleiben. Leider ist der Netzzugang gestört. Melden uns wieder, sobald es geht.

2011/12/13

Adventskalender 17

Wir sind gut angekommen in Maputo! Gott sei Dank. Und die ersten Wege haben wir auch schon erledigt: Preise erkunden im Supermarkt. Morgen geht es dann richtig los.

Spender aus den USA haben Geld überwiesen. Das werden wir gleich morgen früh im Kirchenbüro abholen. Dann gilt es, Geschenke für 70 Personen zu besorgen, für Frauen und Mädchen, Jungs und Männer im Alter zwischen einem und 61 Jahren. Werden wir für alle was passendes finden? Ob wir es in zwei Tagen schaffen werden? Und wie viel Geschenkpapier werden wir brauchen?

Überhaupt: Geschenkpapier – sollen wir dafür wirklich Geld ausgeben? Die Kinder werden keine Augen dafür haben. Sie werden es abreißen. Und wir werden es entsorgen. Doch können wir es weglassen? Was bleibt noch vom Geheimnis des Schenkens, wenn alles unverhüllt über den Tisch gereicht wird? - Nein. Das geht nicht.

Ich erinnere mich an einen Karton aus meiner Kindheit. Der war etwas ganz Besonderes. Ich konnte es sogar riechen. Dabei bewahrten wir im Karton nur Geschenkpapier auf. Und das war nicht mal neu. Alles, was noch brauchbar war, wurde wieder verwendet. Besonders Geschenke „aus dem Westen“ waren ja in Papier gewickelt, das es bei uns nicht gab und das seinen ganz eigenen Duft hatte. Jeder Tesa-Streifen wurde vorsichtig abgelöst. Es kam auch vor, dass ein verknüllter Bogen gebügelt wurde.

Doch, ich bin mir sicher: Geschenke müssen eingepackt werden, auch wenn das Papier teuer ist. Dazu wird es doch wohl noch reichen!

2011/12/12

Adventskalender 16

Am 3. Advent im Konferenzabschlussgottesdienst. Die Gemeinde erhebt sich und stimmt ein Lied an. Die ersten Akkorde, die Melodie...



Wir freuen uns: endlich ein Lied, das wir kennen und das zur Jahreszeit passt. Und wenn schon kein ausgesprochenes Adventslied, so doch wenigstens ein Weihnachtslied. Doch als ich meine Nachbarin frage, was der Xitswa-Text bedeute und ob er etwas mit Advent oder Weihnachten zu tun habe, verneint sie.

Für uns ist es ja ohnehin nur die Melodie, die uns vertraut erscheint und die weihnachtliche Gefühle weckt. Bei unseren mosambikanischen Schwestern und Brüdern dagegen ruft der Gesang keinerlei adventliche oder weihnachtliche Assoziationen hervor. Für sie ist es ein Kirchenlied wie jedes andere. Eine eigene Rubrik "Advents- und Weihnachtslieder" gibt es im hiesigen Gesangbuch gar nicht.

Wieder einmal wird mir bewusst, wie reich unser kulturelles Erbe ist - und wie eng die christliche Tradition in unserem Kulturkreis mit diesem Erbe verflochten ist. Es wäre ein großer Verlust, würde dieses Erbe allein den Schalmeienkapellen und der Warenhausbeschallung überlassen.

Nun singet! Und seid froh darüber, dass wir so einen Schatz an Liedern haben.

2011/12/11

Na Mahlzeit...

Nach der gestrigen Erfahrung mit der Konferenzverpflegung hatte die folgende Begebenheit von heute morgen ihre ganz eigene Situationskomik:

Der Abschluss- und Sendungsgottesdienst der Jährlichen Konferenz 2011 beginnt um acht. Vier Stunden später, ziemlich genau um 12, wird endlich der Predigttext verlesen. Dort heißt es im Portugiesischen wörtlich:

"Die Zeit ist schon vorangeschritten, und wir sind hier in der Wüste. Schick die Leute weg, damit sie sich in den Nachbardörfern etwas zu essen kaufen." (Markus 6:35-36)

Doch statt zu tun, was die Verse 35 und 36 empfehlen, hält sich der Prediger an Vers 34 und "beginnt eine lange Predigt". Eine weitere Stunde später, gegen 13 Uhr verliest die Bischöfin die Dienstzuweisungsliste.

Da allerdings hört es auf, komisch zu sein: Von den neun Seminar-Absolventen des Jahrgangs 2011 erhält nur einer eine Dienstzuweisung. Und die führt ihn nach Chibo, tief ins Hinterland. Die anderen werden offenbar erst mal nicht gebraucht.

2011/12/10

Adventskalender 15

Foto: Bettina von Clausewitz


Herr, unser Herrscher!

Aus dem Lobpreis der Schwachen und Hilflosen baust du eine Mauer,
an der deine Widersacher und Feinde zu Fall kommen.

Ich bestaune den Himmel, das Werk deiner Hände,
den Mond und alle die Sterne, die du geschaffen hast:

Wie klein ist da der Mensch, wie gering und unbedeutend!
Und doch gibst du dich mit ihm ab und kümmerst dich um ihn!

aus Psalm 8 (Gute Nachricht Bibel)

In Afrika gehen die Uhren mal wieder anders

Es ist Sonnabend nachmittag. Die Tagung der Jährlichen Konferenz sollte eigentlich schon zu Ende sein. Im Programm steht für 14:40 Uhr der Ordinationsgottesdienst. Jetzt ist es fünf Minuten vor fünf und die Delegierten verlassen gerade die Kirche, um zum Mittagessen (!) zu gehen. Das war eigentlich für 12:50 Uhr vorgesehen.

Dass ein Programm in Verzug gerät, kann überall passieren. Aber dass sich eine gesamte Konferenz mit einer Verspätung von vier Stunden zum Mittagessen entlassen lässt, das gibt es wohl nur in Afrika.

Auch die Frauen, die das Essen für 400 Leute auf 13 Uhr vorbereitet haben und die es nun die gesamte Zeit warm halten müssen, werden sich wohl nicht beklagen.

Was ist das? Eine Frage des Kulturunterschieds oder einfach Disziplinlosigkeit? Ich bin unentschieden. Die Delegierten sitzen schließlich nicht entspannt unter Palmen, sondern auf engen, harten Kirchenbänken. Da können vier Stunden sehr ermüdend sein. Vielleicht ist es ja genau das Gegenteil - ein Zeichen von allzu großer Disziplin?

Delegierte bei einer Abstimmung

Ich wünschte mir schon manchmal, dass jemand aufstünde, und freimütig seine Meinung sagte, auch gegenüber einem Höhergestellten. Aber das lernt man in Mosambik üblicherweise weder in der Familie, noch in der Schule. Und leider auch nicht in der Kirche.

2011/12/09

Adventskalender 14

In seinem Programm "Frejlich und meschugge" erzählt der Leipziger Kabarettist Bernd-Lutz Lange unter anderem diese jüdische Anekdote:

Im Ghetto. Ein paar Rabbiner sitzen die ganze Nacht zu Gericht über Gott. Sie sind verzweifelt und traurig. Dieses unermessliche Leid ringsum. Gott hat sie verlassen. Sie verurteilen Gott. Ein Rabbiner steht am Fenster, sieht, dass die Sonne aufgeht und sagt:
Kommt, Freunde, es ist Zeit für das Morgengebet.

Foto: Marei Günther

2011/12/08

Adventskalender 13

Streiten sich zwei Schüler, ob „ware Weihnacht“ mit h geschrieben oder nicht. „Kommt drauf an“, sagt der Reli-Lehrer und zitiert den Schweizer Dichterpfarrer Kurt Marti: „Die Ware Weihnacht ist nicht die wahre Weihnacht.“

Kurz und knapp beschreibt er damit die Spannung zwischen Kaufen und Schenken, zwischen Umsatz und Tradition, Kommerz und christlichem Fest: Süßer die Kassen nie klingeln als zu der Weihnachtszeit.

Nein, es nützt nichts, darüber zu jammern. Der Umsatz sei den Einzelhändlern gegönnt. Die müssen auch von etwas leben. Trotzdem bleibt es wahr: Die Ware Weihnacht ist nicht das wahre Christfest.

Um hier Bewusstsein zu schaffen, hat das katholische Bonifatius-Werk die Aktion Weihnachtsmannfreie Zone initiiert. Sie stellt dem Weihnachtsmann den Nikolaus gegenüber, die Symbolfigur des Schenkens gegen die des Kaufens. Das ist zwar historisch nicht ganz richtig, weist aber auf das Dilemma hin, in dem sich das Fest der Christgeburt heute befindet.

Unter folgenden Links findet sich viel Wissenswertes über die bekanntesten weihnachtlichen Symbolfiguren :

http://www.weihnachtsmannfreie-zone.de/videos/waswissensie.html

http://de.wikipedia.org/wiki/Nikolaus_von_Myra

http://de.wikipedia.org/wiki/Weihnachtsmann

http://de.wikipedia.org/wiki/Christkind

http://de.wikipedia.org/wiki/Bornkinnel

2011/12/07

Adventskalender 12

"Deutsche Waffenexporte erreichen Rekordniveau
Der deutsche Export von Kriegswaffen hat im vergangenen Jahr einen Rekordwert erreicht. Das geht aus dem Rüstungsexportbericht 2010 hervor, der heute vom Bundeskabinett verabschiedet wurde. Demnach wurden 2010 Kriegswaffen im Wert von 2,1 Milliarden Euro ausgeführt - rund 60 Prozent mehr als 2009, als Kriegswaffen für knapp 1,4 Milliarden Euro exportiert wurden. Seit 1997 wurden nicht mehr so viele Kriegswaffen ins Ausland geliefert.Die Hälfte des Gesamtwerts mache die Lieferung von drei Kriegsschiffen an die NATO-Partnerländer Portugal und Griechenland aus.

Deutlich mehr Waffen für Entwicklungsländer
An Entwicklungsländer wurden 2010 Kriegswaffen im Wert von 108 Millionen Euro ausgeführt - also rund 5 Prozent der Gesamtwaffenexporte. Von diesen entfielen 65 Millionen auf Pakistan und 27,6 Millionen auf den Irak. 2009 hatte der Gesamtwert der Kriegsgüterexporte in Entwicklungsländer nur bei rund 52 Millionen Euro gelegen.

Weniger Genehmigungen erteilt
Gleichzeitig genehmigte die Bundesregierung im vergangenen Jahr weniger Rüstungsexporte als noch 2009. Dem Rüstungsexportbericht zufolge wurden 2010 Einzelausfuhrgenehmigungen für militärische Güter im Wert von 4,7 Milliarden Euro erteilt. Das sind 290 Millionen Euro weniger als ein Jahr zuvor. Diese wirkt zunächst widersprüchlich, lässt sich aber damit erklären, dass Genehmigungen und tatsächliche Ausfuhren häufig nicht im selben Jahr stattfinden. Für die Zukunft ist also damit zu rechnen, dass die tatsächlichen Rüstungsexporte leicht zurückgehen.
Nummer 1 auf der Liste der Abnehmerländer ist Portugal mit 811 Millionen Euro - wegen eines Großauftrags für U-Boote, Teile für Kriegsschiffe und Unterwasserortungsgeräte. Dahinter folgen die USA und Großbritannien.

Embargos gelten für 17 Staaten
Gegen eine ganze Reihe von Staaten gelten Waffenembargos. Deutschland liefert derzeit keine Waffen und Rüstungsgüter an folgende Länder: Armenien, Aserbaidschan, China, Demokratische Republik Kongo, Elfenbeinküste, Eritrea, Guinea, Irak, Iran, Libanon, Liberia, Myanmar, Nordkorea, Sierra Leone, Simbabwe, Somalia und den Sudan.
Der Irak ist trotz des gültigen Waffenembargos ein bedeutendes Ausfuhrland. Laut Rüstungsexportbericht wurden Pilotenhelme und Ausrüstungsteile für Hubschrauber dorthin geliefert, die demnach nicht unter das Embargo fallen. Im Wirtschaftsministerium war niemand für eine Stellungnahme zu erreichen."

Diese Meldung fand ich heute auf der Webseite der ARD tagesschau.
Vom FRIEDEFÜRSTEN war leider nichts zu lesen.


Cambine als Konferenzzentrum


In dieser Woche ist es in Cambine viel betriebsamer als sonst: Jährliche Konferenz. Allein aus dem Südteil des Landes sind etwa 400 Delegierte angereist. Sie werden in den kommenden Tagen über Leben und Dienst der Evangelisch-methodistischen Kirche nachdenken, miteinander Gottesdienst zu feiern und weiterführende Beschlüsse fassen. Dabei weist schon das Konferenzthema auf die zentrale Frage der Finanzen hin, die die Verhandlungen bestimmen wird:

„Lassen wir den Geist Gottes wirken, damit wir in Kirche und Gesellschaft eigenständig werden“ (Deixemos o Espírito de Deus agir, para edificarmos a Igreja e Sociedade auto-sustentáveis).

Noch immer kommt ein Großteil des kirchlichen wie staatlichen Haushalts von ausländischen Gebern. Hier unabhängiger zu werden ist ein wichtiges Ziel der begonnenen innerkirchlichen Umstrukturierungen. Die Arbeit kirchlicher Einrichtungen, wie z.B. der Tischlerei oder des Landwirtschaftsprojektes in Cambine, soll künftig mehr Erträge abwerfen. Die Verwaltung soll schlanker werden. So werden im neuen Konferenzjahr nur noch sechs Superintendenten (gegenüber vorher sechzehn) benannt werden. Ein Umlagesystem für Pastorengehälter einzuführen, ist im vergangenen Jahr nur teilweise gelungen. Eigentlich sollten alle Bezirke ihre Umlage in einen konferenzweiten Gehaltsfond zahlen. Das ließ sich nicht durchsetzen. Diese Kasse musste dezentral auf Distriktsebene installiert werden, um so eine bessere Kontrolle der Gemeindebezirke zu gewährleisten.


Dass diese Umstrukturierungen alles andere als einfach sind, zeigte sich auch daran, dass vor wenigen Wochen die langjährige Schatzmeisterin ihren Dienst quittierte. Zudem wurde dem Finanzdirektor der Kirche nach nur knapp zwei Jahren Dienst gekündigt. Und dass viele hauptamtlich in der Kirche Arbeitende nur sehr unregelmäßig ihr Gehalt beziehen, weist auch darauf hin, wie brisant das Konferenzthema ist. Außerdem gilt es, nach vier Jahren wieder eine Bischofswahl vorzubereiten. Wie man hört, gibt es außer der amtierenden Bischöfin zwei weitere Kanditaten.

Beten wir darum und hoffen wir darauf, dass die Verhandlungen und Wahlen der kommenden Tage zielführend sein werden und nicht zu einem geistlosen Gegeneinander verkommen.

2011/12/06

Adventskalender 11

Wisst ihr noch, was ihr heute nacht vor vier Jahren getan habt? - Schwierige Frage? - Geschlafen wahrscheinlich. - Ja, aber gut oder schlecht? - Allein, oder...

Ist ja schon gut, es muss ja nicht zu persönlich werden. Ich jedenfalls weiß, dass ich in der Nacht des Nikolaustages 2007 keinen Stiefel vor die Tür stellen konnte. Ich weiß auch noch, dass ich weder allein noch gut geschlafen habe. Es war eine der Nächte, die man nie vergisst und an die man sich trotzdem nicht gern erinnert.

Eingezwängt in einen engen Sessel, umgeben von etwa dreihundert Unbekannten, habe ich die Nacht gemeinsam mit Claudia verbracht - im Flugzeug von Frankfurt nach Johannesburg.

Ja, vier Jahre sind wir inzwischen schon hier. Manchmal kommt es mir so vor, als sei das eine ziemlich lange Zeit gewesen. Dann wieder frage ich mich: Wo sind die Jahre nur so schnell hingegangen?

Nein, ausgewandert sind wir nicht. Wir wollen nicht für immer in Mosambik bleiben. Romantisch finde ich Afrika schon gar nicht. Das Afrika-Virus, das Touristen manchmal zum Schwärmen bringt, hat uns jedenfalls nicht befallen.

Manches ist faszinierend hier, manches abstoßend. Vieles ist uns fremd geblieben, manches ist uns inzwischen vertraut geworden. So gesehen, ist es hier ähnlich wie in Deutschland. Da ist auch nicht alles Gold, was glänzt.

Später, zurück in Deutschland, werden wir uns an Mosambik erinnern und spüren, dass uns etwas fehlen wird. Da sind wir uns beide sicher. Nur benennen können wir noch nicht, was das sein wird.

Wir sind gespannt.

Schön wär's, wenn's so schön wär. Die Realität ist anders...

2011/12/05

Adventskalender 10

Geduld - Lernstoff im Advent. Eine besondere Aufgabe in dieser Disziplin hatten wir heute morgen auf der Bank in Maxixe zu bestehen: 90 Minuten brauchten wir, um eine Auszahlung hinzukriegen. Die Verzögerung war zum Teil auch von uns selber verursacht, aber es kam das eine oder andere seitens der Bank noch dazu, jedenfalls es zog sich hin. Wir mussten warten, ja, Geduld haben, ja, aber zugleich waren wir gefordert, die andere Bedeutung des Wortes Geduld zu buchstabieren:

B-E-H-A-R-R-L-I-C-H-K-E-I-T.

Wäre Claudia nicht immer "dran geblieben", wie man so sagt, wir hätten vielleicht nochmal 90 Minuten warten müssen. Geduld besteht eben nicht nur darin, zu dulden und passiv auszuharren. Das ist zuwenig. Geduld ist es auch, an einer Sache beharrlich und aktiv dranzubleiben, gerade, wenn sie sich hinzieht.



So gesehen könnte man z.B. Sudoku ein sehr adventliches Spiel nennen, bei dem man viel für's Leben lernen kann, wenn man es nur recht betrachtet.

2011/12/04

Adventskalender 9

Geduld?
Lernstoff im Advent.
... und in Afrika.




Ich möchte, dass die Sonne scheint.





...





Alles eine Frage der Geduld.

Adventskalender 8

Sonnabend, 3. Dezember 2011 - Studienjahresabschlussfeier am Theologischen Seminar Cambine. Die Absolventen dieses Jahrgangs sind nur wenige Wochen vor uns nach Cambine gekommen, sie Ende Januar 2008 und wir im März. Bald werden sie zu im Moment noch unbekannten Zielen aufbrechen und neue Aufgaben übernehmen. Dafür wurden sie in den vergangenen vier Jahren ausgebildet. Nun ist es an der Zeit, den Schritt von der Theorie in die Praxis zu tun und Verantwortung zu übernehmen.


In seinem Gruß an die Absolventen sagte Thomas u.a.: "Ein Fahrrad wird nicht dadurch zum Lastwagen, dass man es in eine Garage stellt. Genau so wenig wird jemand allein dadurch zu einem Pastor oder einer Pastorin, dass er ein paar Jahre lang einen Stuhl im Theologischen Seminar besetzt hält. Was uns zu Pastoren macht, ist das Vertrauen. - Nicht unseres, das wäre zu wenig. Es ist das unerschütterliche Vertrauen, das Jesus Christus in uns Menschen setzt. Darin wurzelt unsere Würde und unsere Verantwortung als Pastoren."

Tja, und das sind die gelehrten Kollegen, die neuerdings in akademischer Robe auftreten. Erwartungen, auch "Professor Tomás" in diesem Kostüm zu sehen zu bekommen, müssen enttäuscht werden. Er hat an dieser Maskerade nicht teilgenommen.

2011/12/02

Adventskalender 7

"Die Güte des Menschen
ist eine Flamme,
die zwar versteckt,
aber nicht ausgelöscht
werden kann."

Wie kann einer wie Nelson Mandela so was sagen? Einer, der nicht nur die Bosheit einzelner, sondern die Boshaftigkeit eines ganzen Staatssystems zu erleiden hatte?

Es tut mir gut, dass gerade einer wie er selbst im kältesten Gegenüber noch die Flamme der Güte vermutet, versteckt zwar, aber vorhanden.

Vielleicht ist es das, was das Bibelwort meint: selber sich aufmachen, Licht werden, weil Gott Licht ins Dunkel bringt - übersetzt in kleine Münze für den Alltag unseres Lebens. (Übrigens: 5 Rand sind etwa 50 Euro-Cent)

2011/12/01

Adventskalender 6

Der 1. Dezember ist der Welt-AIDS-Tag. In Maxixe waren heute etliche Anti-AIDS-Aktivisten unterwegs. Man konnte sie an ihren T-Shirts mit der roten Schleife erkennen. Die meisten Leute allerdings gingen achtlos an ihnen vorüber. AIDS ist hier in Mosambik zwar ein viel größeres Problem als in Deutschland, doch scheint mir, gerade hier auf dem Land, die Ignoranz noch groß zu sein. In Cambine gibt es kaum jemanden, der offen über AIDS spricht - oder gar eine rote Schleife trägt.

Die rote Aids-Schleife ist das prägnante Zeichen des Welt-Aids-Tags. Sie ist weltweit das Symbol der Solidarität mit den Betroffenen dieser Krankheit. Zugleich ist sie Ausdruck für Verlust, Trauer, Leid, Angst, Krankheit – und für verständnisvolle Zuwendung und tatkräftige Unterstützung.

Rot ist die Farbe der Liebe, des Herzens, des Blutes – und der Gefahr. Rot ist die Warnung vor den Gefahren von Aids und den damit verbundenen sozialen Folgen: Armut, Stigmatisierung und Ausgrenzung.

Anfang der 80er Jahre wurde das Red Ribbon in den USA von Frank Moore und der New Yorker Gruppe Visual Aids als Reaktion auf die ersten Todesfälle und die Bedrohung durch Aids entwickelt. Die amerikanische Tradition, eine Stoffschleife um einen Baum zu binden, um Liebe und Zuneigung zu einem weit entfernten Menschen zu zeigen, war der Ausgangspunkt.

Der Evergreen "Tie a Yellow Ribbon Round the Old Oak Tree" (Tony Orlando and Dawn) hat diese Tradition weltweit bekannt gemacht.

http://www.youtube.com/watch?v=FjqBhZj_37U

Adventskalender 5

Es gibt Menschen,
über die freut man sich,
wo immer sie hinkommen.

Und es gibt Menschen,
über die freut man sich,
wo immer sie weggehen.
Eckhart von Hirschhausen

Was hast du du unterlassen
zu meinem Trost und Freud,
als Leib und Seele saßen
in ihrem größten Leid?
Als mir das Reich genommen,
da Fried und Freude lacht,
da bist du, mein Heil, kommen
und hast mich froh gemacht.
Paul Gerhardt, 1653

2011/11/29

schreien und lachen

Als ich vorhin im Waisenhaus war, schrie Arlindo lauthals und konnte gar nicht mehr aufhören. Zwei von den älteren Mädchen hatten ihn gewaschen und sollten ihn bettfertig machen. Doch Arlindo schrie. Eine hielt ihn fest, die andere zog ihm einen Schlüpfer über. Arlindo schrie, wand sich los, trat zur Seite, zog den Schlüpfer wieder aus und schrie. Das Spiel begann von Neuem und Arlindo schrie. Ich versuchte ihn zu beruhigen. Es gelang mir nur mühsam.

Dann kam Irene, die für ihn verantwortliche Mutter. Sie sah nur hin und fing an zu lachen: Ja, ich weiß, Arlindo mag den rosa Schlüpfer nicht. Sie nahm ihn auf den Arm. Er beruhigte sich und bekam einen anderen Schlüpfer. Jetzt wird er wohl friedlich schlafen.

Grade mal zwei Jahre ist er alt, Was er nicht will weiß er schon mal ziemlich genau. Ich bin gewiss, dass er nach und nach auch herausfinden wird, was er will. Und dass er es lernen wird, das auch angemessen auszudrücken. So intensiv, wie er heute geschrien hat, so strahlend kann er nämlich auch lachen.

Der junge Mann hinter der Piratin, das ist Arlindo.

2011/11/28

Adventskalender 4

Da machte sich auf auch Joseph aus Galiläa, damit er sich schätzen ließe, mit Maria, seinem vertrauten Weibe, die war schwanger.
Lukas 2:4-5

Auf traditionellen Weihnachtsbildern sind Maria und Joseph üblicherweise mit dem Esel unterwegs. Heute würden sie wahrscheinlich so ein überladenes Chapa-Taxi benutzen, wie das, das ich gestern in Maxixe überholte.

Adventskalender 3
























Über dem Arbeitsplatz schweben vier Engel.
Zwei schwarze, zwei weiße, hölzern und starr.
Nur der Wind setzt sie manchmal in Bewegung.

Der Wind weht, wo er will, heißt es in der Bibel.
Man sieht nicht, woher er kommt, wohin er fährt -
der Wind als Bild für den Geist, der Leben schenkt.

Wo er in uns fährt, erstarrte Herzen bewegt,
erwachen hölzerne Engel zum Leben,
werd ich für dich, wirst du für mich ein Engel sein.

Und keiner fragt mehr, welcher Farbe deine Haut sei.

2011/11/27

Adventskalender 2




Nur

wer

aufrecht

geht,

kann

Lasten

tragen.


Das haben afrikanische Frauen mich gelehrt.



Ich bin der Herr, euer Gott. Ich habe euch aufrecht gehen lassen. 3.Mose 26:13

2011/11/25

Adventskalender 1

In meiner Kindheit waren die Advents- und Weihnachtswochen die Zeit der Apfelsinen, die es sonst eher selten gab. Anfang, spätestens Mitte November beginnt in Cambine die Mangozeit. Sie dauert bis Mitte, Ende Januar. Nur dass die Mangos hier nicht mit dem Westpäckchen kommen müssen, sondern einfach so vom Baum fallen und zwar reichlich. So reichlich, dass man für den Preis, den man in einem deutschen Supermarkt zu bezahlen hat, hier eine ganze Waschschüssel voll Mangos bekommt. Und natürlich: Sie schmecken auch noch besser!

Bloß, wie isst man eigentlich eine Mango richtig? Wir wussten es auch nicht und haben es erst hier in Mosambik gelernt.

1. Man stellt die Mango aufrecht und schneidet mit einem scharfen Messer eine der flachen Wangen ab. Danach sieht die Mango dann so aus.


2. Man tut dasselbe auf der anderen Seite nochmal.


3. Die restliche Scheibe mit dem Stein wird dann so geschält.


4. Hmmm, guten Appetit!


5, Beim Abnagen des Steins bleiben oft Fruchtfasern zwischen den Zähnen hängen, darum empfehlen wir, Zahnstocher bereit zu stellen. Am besten "Winterzahnstocher" aus dem Karl-Valentin-Musäum.


Es ist schließlich November!

2011/11/21

Der Papa wird's schon richten?

Neuerdings werden nebenan, gleich gegenüber vom Gästehaus wieder Brötchen gebacken. Jahrelang war die Bäckerei außer Betrieb. In Backstube und Laden wohnten Schülerinnen der Sekundarschule. Auch der LKW der Mission parkt jetzt nachts immer vor der Bäckerei. Ich hatte mich schon gefragt, warum das so ist. Jetzt erfuhr ich es. Da hat einer die Initiative ergriffen. Der Fahrer, der mit dem Auto für die Mission Geld verdient, ist zugleich der Mann, der die Bäckerei wiederbelebt. Da findet sich einer nicht mehr damit ab, dass die Dinge nun mal sind, wie sie sind und bringt was in Bewegung.

Neulich kamen wir miteinander ins Gespräch. Er war gerade dabei, den Lastwagen zu reparieren. Baujahr 1992, für afrikanische Verhältnisse geradezu ein Jungwagen. Er klagte über den Zustand des Autos. Über die Jahre sei er zwar oft überladen, dafür aber selten gepflegt worden. Auf meine Frage, warum das so gewesen sei, antwortet er mit einer unerwarteten Einsicht.

„Wenn man daran gewöhnt ist,“ sagt er und hält inne. Dann schaut er ehrfürchtig zum Himmel auf und fährt bedächtig fort, „dass Gott schon immer wieder Geld schickt, fällt es schwer zu lernen, mit den Dingen verantwortlich umzugehen.“

Ein Satz, der in Deutschland nicht weniger richtig ist als in Afrika. Ein Satz, der darauf hinweist, dass auch Geber Verantwortung tragen für das, was sie mit ihren Gaben bewirken. Die Ambivalenz des Geldes: Es kann Felder zum Blühen bringen und Brunnen zum Fließen. Und es kann zugleich Menschen korrumpieren und zu verantwortungslosem Handeln verführen. Dessen sollten wir uns immer bewusst sein, als große Banken genau so wie als kleine Leute.

Sparsame Afrikaner

Die Grafik mit den Brotstapeln fand ich neulich in der ZEIT. Sie soll zeigen, wie unterschiedlich in verschiedenen Gegenden dieser Welt mit Lebensmitteln umgegangen wird. Und es stimmt mit unseren Erfahrungen überein: hier im südlichen Afrika werden tatsächlich weniger Lebensmittel weggeworfen als z.B. in Deutschland.

Doch ist das nicht nur Ausdruck der Verschwendung durch die Reichen. Wer arm ist, kann und will es sich nicht leisten, Brot oder Fleisch oder andere Speisen wegzuwerfen, auch wenn diese schon schimmlig sind oder auf andere Weise verdorben. Und wenn, wie neulich, mal längere Zeit der Strom ausfällt, darf man mit gutem Grund bezweifeln, dass alle an- oder aufgetaute Ware aus den Regalen der Geschäfte verschwindet.

Und wenn wir schon von Lebensmitteln in Afrika reden, dann muss man auch fragen: Wieso kommen die in Mosambik meistverkauften tiefgefrorenen Brathähnchen aus Brasilien? Und wieso wird der meiste Reis, den wir in Mosambik zu kaufen kriegen, in Pakistan und Thailand angebaut, wo es doch auch hier möglich wäre? - Ist das nicht auch Verschwendung?

Über Antworten kann man streiten. Einige findet man wohl in den Regeln des Weltmarktes. Denn es kann ja nicht mit rechten Dingen zugehen, wenn Hühner, die in Brasilien gemästet, geschlachtet und eingefroren und auf die andere Seite des Ozeans transportiert werden, dort dann billiger sind als einheimisches Geflügel.

Doch dazu kommen auch hausgemachte Fehler: Fachleute werfen der mosambikanischen Regierung lange schon vor, dass sie den landwirtschaften Sektor im Land zu wenig fördert. Stattdessen verpachtet sie in großem Stil Ländereien an ausländische Investoren, die darauf dann Jatropha anbauen, die Pflanze, aus deren Öl man Biosprit gewinnt. Man darf vermuten, dass diese Politik eher den kurzfristigen Gewinninteressen dient, als einer nachhaltigen Versorgung der Bevölkerung mit preiswerten einheimischen Lebensmitteln.

Ja, im Süden Afrikas gehen viele Menschen sparsamer mit Lebensmitteln um als in Europa oder Amerika. Aber der eigentliche Grund dafür ist die Armut. Und die hat viele - fragwürdige - Ursachen.

Letzten Sonntag im Gottesdienst...

Es war nicht in Cambine, sondern in Barrane, eine anderthalbe Autostunde von Cambine entfernt im Hinterland. Dort wurde eine neu gebaute Kirche eingeweiht. So was ist allemal ein Höhepunkt. Und die werden hier ausgiebig gefeiert. Letzten Sonntag dauerte es fünf Stunden, von 9 Uhr morgens bis 14 Uhr am Nachmittag. Für mich ist das ein neuer Rekord. Aber nicht dass ich besonders froh darüber wäre, im Gegenteil. Solche Veranstaltungen gleichen mehr einer Geiselnahme als einem Gottesdienst. Interessant war allerdings, mit welchen Instrumenten der Gemeindegesang begleitet wurde. Vielleicht eine Anregung für Posaunenchöre in Deutschland... Doch sehen Sie selbst:

2011/10/19

Tolerância

Heute ist Feiertag, naja halber Feiertag, sagen wir mal. Tolerancia, sagen die Mosambikaner, was so viel heißt wie: Jeder kann selber entscheiden, ob gearbeitet wird oder nicht. Und wenn ich nicht zur Arbeit gehen muss, was tu ich da? Ich geh nicht hin, oder?

Eigentlich wollten wir heute zum Zoll nach Inhambane, wegen der Dankzeichen für Deutschland. Doch dann hörten wir von Überlegungen staatlicherseits, den 19. Oktober 2011 kurzfristig zum Feiertag zu erklären. Sicherheitshalber riefen wir gestern nachmittag auf dem Amt an, ob denn heute geöffnet sei. Der Beamte war sich nicht sicher. Er musste den Chef fragen. Der gab die klärende Auskunft: Am Donnerstag morgen um 7:30 Uhr wird das Zollamt wieder geöffnet sein. Am 19.10.2011 bleibt es geschlossen.

Wie Machel gerne gesehen wird

Der Grund ist einfach: am 19. Oktober 1986 kam der damalige Staatspräsident Mosambiks, Samora Machel, bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. Das war vor 25 Jahren. Da verteilt die Regierung gern einmal ein Geschenk ans Volk. Denn noch immer erfreut sich Machel großer Beliebtheit im Volk. Reden konnte der, heißt es. Und Singen konnte er auch. Und manchmal unterbrach er seine Reden und sang mit seinem Volk erst mal ein Lied. Und alle sangen mit. So sagt man heute jedenfalls. Zweifellos ist das sein großes Verdienst: Neben Eduardo Mondlane ist er die zweite große Integrationsfigur der Mosambikaner. Auch weil sich viele Mosambikanern mit ihren Helden identifizieren, gibt es im Land kaum regionale oder ethnische Spannungen.

Marschall Samora Moisés Machel - der Held auf dem Geld

Als wir gestern in Maxixe im Baumarkt waren, fiel mir auf, dass man dort extra einen Fernseher installiert hatte: Samora Machel sprach zu seinem Volk. Samora Machel als Kämpfer in Uniform. Samora Machel als Staatsmann. Interessant daran ist: der Baumarkt gehört einem der wenigen Portugiesen, die heute noch (oder wieder?) in Maxixe leben und gegen die der Freiheitskämpfer Machel ja angetreten war.

Marschall Machel weilt in der DDR (auf dem Bild mit Margot Honecker)

PS: Graça Machel, die Witwe Samoras, ist heute übrigens mit Nelson Mandela verheiratet, dem ehemaligen Staatschef Südafrikas. Als ihr erster Mann ums Leben kam, gab es nicht wenige, die meinten, der Absturz sei von dem damaligen Apartheidstaat verursacht worden, der auch Mandela für 27 Jahre hinter Schloss und Riegel setzte.

2011/10/15

Mitten im Leben...

"Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen." Es war Martin Luther, der diese Zeile aus einem Kirchenlied des 11. Jahrhunderts ins Deutsche übertragen hat. Und seither wurde diese menschliche Grunderfahrung von Dichtern und Sängern immer wieder neu in Worte gefasst: "zerbrechlich sind wir".

Gestern wurde hier in Cambine eine Pastorin zu Grabe getragen. Voriges Jahr hatte die Witwe ein zweites Mal geheiratet, einen Witwer. Vergangene Woche ist sie bei der Geburt ihres Kindes gestorben und auch das Kind hat nicht überlebt. Nun ist ihr Mann zum zweiten mal Witwer.

Gestern abend erreichte unseren Praktikanten die traurige Nachricht, dass im fernen Deutschland seine Großmutter verstorben ist.

Und heute morgen beim Brötchenholen im Waisenhaus hörten wir vom plötzlichen Tod einer Schülerin aus dem Mädcheninternat. Heute morgen sei sie noch munter gewesen und habe mit den anderen am Fluss Wasser geholt. Beim Wäschewaschen sei sie dann plötzlich tot umgefallen - ein Mädchen im Berufsschulalter.

Und während ihr Leichnam mit dem Pickup aus dem Internat ins Totenhaus gebracht wird, findet direkt nebenan in der Kirche eine Hochzeit statt. Durch die offenen Fenster dringt fröhlicher Gesang. Man kann das unpassend finden - oder ein Symbol darin erkennen:
Selbst der Tod ist vom Leben umfangen. Gott sei Dank.