Am 26. Dezember, gegen 16 Uhr ist im Krankenhaus von Morrumbene ein Kind aus dem Waisenhaus verstorben. Das Mädchen Diola Joaquim hatte Anämie und war deshalb ins Krankenhaus eingeliefert worden. Nach einer Bluttransfusion war sie wieder ins Waisenhaus zurückgekommen. Nachdem sie geduscht hatte, zeigten sich bei ihr plötzlich Lähmungserscheinungen. Schnell brachte man sie ins Krankenhaus zurück, wo sie dann verstarb.
In der Nachricht aus dem Waisenhaus heißt es: "Wir trauern, aber wir wissen auch, wohin Diola geht. Zurückkommen wird sie nicht, aber wir sind gewiss, dass wir sie einst im Himmel wiedertreffen werden. Möge ihre Seele in Frieden ruhen. - Bitte betet für uns."
2008/12/29
Regen bringt nicht nur Segen
Weihnachten ist dieses Jahr regelrecht ins Wasser gefallen, jedenfalls in unserer Gegend. Am Heiligabend fing es an, heftig zu regnen. Und es hörte nicht auf, bis Weihnachten vorbei war. Wie schon geschrieben: gerade mal ein Dutzend Leute waren im Weihnachtsgottesdienst, der Rest der Gemeinde auf dem Feld. – Die Leute warten auf den Regen. Und er ist ja auch nötig! Doch wie so oft in Mosambik: Es regnete ohne Maß! Gott sei Dank, es waren nur drei Tage. Doch während dieser drei Regentage entstanden Schäden, die zu reparieren es wohl lange Zeit dauern wird.
Unsere Sandpiste an die Hauptstraße, zum Beispiel, ist stark in Mitleidenschaft gezogen. Brauchten wir normalerweise etwa 20 Minuten für die Strecke, dauert es jetzt vielleicht doppelt so lang. An drei Stellen wurde die Straße regelrecht weggespült. Auch andere, besser befestigte Straßen wurden unterspült und brachen weg.
Viele Häuser haben undichte Dächer, unseres auch. Hässliche Flecken an der Zimmerdecke sind da noch das geringste Übel. Besonders durch die Strohhütten im unteren Teil des Dorfes strömte der mit Schwemmsand vermischte Regen regelrecht hindurch. Die Quelle 20 Minuten Fußweg außerhalb des Dorfes ist komplett mit Sand zugespült. Bloß gut, dass viele, die sonst dort Wasser holen, durch den reichlichen Regen ihre Zisternen füllen konnten.
Inzwischen sind die Regenwolken weiter gezogen und der Himmel ist wieder blau. Heute waren wir am Strand, zum Glück kamen wir mal wieder aus Cambine raus. Es ist ja ganz schön hier, aber wenn man zwei Besucher aus Deutschland im Hause hat, dann ist die Dorfansicht durchs Zimmerfenster auf Dauer ein zu eintöniges Programm. - Regen bringt eben nicht nur Segen.
Unsere Sandpiste an die Hauptstraße, zum Beispiel, ist stark in Mitleidenschaft gezogen. Brauchten wir normalerweise etwa 20 Minuten für die Strecke, dauert es jetzt vielleicht doppelt so lang. An drei Stellen wurde die Straße regelrecht weggespült. Auch andere, besser befestigte Straßen wurden unterspült und brachen weg.
Viele Häuser haben undichte Dächer, unseres auch. Hässliche Flecken an der Zimmerdecke sind da noch das geringste Übel. Besonders durch die Strohhütten im unteren Teil des Dorfes strömte der mit Schwemmsand vermischte Regen regelrecht hindurch. Die Quelle 20 Minuten Fußweg außerhalb des Dorfes ist komplett mit Sand zugespült. Bloß gut, dass viele, die sonst dort Wasser holen, durch den reichlichen Regen ihre Zisternen füllen konnten.
Inzwischen sind die Regenwolken weiter gezogen und der Himmel ist wieder blau. Heute waren wir am Strand, zum Glück kamen wir mal wieder aus Cambine raus. Es ist ja ganz schön hier, aber wenn man zwei Besucher aus Deutschland im Hause hat, dann ist die Dorfansicht durchs Zimmerfenster auf Dauer ein zu eintöniges Programm. - Regen bringt eben nicht nur Segen.
2008/12/26
Der Hase hat überlebt
Weihnachten 2008. Was war da gewesen? – Eigentlich nicht viel. Die Christvesper an Heiligabend stand für 16 Uhr im Plan, fand dann aber 20 Uhr statt. Da gingen wir nicht hin. Um diese Zeit das Haus allein zu lassen, das erschien uns in diesen Tagen zu riskant. Zu viele Langfinger sind unterwegs.
Für das Weihnachtsessen hatten wir bei Dieudonné einen Hasen bestellt. Als ich am vormittags nachfragte, meinte er nur, er habe den Hasen für uns. Nur: er lebt noch! Und da wir auf die Schnelle niemanden fanden, der ihn schlachten könnte, hat er Weihnachten überlebt. Natürlich waren wir nicht begeistert. Doch auch bei Dieudonnés Landwirtschaftsprojekt war eingebrochen worden. Deshalb hatte er wohl anderes zu tun als unseren Hasen schlachten zu lassen...
Bescherung: Das war schön! So viele schöne Dinge von so vielen lieben Menschen, die uns grüßten und uns damit zeigten, dass sie an uns dachten. Herzlichen Dank an euch alle. Zunächst mal so allgemein auf diesem Weg. Später dann auch noch mal persönlicher.
Kaum hatten wir alle Geschenke ausgepackt, klopfte es an der Tür. Draußen stand ein fremder Mann. Ich hatte ihn in Cambine noch nie gesehen. Er sei gerade mit dem Chapa angekommen. Er wolle Sachen bei uns abstellen. Sein Weg nach Hause sei noch weit und er könne nicht alles mit einem mal nach Haus tragen. Plötzlich war Senhor Mauricio da. Er machte die Runde durchs Dorf, um zu sehen, ob alles in Ordnung sei. Da sah er den Fremden an unserer Tür. Wir notierten seine Telefonnummer und er stellt einen Sack Reis und einen Sack Kokosnüsse bei uns ab. Morgen früh, sagte er, will ich ihn abholen. Er holte ihn noch am gleichen Abend ab. Drei junge Leute aus seiner Familie kamen ihm entgegen. Sie trugen die Säcke nach Hause. Die Frauen die schwereren, die Männer den Rest.
Am nächsten Morgen gingen wir auf neun Uhr zum Weihnachtsgottesdienst. Die Kirche war so gut wie leer. Im Alterraum stand ein Tisch, darauf ein Fernseher. Es lief ein Video mit südafrikanischer Gospelmusik. Einige Gemeindeglieder kamen noch. Als der Gottesdienst begann, waren wir zwölf, am Schluss vielleicht fünfzehn. Nein, Weihnachtsfreude kam so nicht auf. Schade.
Später am Tag fragte ich Senhor Mauricio, wo denn die Gemeinde gewesen sei. In Deutschland sei Weihnachten die einzige Zeit im Jahr, in der die Kirchen voll seien. Und hier war gähnende Leere. Er lachte nur und verwies auf das Wetter. Nach Tagen brütender Hitze hatte es endlich angefangen zu regnen. Die Leute warten auf den Regen, sagte er. Und wenn der Regen kommt, dann gehen sie aufs Feld. Da kann es Sonntag sein oder Weihnachten oder Neujahr. Das Feld hat Vorrang. Auf das, was dort wächst, sind die Menschen, wie es scheint, mehr angewiesen als auf den Gottesdienst am Weihnachtstag. Als der Gottesdienst zu Ende war, goss es in Strömen. Wir warteten. Der Regen ließ nicht nach. Die Gemeindeglieder bleiben einfach sitzen. Eine Frau schlief in der Bank sitzend ein. Wir gingen. Als wir zu hause ankamen, waren wir durchnässt.
Wenigstens das Weihnachtsoratorium hörten wir dann noch. Und die Weihnachtsgeschichte nach Lukas. Und eine Besinnung zur Christvesper las ich, die wir per Mail erhielten. Gut, dass wir das alles tun konnten.
Als der Regen nachließ, besuchten wir die Kinder im Waisenhaus. Kleine Geschenke hatten wir vorbereitet. Ein Paar Flipflops für jeden, einen Lolli, dazu selbstgebastelte Sterne von den Kindern und Jugendlichen aus Mareis Praktikumsgemeinden.
Mit der Verteilung klappte es nicht so gut. Von manchen Größen hatten wir zu viele, von anderen zu wenig. Aber das werden wir noch korrigieren! Jedenfalls hier war die Freude groß.
Nun ist Weihnachten vorbei. Einen zweiten Feiertag gibt es in Mosambik offiziell nicht. Noch immer ist das Wetter so, dass man keinen Hund vor die Tür jagen möchte. Erst wegen der Hitze (selbst im Zimmer hatten wir 36°!), und nun wegen des Regens. Aber wir lassen uns nicht unterkriegen! Heute werden wir das Haus verlassen. Auch ohne Hund.
Für das Weihnachtsessen hatten wir bei Dieudonné einen Hasen bestellt. Als ich am vormittags nachfragte, meinte er nur, er habe den Hasen für uns. Nur: er lebt noch! Und da wir auf die Schnelle niemanden fanden, der ihn schlachten könnte, hat er Weihnachten überlebt. Natürlich waren wir nicht begeistert. Doch auch bei Dieudonnés Landwirtschaftsprojekt war eingebrochen worden. Deshalb hatte er wohl anderes zu tun als unseren Hasen schlachten zu lassen...
Bescherung: Das war schön! So viele schöne Dinge von so vielen lieben Menschen, die uns grüßten und uns damit zeigten, dass sie an uns dachten. Herzlichen Dank an euch alle. Zunächst mal so allgemein auf diesem Weg. Später dann auch noch mal persönlicher.
Kaum hatten wir alle Geschenke ausgepackt, klopfte es an der Tür. Draußen stand ein fremder Mann. Ich hatte ihn in Cambine noch nie gesehen. Er sei gerade mit dem Chapa angekommen. Er wolle Sachen bei uns abstellen. Sein Weg nach Hause sei noch weit und er könne nicht alles mit einem mal nach Haus tragen. Plötzlich war Senhor Mauricio da. Er machte die Runde durchs Dorf, um zu sehen, ob alles in Ordnung sei. Da sah er den Fremden an unserer Tür. Wir notierten seine Telefonnummer und er stellt einen Sack Reis und einen Sack Kokosnüsse bei uns ab. Morgen früh, sagte er, will ich ihn abholen. Er holte ihn noch am gleichen Abend ab. Drei junge Leute aus seiner Familie kamen ihm entgegen. Sie trugen die Säcke nach Hause. Die Frauen die schwereren, die Männer den Rest.
Am nächsten Morgen gingen wir auf neun Uhr zum Weihnachtsgottesdienst. Die Kirche war so gut wie leer. Im Alterraum stand ein Tisch, darauf ein Fernseher. Es lief ein Video mit südafrikanischer Gospelmusik. Einige Gemeindeglieder kamen noch. Als der Gottesdienst begann, waren wir zwölf, am Schluss vielleicht fünfzehn. Nein, Weihnachtsfreude kam so nicht auf. Schade.
Später am Tag fragte ich Senhor Mauricio, wo denn die Gemeinde gewesen sei. In Deutschland sei Weihnachten die einzige Zeit im Jahr, in der die Kirchen voll seien. Und hier war gähnende Leere. Er lachte nur und verwies auf das Wetter. Nach Tagen brütender Hitze hatte es endlich angefangen zu regnen. Die Leute warten auf den Regen, sagte er. Und wenn der Regen kommt, dann gehen sie aufs Feld. Da kann es Sonntag sein oder Weihnachten oder Neujahr. Das Feld hat Vorrang. Auf das, was dort wächst, sind die Menschen, wie es scheint, mehr angewiesen als auf den Gottesdienst am Weihnachtstag. Als der Gottesdienst zu Ende war, goss es in Strömen. Wir warteten. Der Regen ließ nicht nach. Die Gemeindeglieder bleiben einfach sitzen. Eine Frau schlief in der Bank sitzend ein. Wir gingen. Als wir zu hause ankamen, waren wir durchnässt.
Wenigstens das Weihnachtsoratorium hörten wir dann noch. Und die Weihnachtsgeschichte nach Lukas. Und eine Besinnung zur Christvesper las ich, die wir per Mail erhielten. Gut, dass wir das alles tun konnten.
Als der Regen nachließ, besuchten wir die Kinder im Waisenhaus. Kleine Geschenke hatten wir vorbereitet. Ein Paar Flipflops für jeden, einen Lolli, dazu selbstgebastelte Sterne von den Kindern und Jugendlichen aus Mareis Praktikumsgemeinden.
Mit der Verteilung klappte es nicht so gut. Von manchen Größen hatten wir zu viele, von anderen zu wenig. Aber das werden wir noch korrigieren! Jedenfalls hier war die Freude groß.
Nun ist Weihnachten vorbei. Einen zweiten Feiertag gibt es in Mosambik offiziell nicht. Noch immer ist das Wetter so, dass man keinen Hund vor die Tür jagen möchte. Erst wegen der Hitze (selbst im Zimmer hatten wir 36°!), und nun wegen des Regens. Aber wir lassen uns nicht unterkriegen! Heute werden wir das Haus verlassen. Auch ohne Hund.
2008/12/23
23.12. - Lauras Zukunft
Heute morgen hat uns Laura besucht. Bis vor kurzem war sie Studentin im vierten Studienjahr am Theologischen Seminar in Cambine. Seit letzten Sonntag, 4. Advent, ist sie nun offiziell Pastorin der Igreja Metodista Unida de Moçambique. Das ist eigentlich ein Grund, froh und dankbar zu sein, denn schließlich bedeutet das Festanstellung auf lange Zeit. Wer hat das schon in diesem armen Land? Doch man sieht ihr an, dass sie nicht glücklich ist. Und ich kann sehr gut verstehen warum.
Pastorinnen und Pastoren der methodistischen Kirche bewerben sich nicht um eine Gemeinde. Sie suchen sie sich nicht aus. Sie erhalten eine Dienstzuweisung. Das heißt, die Kirchenleitung sendet sie für eine gewisse Zeit an einen bestimmten Ort. Dort werden sie dann mit ihren Familien leben und arbeiten. Kann es bei so einer Praxis „Gerechtigkeit“ geben? Wohl nicht. Wie sollte die denn aussehen? Allenfalls kann die Kirche versuchen, die unterschiedlichen Lebensbedingungen an den verschiedenen Orten, so gut es eben geht, auf ein ähnliches Niveau zu bringen. Doch wie soll das gehen in einem Land wie Mosambik?
Das Dorf, in dem Laura die nächsten Jahre leben wird, liegt mitten im Busch. Von der Hauptstraße trennen es 33 Kilometer Piste. Bis in dieses Hinterland reicht kein Mobilfunknetz. Das heißt, sie ist dort praktisch von jeder überregionalen Kommunikation abgeschnitten. Die Verkehrsverbindung ist schwierig. Pro Tag fährt ein Chapa in die Stadt. Erst am Abend kommt es zurück. Wer krank ist, sollte dieses Auto erwischen, denn auch die nächste Gesundheitsstation befindet sich in der Stadt. Elektrischen Strom gibt es auf diesem Dorf nicht. Bis zur Wasserstelle sind es zwei Kilometer Weg. Laura hat eine vierzehnjährige Tochter. Sie lebte die vergangenen Jahre in Maputo im Haus eines Onkels. Jetzt wird sie mit ihrer Mutter in den Busch ziehen. Aus der Hauptstadt in den Busch! Auch sie ist darüber nicht glücklich. Für sie bedeutet der Wechsel vor allem, dass sie täglich vier Stunden Schulweg vor sich hat, morgens zwei Stunden hin und in der glühenden Mittagshitze zwei Stunden zurück...
Wie viel Zeit werden Laura und ihre Tochter zur Verfügung haben, um ihr Leben zu organisieren? Wasserholen, Feldarbeit, Brennholz organisieren, Essen bereiten... Wie viele Stunden wird sie täglich benötigen, um ihre Arbeit zu tun? Hausbesuche, Beerdigungen, Gottesdienste vorbereiten... Oder wird ihre Gemeindearbeit zuerst darin bestehen, dass sie sich auf die Lebensbedingungen ihrer Gemeindeglieder einlässt, dass sie auf diese Weise deren Leben teilt? Sie sagt, sie wird sich darauf einlassen. Das sei für sie klar. Doch wird sie damit zurecht kommen? Noch ein, zwei andere Absolventen ihres Jahrgangs werden an Orte kommen, in denen sie ähnlich schwierige Lebensbedingungen vorfinden werden. Andere wurden in eher städtisches Umfeld versetzt. Deren Leben wird wesentlich einfacher sein. Um über solchen Unterschieden nicht bitter zu werden, braucht es gehörig viel persönliche Stärke. Und Vertrauen. Laura sagt: Gott ist Vater. Und er wird wissen, was ich benötige.
Pastorinnen und Pastoren der methodistischen Kirche bewerben sich nicht um eine Gemeinde. Sie suchen sie sich nicht aus. Sie erhalten eine Dienstzuweisung. Das heißt, die Kirchenleitung sendet sie für eine gewisse Zeit an einen bestimmten Ort. Dort werden sie dann mit ihren Familien leben und arbeiten. Kann es bei so einer Praxis „Gerechtigkeit“ geben? Wohl nicht. Wie sollte die denn aussehen? Allenfalls kann die Kirche versuchen, die unterschiedlichen Lebensbedingungen an den verschiedenen Orten, so gut es eben geht, auf ein ähnliches Niveau zu bringen. Doch wie soll das gehen in einem Land wie Mosambik?
Das Dorf, in dem Laura die nächsten Jahre leben wird, liegt mitten im Busch. Von der Hauptstraße trennen es 33 Kilometer Piste. Bis in dieses Hinterland reicht kein Mobilfunknetz. Das heißt, sie ist dort praktisch von jeder überregionalen Kommunikation abgeschnitten. Die Verkehrsverbindung ist schwierig. Pro Tag fährt ein Chapa in die Stadt. Erst am Abend kommt es zurück. Wer krank ist, sollte dieses Auto erwischen, denn auch die nächste Gesundheitsstation befindet sich in der Stadt. Elektrischen Strom gibt es auf diesem Dorf nicht. Bis zur Wasserstelle sind es zwei Kilometer Weg. Laura hat eine vierzehnjährige Tochter. Sie lebte die vergangenen Jahre in Maputo im Haus eines Onkels. Jetzt wird sie mit ihrer Mutter in den Busch ziehen. Aus der Hauptstadt in den Busch! Auch sie ist darüber nicht glücklich. Für sie bedeutet der Wechsel vor allem, dass sie täglich vier Stunden Schulweg vor sich hat, morgens zwei Stunden hin und in der glühenden Mittagshitze zwei Stunden zurück...
Wie viel Zeit werden Laura und ihre Tochter zur Verfügung haben, um ihr Leben zu organisieren? Wasserholen, Feldarbeit, Brennholz organisieren, Essen bereiten... Wie viele Stunden wird sie täglich benötigen, um ihre Arbeit zu tun? Hausbesuche, Beerdigungen, Gottesdienste vorbereiten... Oder wird ihre Gemeindearbeit zuerst darin bestehen, dass sie sich auf die Lebensbedingungen ihrer Gemeindeglieder einlässt, dass sie auf diese Weise deren Leben teilt? Sie sagt, sie wird sich darauf einlassen. Das sei für sie klar. Doch wird sie damit zurecht kommen? Noch ein, zwei andere Absolventen ihres Jahrgangs werden an Orte kommen, in denen sie ähnlich schwierige Lebensbedingungen vorfinden werden. Andere wurden in eher städtisches Umfeld versetzt. Deren Leben wird wesentlich einfacher sein. Um über solchen Unterschieden nicht bitter zu werden, braucht es gehörig viel persönliche Stärke. Und Vertrauen. Laura sagt: Gott ist Vater. Und er wird wissen, was ich benötige.
2008/12/20
20. Dezember – Fensterchen öffnen
In den Wochen vor Weihnachten hängen in vielen Wohnungen Adventskalender. Kinder und Erwachsene lieben es, die am jeweiligen Tag die mit dem passenden Datum versehenen Fenster oder Türchen zu öffnen. Dahinter finden sie dann ein Bildchen oder Schokolade.
Bei uns wurde gestern auch ein Fensterchen geöffnet – das zum Gästezimmer. Und zwar von außen, um an die Brieftasche heranzukommen, die nicht weit genug vom Fenster entfernt lag. Viele Euros fand der ungebetene Besucher. Seine Augen werden geglänzt haben. Für Weihnachten hat er nun ausgesorgt. Gott sei Dank, die restlichen Sachen in der Brieftasche ließ er zurück. Nur wir haben jetzt den Ärger. - Natürlich, wir hätten besser aufpassen müssen. Trotzdem, die Klauerei hier auf dem Dorf ist ärgerlich! Oder war vielleicht Robin Hood am Werk? Oder Karl Stülpner? Und das bei den reichen Europäern erbeutete Geld wurde längst an die Armen verteilt? Das mag glauben, wer will. Ich nicht.
Und doch wird dieses Denken eine Rolle gespielt haben: Die haben’s ja. Und ich habe nichts. Also darf ich mir nehmen, was sich mir bietet. Die Meinungen darüber werden auseinander gehen, je nachdem ob ich mich zu den Armen oder zu den Reichen zähle.
Doch auch wenn es irgendwann einmal keine Armut mehr geben sollte, wäre das Problem des Mehr-Haben-Wollens nicht gelöst. Daran erinnert uns schon das Märchen vom Fischer und seiner Frau. Wie also können wir miteinander leben als Ärmere und Reichere? Und wie können wir dafür sorgen, dass jeder findet, was er zum Leben braucht – ohne dass er andere bestiehlt? Müssen wir weiter träumen? Oder gibt es realistische Möglichkeiten zu handeln? Im Moment weiß ich keine Antwort.
Bei uns wurde gestern auch ein Fensterchen geöffnet – das zum Gästezimmer. Und zwar von außen, um an die Brieftasche heranzukommen, die nicht weit genug vom Fenster entfernt lag. Viele Euros fand der ungebetene Besucher. Seine Augen werden geglänzt haben. Für Weihnachten hat er nun ausgesorgt. Gott sei Dank, die restlichen Sachen in der Brieftasche ließ er zurück. Nur wir haben jetzt den Ärger. - Natürlich, wir hätten besser aufpassen müssen. Trotzdem, die Klauerei hier auf dem Dorf ist ärgerlich! Oder war vielleicht Robin Hood am Werk? Oder Karl Stülpner? Und das bei den reichen Europäern erbeutete Geld wurde längst an die Armen verteilt? Das mag glauben, wer will. Ich nicht.
Und doch wird dieses Denken eine Rolle gespielt haben: Die haben’s ja. Und ich habe nichts. Also darf ich mir nehmen, was sich mir bietet. Die Meinungen darüber werden auseinander gehen, je nachdem ob ich mich zu den Armen oder zu den Reichen zähle.
Doch auch wenn es irgendwann einmal keine Armut mehr geben sollte, wäre das Problem des Mehr-Haben-Wollens nicht gelöst. Daran erinnert uns schon das Märchen vom Fischer und seiner Frau. Wie also können wir miteinander leben als Ärmere und Reichere? Und wie können wir dafür sorgen, dass jeder findet, was er zum Leben braucht – ohne dass er andere bestiehlt? Müssen wir weiter träumen? Oder gibt es realistische Möglichkeiten zu handeln? Im Moment weiß ich keine Antwort.
2008/12/19
17. – 19. Dezember 2008 - erwartete Ankunft
Am Mittwoch früh um fünf brachen wir auf. Wieder mal nach Maputo. Das Auto wie immer voll besetzt. Zwei junge und zwei kleine Mädchen waren unsere Fahrgäste. Weihnachten und Jahreswechsel zu hause im Busch bei Mutti? Das kommt nicht in Frage! Nur wenn es gar nicht anders geht... In diesem Jahr geht es anders und die Mädchenaugen strahlen, denn sie werden die Feiertage in der Hauptstadt verbringen!
Dass wir nach Maputo fahren, um unsere Kinder abzuholen, die extra von Deutschland kommen, um mit Mutti im Busch Weihnachten und Jahreswechsel zu feiern, können sie schon irgendwie verstehen. Aber eigentlich doch nicht.
Am nächsten Morgen frühzeitig zum Flughafen. Ausgeschrieben ist die Ankunft für 6:55 Uhr. Es ist gerade 6:55 Uhr. Da springt die Anzeige: eine Stunde Verspätung. Warten. Warten. Gedanken melden sich: Es werden doch wohl keine ernsten Gründe sein? Ich sage mir: Angst hat man nur um die Menschen, die man liebt. Um den, der einem gleichgültig ist, macht man sich keine Sorgen.
Da taucht ein Licht am Himmel auf. Das Flugzeug aus Lissabon. Und tatsächlich steigen mit den vielen auch die beiden aus, auf die wir warten.
Endlich, nach einem anderthalben Jahr Wiedersehen mit Marei, nach einem Jahr Wiedersehen mit Markus. Freude und Dankbarkeit sind groß. Als die Beiden in Maputo ankommen, sind sie schon mehr als einen Tag unterwegs, von ihren Wohnorten ab gerechnet. Und 500 Kilometer Nationalstraße liegen noch vor ihnen. Doch diesmal, scheint es, kommen wir schneller voran. Es gibt soo viel zu erzählen. Und als Markus mit 70 statt 60 km/h gestoppt wird, hat sogar der Polizist ein Einsehen und wir dürfen einfach weiterfahren. Und übrigens: in Chicuque sei doch Jährliche Konferenz. Warum ich denn nicht dort sei? Bischof Machado sei heute hier auch schon durch gekommen. – Ob er auch zu schnell war? Ich werde ihn fragen.
Dass wir nach Maputo fahren, um unsere Kinder abzuholen, die extra von Deutschland kommen, um mit Mutti im Busch Weihnachten und Jahreswechsel zu feiern, können sie schon irgendwie verstehen. Aber eigentlich doch nicht.
Am nächsten Morgen frühzeitig zum Flughafen. Ausgeschrieben ist die Ankunft für 6:55 Uhr. Es ist gerade 6:55 Uhr. Da springt die Anzeige: eine Stunde Verspätung. Warten. Warten. Gedanken melden sich: Es werden doch wohl keine ernsten Gründe sein? Ich sage mir: Angst hat man nur um die Menschen, die man liebt. Um den, der einem gleichgültig ist, macht man sich keine Sorgen.
Da taucht ein Licht am Himmel auf. Das Flugzeug aus Lissabon. Und tatsächlich steigen mit den vielen auch die beiden aus, auf die wir warten.
Endlich, nach einem anderthalben Jahr Wiedersehen mit Marei, nach einem Jahr Wiedersehen mit Markus. Freude und Dankbarkeit sind groß. Als die Beiden in Maputo ankommen, sind sie schon mehr als einen Tag unterwegs, von ihren Wohnorten ab gerechnet. Und 500 Kilometer Nationalstraße liegen noch vor ihnen. Doch diesmal, scheint es, kommen wir schneller voran. Es gibt soo viel zu erzählen. Und als Markus mit 70 statt 60 km/h gestoppt wird, hat sogar der Polizist ein Einsehen und wir dürfen einfach weiterfahren. Und übrigens: in Chicuque sei doch Jährliche Konferenz. Warum ich denn nicht dort sei? Bischof Machado sei heute hier auch schon durch gekommen. – Ob er auch zu schnell war? Ich werde ihn fragen.
2008/12/16
Auf der Palme wird es eng
Woher ich das weiß? Ich war heute auf der Palme. Wie kam’s dazu? Mal wieder damit, dass wir nach Maxixe fuhren und unser Gärtner meinte: Meine Senhora will mit. Nun gut, wenn andere mitfahren, warum nicht die holde Gärtnersfrau mit dem kleinen Kind auf dem Rücken? Als wir abfuhren, war wie immer, jeder Platz im Auto besetzt. Soweit so gut. In Maxixe angekommen wurde klar, dass nicht die Gärtnersfrau nach Maxixe wollte, sondern der Gärtner hatte sie geschickt, um einzukaufen: vier Säcke Mehl und einen Sack Reis, jeweils á 50 Kilo. Der Gärtner ist nämlich auch Bäcker. Und wie es scheint, ist er das im Hauptberuf. Warum sonst braucht er sonst soviel Mehl? 250 Kilo mal so schnell mitbringen, ohne vorher auch nur ein Wort darüber zu verlieren. Und natürlich auch möglichst ohne Transportkosten! Doch wir selber hatten auch noch Einkäufe zu tätigen und die anderen Mitfahrer auch. Ich hatte Mühe, nicht aus der Rolle zu fallen. Bedauerlich ist, dass die Frau meinen ersten Frust abbekam, der doch eigentlich ihren Gärtner-Bäcker-Gatten galt. Doch nahm ich mir vor, auch mit ihm noch Klartext zu reden. Als ich auf sein Grundstück fahre und Männer die Säcke ausladen, suche ich den Gärtner-Bäcker. Er ist nicht dabei. Wo er denn ist, will ich wissen. Er sei grade nicht da, sagt man mir. Er sei im Moment auf der Palme. Kokosnüsse ernten! – Aha. Es wird eng auf der Palme. Und Klartext werden wir später reden müssen. Aber wirklich!
2008/12/14
3. Advent - wie die Christstollen
Die einzige nennenswerte Leistung, die wir heute vollbracht haben, war der morgendliche Gottesdienstbesuch in Chicuque. Der Rest war: HITZE! So ähnlich müssen sich Christstollen vorkommen, kurz bevor der Bäcker sie aus dem Ofen zieht...
Der Gottesdienst war angenehm kurz (grade mal drei Stunden) und als wir nach Cambine zurückfuhren, war es fast Mittag. Die Sonne stand senkrecht und die Menschen warfen ihren Schatten nur auf ihre Füße. Bald ist bei euch Wintersonnenwende, das heißt, dass die Sonne demnächst senkrecht über dem südlichen Wendekreis stehen wird, der etwa zehn Kilometer nördlich von hier verläuft.
Zwei Beobachtungen aus dem Gottesdienst, die die Kleiderordnung betreffen: Wer hat, trägt im Gottesdienst natürlich den Sonntagsstaat. Daran erkennt man die Wohlhabenderen. Die weniger Betuchten tragen schlicht die neusten, also die intaktesten Kleidungsstücke, die sie haben. Oft sind das getrackene Stücken aus Kleidersammlungen in Europa, gut gemeinte Spenden, die für wenig Geld weiterverkauft werden. Das wiederum verdirbt den Textilherstellern hier das Geschäft. Denn wer wenig hat, kauft nicht das Billige, sondern das Billigere. Oder man trägt Hemden mit Werbebotschaften. In Maxixe war neulich Bürgermeisterwahl. Als Wahlgeschenk verteilte der FRELIMO-Kanditat leuchtend gelbe T-Shirts mit seinem Bild und dem Aufruf, doch bitte wieder ihn zu wählen. - So kam es, dass einer der Chöre im Gottesdienst heute beinah komplett in den gelben Wahl-T-Shirts auftrat. Man stelle sich Vergleichbares in Deutschland vor...
Grotesk aber war ein anderes Kleidungsstück. Eine unserer Studentinnen, des Englischen offenbar nicht mächtig, trug ein T-Shirt mit der englischen Aufschrift: "Sorry, girls, I am gay!" - Leute, lernt Sprachen! Und zwar rechtzeitig.
Der Gottesdienst war angenehm kurz (grade mal drei Stunden) und als wir nach Cambine zurückfuhren, war es fast Mittag. Die Sonne stand senkrecht und die Menschen warfen ihren Schatten nur auf ihre Füße. Bald ist bei euch Wintersonnenwende, das heißt, dass die Sonne demnächst senkrecht über dem südlichen Wendekreis stehen wird, der etwa zehn Kilometer nördlich von hier verläuft.
Zwei Beobachtungen aus dem Gottesdienst, die die Kleiderordnung betreffen: Wer hat, trägt im Gottesdienst natürlich den Sonntagsstaat. Daran erkennt man die Wohlhabenderen. Die weniger Betuchten tragen schlicht die neusten, also die intaktesten Kleidungsstücke, die sie haben. Oft sind das getrackene Stücken aus Kleidersammlungen in Europa, gut gemeinte Spenden, die für wenig Geld weiterverkauft werden. Das wiederum verdirbt den Textilherstellern hier das Geschäft. Denn wer wenig hat, kauft nicht das Billige, sondern das Billigere. Oder man trägt Hemden mit Werbebotschaften. In Maxixe war neulich Bürgermeisterwahl. Als Wahlgeschenk verteilte der FRELIMO-Kanditat leuchtend gelbe T-Shirts mit seinem Bild und dem Aufruf, doch bitte wieder ihn zu wählen. - So kam es, dass einer der Chöre im Gottesdienst heute beinah komplett in den gelben Wahl-T-Shirts auftrat. Man stelle sich Vergleichbares in Deutschland vor...
Grotesk aber war ein anderes Kleidungsstück. Eine unserer Studentinnen, des Englischen offenbar nicht mächtig, trug ein T-Shirt mit der englischen Aufschrift: "Sorry, girls, I am gay!" - Leute, lernt Sprachen! Und zwar rechtzeitig.
2008/12/13
13. Dezember - money makes the world go round
Finanzkrise. Wirtschaftskrise. Hilfen für Banken oder die Not leidende Automobilindustrie. Seit Wochen bestimmen diese Stichworte die erste Meldung, die ich höre, wenn ich morgens auf Kurzwelle die Nachrichten aus Deutschland einstelle. Von zwei- und dreistelligen Milliardenbeträgen ist oft die Rede, die zu Hilfspaketen verschnürt unters Volk gebracht werden sollen. - Unters Volk? Das Volk kann zufrieden sein, wenn die Pakete helfen, dass es seinen Arbeitsplatz behält.
Ich kann mich zu Sinn oder Unsinn solcher Maßnahmen nicht äußern. Ich sage offen: Dafür verstehe ich zu wenig von der Sache. Auch ich bin einer der zahllosen finanz- und wirtschaftspolitischen Analphabeten, die es, wie mir scheint, nicht nur im ehemals planwirtschaftlichen Osten Deutschlands gibt. Ich glaube im Gegenteil, dass gerade diejenigen, die sich für Auskenner hielten, nun die am stärksten Geprellten sind.
Die Mahnung Tucholskys kommt mir in den Sinn: „Lass dir von keinem Fachmann imponieren, der dir erzählt: »Lieber Freund, das mache ich schon seit zwanzig Jahren so!« - Man kann eine Sache auch zwanzig Jahre lang falsch machen.“
Wir haben uns aber beeindrucken lassen. Kann es sein, dass auch wir in der Kirche meinten, genau zu wissen, was wir tun? Haben wir im Namen des Sachverstandes den Chancen und Gewinnmöglichkeiten des Finanzmarktes vertraut, ohne zu spüren, dass allein schon diese Worte verräterisch sind? Stammen sie nicht aus dem Vokabular des Glücksspielers?
Ich will nicht polemisieren. Ich weiß aus eigener alltäglicher Erfahrung, dass es immer etwas von Glücksspiel hat, wenn man Geld verleiht – egal ob an einen bittenden Nachbarn oder an eine Bank. Vielleicht befremdet mich gerade deshalb so sehr, was wir noch 2007 während der Ostdeutschen Jährlichen Konferenz erlebten. Der wohl durchdachte und gut begründete Antrag, einen Teil – des freilich nicht übermäßig großen – Vermögens der Kirche bei einer Bank für Mikrokredite anzulegen, wurde kurzerhand und ohne nennenswerte Begründung abgewiesen. Die Finanzfachleute sahen dazu keine Möglichkeit. Der einzige Verlust, der der Kirche dabei entstanden wäre, wäre eine etwas niedrigere Rendite gewesen. Ich hoffe, dass die derzeitige Krise keine höheren Verluste gebracht hat.
In der ZEIT erschien am 13. November 2008 ein Wirtschaftsteil spezial zum Thema Geld. Dort fand ich folgendes Beispiel aus Indonesien: Eine junge Frau hat gemeinsam mit ihrer Mutter einen Mikrokredit in Höhe von 65 Euro aufgenommen. Als die Mutter plötzlich stirbt, ist es ihr kaum noch möglich, den Kredit zurückzuzahlen und zugleich die Familie zu ernähren. Doch sie hatte für 1 Euro Jahresprämie eine Lebensversicherung abgeschlossen, die nun mit knapp 200 Euro einsprang und die restlichen Rückzahlungen, sowie die Beerdigungskosten übernahm. Dazu erhielt die Frau noch eine Summe, die sie in ihr Geschäft investierte. Damit konnte sie ihre Einnahmen spürbar verbessern und steht nun wirtschaftlich besser als vordem. Durch ein Hilfspaket von 200 Euro!
Solche Mikrofinanzierungen werden inzwischen von großen und kleinen, von privatwirtschaftlichen und gemeinnützigen Banken angeboten. Doch gerade die Gemeinnützigen erleben in den jetzigen Zeiten der Verunsicherung einen Zulauf wie kaum vorher. Gut so! Hilfe empfangen, wenn man sie braucht, ist die eine Seite. Helfen, wenn man es kann, ist die andere Seite der Medaille. Und beide gehören zusammen. Warum also nicht mal darüber nachdenken, das Geld auf der hohen Kante – auch wenn es nicht viel ist – anders zu sortieren als bisher. Denn zumindest bei Gott wird das Geld nicht nur gezählt, sondern gewogen. Und schon Jesus hat uns vorgerechnet, dass das Scherflein der armen Witwe mehr wiegt als die steuerlich absetzbare Großspende aus dem Überschuss eines Besserverdienenden.
PS: In diesem Zusammenhang interessant ist auch das aktuelle Dokument der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland „Grundsatzerklärung Neubesinnung im Umgang mit Geld angesichts der weltweiten Finanzkrise“, zu finden im Internet unter der Adresse:
http://www.emk.de/fileadmin/meldungen-zk-2008/pdf/Grundsatzerklaerung_Umgang_mit_Geld_01.pdf
Ich kann mich zu Sinn oder Unsinn solcher Maßnahmen nicht äußern. Ich sage offen: Dafür verstehe ich zu wenig von der Sache. Auch ich bin einer der zahllosen finanz- und wirtschaftspolitischen Analphabeten, die es, wie mir scheint, nicht nur im ehemals planwirtschaftlichen Osten Deutschlands gibt. Ich glaube im Gegenteil, dass gerade diejenigen, die sich für Auskenner hielten, nun die am stärksten Geprellten sind.
Die Mahnung Tucholskys kommt mir in den Sinn: „Lass dir von keinem Fachmann imponieren, der dir erzählt: »Lieber Freund, das mache ich schon seit zwanzig Jahren so!« - Man kann eine Sache auch zwanzig Jahre lang falsch machen.“
Wir haben uns aber beeindrucken lassen. Kann es sein, dass auch wir in der Kirche meinten, genau zu wissen, was wir tun? Haben wir im Namen des Sachverstandes den Chancen und Gewinnmöglichkeiten des Finanzmarktes vertraut, ohne zu spüren, dass allein schon diese Worte verräterisch sind? Stammen sie nicht aus dem Vokabular des Glücksspielers?
Ich will nicht polemisieren. Ich weiß aus eigener alltäglicher Erfahrung, dass es immer etwas von Glücksspiel hat, wenn man Geld verleiht – egal ob an einen bittenden Nachbarn oder an eine Bank. Vielleicht befremdet mich gerade deshalb so sehr, was wir noch 2007 während der Ostdeutschen Jährlichen Konferenz erlebten. Der wohl durchdachte und gut begründete Antrag, einen Teil – des freilich nicht übermäßig großen – Vermögens der Kirche bei einer Bank für Mikrokredite anzulegen, wurde kurzerhand und ohne nennenswerte Begründung abgewiesen. Die Finanzfachleute sahen dazu keine Möglichkeit. Der einzige Verlust, der der Kirche dabei entstanden wäre, wäre eine etwas niedrigere Rendite gewesen. Ich hoffe, dass die derzeitige Krise keine höheren Verluste gebracht hat.
In der ZEIT erschien am 13. November 2008 ein Wirtschaftsteil spezial zum Thema Geld. Dort fand ich folgendes Beispiel aus Indonesien: Eine junge Frau hat gemeinsam mit ihrer Mutter einen Mikrokredit in Höhe von 65 Euro aufgenommen. Als die Mutter plötzlich stirbt, ist es ihr kaum noch möglich, den Kredit zurückzuzahlen und zugleich die Familie zu ernähren. Doch sie hatte für 1 Euro Jahresprämie eine Lebensversicherung abgeschlossen, die nun mit knapp 200 Euro einsprang und die restlichen Rückzahlungen, sowie die Beerdigungskosten übernahm. Dazu erhielt die Frau noch eine Summe, die sie in ihr Geschäft investierte. Damit konnte sie ihre Einnahmen spürbar verbessern und steht nun wirtschaftlich besser als vordem. Durch ein Hilfspaket von 200 Euro!
Solche Mikrofinanzierungen werden inzwischen von großen und kleinen, von privatwirtschaftlichen und gemeinnützigen Banken angeboten. Doch gerade die Gemeinnützigen erleben in den jetzigen Zeiten der Verunsicherung einen Zulauf wie kaum vorher. Gut so! Hilfe empfangen, wenn man sie braucht, ist die eine Seite. Helfen, wenn man es kann, ist die andere Seite der Medaille. Und beide gehören zusammen. Warum also nicht mal darüber nachdenken, das Geld auf der hohen Kante – auch wenn es nicht viel ist – anders zu sortieren als bisher. Denn zumindest bei Gott wird das Geld nicht nur gezählt, sondern gewogen. Und schon Jesus hat uns vorgerechnet, dass das Scherflein der armen Witwe mehr wiegt als die steuerlich absetzbare Großspende aus dem Überschuss eines Besserverdienenden.
PS: In diesem Zusammenhang interessant ist auch das aktuelle Dokument der Evangelisch-methodistischen Kirche in Deutschland „Grundsatzerklärung Neubesinnung im Umgang mit Geld angesichts der weltweiten Finanzkrise“, zu finden im Internet unter der Adresse:
http://www.emk.de/fileadmin/meldungen-zk-2008/pdf/Grundsatzerklaerung_Umgang_mit_Geld_01.pdf
2008/12/12
10./11./12. Dezember – Sauna ohne Tauchbecken
Die vergangenen Tage habe ich schwitzend mit Fieber und Kopfschmerz im Bett verbracht. Der Grund dafür: Malaria. Doch hier wird jedes Unwohlsein Malaria genant, unabhängig davon, ob es wirklich eine ist oder nicht. Agente Jorgio, der Leiter der Gesundheitsstation, der uns gestern abend besuchte, meinte auch, wesentliche Symptome einer Malaria würden fehlen. Ich werde mir wohl eine typische Klimaanlagen-Erkältung eingefangen haben.
Doch was soll man tun? Wenn es draußen 35° hat und das Auto in der Sonne steht und aufgeheizt ist wie eine Saunakabine – und kein Tauchbecken ist in Sicht? Irgendwie muss man die Hitze doch kalt machen... oder wenigstens kühl. Im Vergleich zu anderen Autos, in denen wir mitfahren durften, sind wir schon vorsichtig und sparsam im Einsatz der Klimaanlage und trotzdem hat es wohl gereicht. – Heute geht es wieder besser und morgen ist es – hoffentlich – wieder gut.
Übrigens, kennt ihr die Bedeutung des Wortes Malaria? Eigentlich naheliegend, aber ich weiß es auch erst seit Claudia Tropenkurs letztes Jahr. Das Wort ist eine lateinische Bildung, „mal“ heißt „schlecht“ und „aria“ hat hier nichts mit Musik zu tun, sondern heißt „Luft“ – „schlechte Luft“. Als man noch nichts davon ahnte, dass Moskitos die Krankheitserreger durch Stechen übertragen, meinte man, schlechte Luft sei die Ursache. So kam die Krankheit zu ihrem Namen. (Mehr dazu siehe auch unter http://www.emkweltmission.de/netze-retten-leben.html)
Nebenbei: Es ist Mittagszeit, die Sonne brennt vom Himmel und vor meinem Fenster läuft gerade ein vielleicht zehnjähriges Mädchen vorbei, auf dem Kopf trägt es – sozusagen als Schutz vor der Sonne – einen 25-Kilo-Sack Reis.
Doch was soll man tun? Wenn es draußen 35° hat und das Auto in der Sonne steht und aufgeheizt ist wie eine Saunakabine – und kein Tauchbecken ist in Sicht? Irgendwie muss man die Hitze doch kalt machen... oder wenigstens kühl. Im Vergleich zu anderen Autos, in denen wir mitfahren durften, sind wir schon vorsichtig und sparsam im Einsatz der Klimaanlage und trotzdem hat es wohl gereicht. – Heute geht es wieder besser und morgen ist es – hoffentlich – wieder gut.
Übrigens, kennt ihr die Bedeutung des Wortes Malaria? Eigentlich naheliegend, aber ich weiß es auch erst seit Claudia Tropenkurs letztes Jahr. Das Wort ist eine lateinische Bildung, „mal“ heißt „schlecht“ und „aria“ hat hier nichts mit Musik zu tun, sondern heißt „Luft“ – „schlechte Luft“. Als man noch nichts davon ahnte, dass Moskitos die Krankheitserreger durch Stechen übertragen, meinte man, schlechte Luft sei die Ursache. So kam die Krankheit zu ihrem Namen. (Mehr dazu siehe auch unter http://www.emkweltmission.de/netze-retten-leben.html)
Nebenbei: Es ist Mittagszeit, die Sonne brennt vom Himmel und vor meinem Fenster läuft gerade ein vielleicht zehnjähriges Mädchen vorbei, auf dem Kopf trägt es – sozusagen als Schutz vor der Sonne – einen 25-Kilo-Sack Reis.
2008/12/09
9. Dezember - Wie geht ihr mit Bettlern um?
In Maxixe, so scheint mir, werden jetzt vor Weihnachten die Bettler immer mehr. Das sind die, die immer schon da sind: der Blinde zum Beispiel, von dem man uns sagte, dass er gar nicht blind sei. Oder der junge Mann, der immer halb nackt durch die Gegend läuft. Doch seit kurzem sind da auch andere, Straßenhändler zum Beispiel, die einen anbetteln, wenn man ihnen nichts abkauft.
Manchmal gebe ich was, manchmal nicht. Heute habe ich einen Händler weggeschickt, der Geld für Trinkwasser erbetteln wollte. Ich sagte ihm die Wahrheit: Du bist nicht der erste, der heute von mir Geld möchte. Ich kann nicht allen helfen! - Darf ich das? Oder ist das zynisch, wenn ich danach über die Straße gehe und im Supermarkt mehr Geld ausgebe als er vielleicht in einem halben Jahr in Händen hat?
Eine immer richtige Antwort wird es auf diese Frage wohl nicht geben. Denn soviel ich auch gebe und leihe und helfe, ich werde die Armut nicht aus der Welt schaffen. Das sagt mein Verstand. Und ich weiß, er hat recht. Und doch bleibtr am Ende ein Fragezeichen.
Manchmal gebe ich was, manchmal nicht. Heute habe ich einen Händler weggeschickt, der Geld für Trinkwasser erbetteln wollte. Ich sagte ihm die Wahrheit: Du bist nicht der erste, der heute von mir Geld möchte. Ich kann nicht allen helfen! - Darf ich das? Oder ist das zynisch, wenn ich danach über die Straße gehe und im Supermarkt mehr Geld ausgebe als er vielleicht in einem halben Jahr in Händen hat?
Eine immer richtige Antwort wird es auf diese Frage wohl nicht geben. Denn soviel ich auch gebe und leihe und helfe, ich werde die Armut nicht aus der Welt schaffen. Das sagt mein Verstand. Und ich weiß, er hat recht. Und doch bleibtr am Ende ein Fragezeichen.
8. Dezember – Verloren?
Heute Mittag kam Claudia vom Dienst zurück - und war fassungslos. Ich muss dir was erzählen, kam sie ins Arbeitszimmer, wo ich am Tisch saß und meinen Unterricht überarbeitete. „Stell dir vor,“ sagte sie, „bei mir war heute eine Frau mit ihrem vielleicht zweijährigen Sohn. Mutter und Kind waren ganz und gar unaufgeregt. Sie wollte nur die Praxisgebühr bezahlen. Dann kam Jorgio, unser Chef, zur Tür herein. Das Kind sah den Mann und begann panisch zu schreien. Ich dachte erst, das Kind hätte Angst vor Jorgio. Das kann ja sein. Als Behandler muss man den Kleinen ja auch manchmal weh tun. Und manche Kinder vergessen das nie mehr. Aber was dann die Mutter zu ihrem Kind sagte, das hat mich tief erschreckt: Brauchst keine Angst haben, Kind, das ist doch nicht dein Vater. Auch das sagte sie ganz unaufgeregt, so als würde sie den Abgrund gar nicht spüren, der sich in ihren Worten auftat. Und vielleicht war sie sich ihm auch wirklich nicht bewusst.“
Ich weiß, so etwas gibt es nicht nur in Afrika. Dieses Elend existiert weltweit. Trotzdem müssen wir immer wieder an die beiden denken. Was mag an Leiden hinter dieser kurzen Begegnung stehen? Wir wissen es nicht.
An den verlorenen Sohn im Gleichnis (Lukasevangelium Kapitel 15) muss ich denken. Als er am Tiefpunkt seines Lebens angelangt war und Hunger und Elend litt, ging er in sich, heißt es. Und dabei keimte in ihm der Gedanke: Ich gehe zurück zu meinem Vater. Selbst wenn ich nicht mehr Sohn sein darf. Noch als Haussklave geht es mir bei ihm besser als hier. -Glücklicher verlorener Sohn! Er wusste, an wen er sich wenden konnte. Doch wohin wird dieser kleine mosambikanische Junge einmal gehen, wenn er einen Vater braucht?
Ich weiß, so etwas gibt es nicht nur in Afrika. Dieses Elend existiert weltweit. Trotzdem müssen wir immer wieder an die beiden denken. Was mag an Leiden hinter dieser kurzen Begegnung stehen? Wir wissen es nicht.
An den verlorenen Sohn im Gleichnis (Lukasevangelium Kapitel 15) muss ich denken. Als er am Tiefpunkt seines Lebens angelangt war und Hunger und Elend litt, ging er in sich, heißt es. Und dabei keimte in ihm der Gedanke: Ich gehe zurück zu meinem Vater. Selbst wenn ich nicht mehr Sohn sein darf. Noch als Haussklave geht es mir bei ihm besser als hier. -Glücklicher verlorener Sohn! Er wusste, an wen er sich wenden konnte. Doch wohin wird dieser kleine mosambikanische Junge einmal gehen, wenn er einen Vater braucht?
7. Dezember – Das große Fest
Das war es nun also, das große Fest der Graduation. Zehn Studienabgänger und vielleicht 350 Gäste. Wenigstens waren es nicht 500, wie zunächst erwartet. Um ehrlich zu sein: Die Feier hat mich in meiner Skepsis bestärkt.
Das liegt nicht daran, dass ich die Freude und den Stolz über ein abgeschlossenes Studium schmälern möchte. Auch kann ich verstehen, dass zehn junge Menschen, die in den vergangenen vier Jahren miteinander Schönes und Schweres erlebt haben, nun wo sich ihre Wege trennen werden, Abschied feiern wollen. Nur wenige Tage noch und sie erhalten die erste Dienstzuweisung, die sie im weiten Land verteilen wird. Selbst dass neben dem Gottesdienst gutes und reichliches Essen der Mittelpunkt des Festes ist, kann ich nachvollziehen. Richtig gut essen, richtig satt werden – das können hier viele nur, wenn ein Fest gefeiert wird. Hat man es selber auszurichten, scheut man weder Kosten noch Mühen, selbst wenn man dabei in die Gefahr gerät, weit über seine Verhältnisse zu leben.
Aber wie gesagt, das alles ist nicht der Grund meiner Skepsis. Ich misstraue vielmehr der Haltung, in der man hier in der Kirche uns Pastoren begegnet. Und die manche – wie mir scheint – nur zu gerne übernehmen. Schon Studenten im ersten Studienjahr werden als Pastoren bezeichnet und behandelt. In Gottesdiensten sitzen wir Würdenträger, getrennt von Familie und übriger Gemeinde ganz vorn rechts auf den besten Plätzen. Beim Essen nach dem Gottesdienst dürfen, nein, müssen wir unter das Sonnendach an den Tisch (gut, dafür bin ich dankbar!), während das Kirchenvolk unterm Baum auf dem Fußboden speist. Ich frage mich, was haben wir eigentlich gefeiert?
Der Direktor des Seminars brachte es für mich auf den Punkt: Ein Fest unterwegs. Für euch geht der Weg des Studium heute zu Ende - doch nur damit ein neuer Weg für euch beginnen kann. Genau so ist es. Kann sein, ich bin ungerecht, doch für mich hat das Fest den Beigeschmack: hier feierten die Geistlichen vor allem sich selber. – Ob das unserem Dienstverständnis entspricht?
Finalistas des Jahrgangs 2008
Das liegt nicht daran, dass ich die Freude und den Stolz über ein abgeschlossenes Studium schmälern möchte. Auch kann ich verstehen, dass zehn junge Menschen, die in den vergangenen vier Jahren miteinander Schönes und Schweres erlebt haben, nun wo sich ihre Wege trennen werden, Abschied feiern wollen. Nur wenige Tage noch und sie erhalten die erste Dienstzuweisung, die sie im weiten Land verteilen wird. Selbst dass neben dem Gottesdienst gutes und reichliches Essen der Mittelpunkt des Festes ist, kann ich nachvollziehen. Richtig gut essen, richtig satt werden – das können hier viele nur, wenn ein Fest gefeiert wird. Hat man es selber auszurichten, scheut man weder Kosten noch Mühen, selbst wenn man dabei in die Gefahr gerät, weit über seine Verhältnisse zu leben.
Aber wie gesagt, das alles ist nicht der Grund meiner Skepsis. Ich misstraue vielmehr der Haltung, in der man hier in der Kirche uns Pastoren begegnet. Und die manche – wie mir scheint – nur zu gerne übernehmen. Schon Studenten im ersten Studienjahr werden als Pastoren bezeichnet und behandelt. In Gottesdiensten sitzen wir Würdenträger, getrennt von Familie und übriger Gemeinde ganz vorn rechts auf den besten Plätzen. Beim Essen nach dem Gottesdienst dürfen, nein, müssen wir unter das Sonnendach an den Tisch (gut, dafür bin ich dankbar!), während das Kirchenvolk unterm Baum auf dem Fußboden speist. Ich frage mich, was haben wir eigentlich gefeiert?
Der Direktor des Seminars brachte es für mich auf den Punkt: Ein Fest unterwegs. Für euch geht der Weg des Studium heute zu Ende - doch nur damit ein neuer Weg für euch beginnen kann. Genau so ist es. Kann sein, ich bin ungerecht, doch für mich hat das Fest den Beigeschmack: hier feierten die Geistlichen vor allem sich selber. – Ob das unserem Dienstverständnis entspricht?
Finalistas des Jahrgangs 2008
2008/12/07
2. Advent – Haben Rosen Dornen oder tragen Dornen Rosen?
Haben heute abend wieder unsere Auswahl an Adventsmusik von der Festplatte gehört. Gleich dreimal kam „Maria durch ein Dornwald ging“ vor: erst gesungen vom Thomanerchor, dann in einer Aktualisierung von Gerhard Schöne und schließlich in der meisterhaften Fassung des Ensembles Amarcord.
Normalerweise reagiere ich gereizt oder gelangweilt, wenn in kurzer Zeit dreimal dasgleiche Lied erklingt. Heute war es anders. Aus einer Rose mit hässlichen Dornen wurden Dornen, die wunderschöne Rosen tragen. Manchmal muss man etwas hundertmal hören, um es einmal wirklich zu hören!
Was für ein Bild: eine schwangere Frau durchwandert einen unheimlichen Ort und aus den lange schon abgestorben scheinenden Dornen erblüht in duftenden Rosen neues Leben!
Was ist das eigentlich für eine Metapher, der Dornwald? Sieben Jahre hat er keine Blüten getragen. Ich assoziiere mit dem Dornwald Schmerz und Trauer über erstarrtes, ungelebtes, gänzlich verlorenes Leben. Auch die Erinnerung an Buchenwald kommt mir in den Sinn: vernichtetes Leben. Der Dorn im Auge, der Stachel im Fleisch.
Und dieses Leben soll blühen, weil eine Frau in guter Hoffnung diesen Unort des Lebens durchschreitet - ihr ungeborenes Gotteskind unter dem Herzen?
Und dann dieses immer wiederkehrende kyrie eleison, Herr erbarme dich. - Sollen die Adventswochen nicht eine Zeit der Vorfreude sein, die uns eher ein Halleluja in den Mund legen als ein kyrie eleison? Stollen und Plätzchen, anstelle des Kelchs, des bittern, des Leids, gefüllt bis an den Rand.
Ich glaube, viele Menschen haben deshalb ein gebrochenes Verhältnis zu Advent und Weihnachten, weil es oft so verlogen daher kommt. Als stiege wirklich der Himmelsfrieden nieder, nur weil wieder mal Dezember ist. Nein, die Dornen- und Buchenwälder unserer Welt roden sich nicht selber, nur weil Weihnachten auf dem Kalender steht. Dazu braucht es Menschen, die Hoffnung nicht als Vertröstung verstehen.
In unserem Nachbarland Simbabwe leben die Menschen seit Monaten, ja seit Jahren unter unsäglichen Bedingungen, nur weil ein altersstarrsinniger Revolutionär nicht von der Macht lassen kann. Und jetzt kommt noch diese Choleraepidemie, die das geschwächte Volk nun in großer Breite bedroht. Wird ein Diktator wie Mugabe das Volk aus seiner Geiselhaft entlassen - nur weil die Welt im Advent wie von selbst friedlich und heil wird? Wohl kaum. Doch singt das Lied wirklich davon?
Nein. Der Dornwald wird nicht gerodet. Aber weil eine Frau Gott selber - in der Gestalt eines gefährdeten und ungeborenen Kindes - an diesen hoffnungslosen Ort trägt, entsteht dort neue Hoffnung, symbolisiert in den blühenden Rosen. Und Hoffnung im biblischen Sinn will ja nicht, wie Marx monierte, Opium des Volkes sein, das nichts kostet und nur dazu taugt, die Sinne zu benebeln. Und schon gar nicht die vage Haltung: Na ja, wird schon alles irgendwie gut gehen.
Wirklich christliche Hoffnung, wie sie in den biblischen Texten begegnet, ist vielmehr eine mutige und manchmal trotzige Zuversicht, die zu handeln wagt, auch im Wissen, dass es für das Gelingen keine Garantie gibt.
Es müssen nicht immer rote Rosen sein, an das Lied uns denken lässt. Es kann auch eine "Weiße Rose" sein, die aufblüht, wenn Menschen Gott ihren Dornwald durchqueren lassen.
Bild von Sophie Scholl, Mitglied der studentischen Widerstandsgruppe "Weiße Rose" gegen die Nazidiktatur
Normalerweise reagiere ich gereizt oder gelangweilt, wenn in kurzer Zeit dreimal dasgleiche Lied erklingt. Heute war es anders. Aus einer Rose mit hässlichen Dornen wurden Dornen, die wunderschöne Rosen tragen. Manchmal muss man etwas hundertmal hören, um es einmal wirklich zu hören!
Was für ein Bild: eine schwangere Frau durchwandert einen unheimlichen Ort und aus den lange schon abgestorben scheinenden Dornen erblüht in duftenden Rosen neues Leben!
Was ist das eigentlich für eine Metapher, der Dornwald? Sieben Jahre hat er keine Blüten getragen. Ich assoziiere mit dem Dornwald Schmerz und Trauer über erstarrtes, ungelebtes, gänzlich verlorenes Leben. Auch die Erinnerung an Buchenwald kommt mir in den Sinn: vernichtetes Leben. Der Dorn im Auge, der Stachel im Fleisch.
Und dieses Leben soll blühen, weil eine Frau in guter Hoffnung diesen Unort des Lebens durchschreitet - ihr ungeborenes Gotteskind unter dem Herzen?
Und dann dieses immer wiederkehrende kyrie eleison, Herr erbarme dich. - Sollen die Adventswochen nicht eine Zeit der Vorfreude sein, die uns eher ein Halleluja in den Mund legen als ein kyrie eleison? Stollen und Plätzchen, anstelle des Kelchs, des bittern, des Leids, gefüllt bis an den Rand.
Ich glaube, viele Menschen haben deshalb ein gebrochenes Verhältnis zu Advent und Weihnachten, weil es oft so verlogen daher kommt. Als stiege wirklich der Himmelsfrieden nieder, nur weil wieder mal Dezember ist. Nein, die Dornen- und Buchenwälder unserer Welt roden sich nicht selber, nur weil Weihnachten auf dem Kalender steht. Dazu braucht es Menschen, die Hoffnung nicht als Vertröstung verstehen.
In unserem Nachbarland Simbabwe leben die Menschen seit Monaten, ja seit Jahren unter unsäglichen Bedingungen, nur weil ein altersstarrsinniger Revolutionär nicht von der Macht lassen kann. Und jetzt kommt noch diese Choleraepidemie, die das geschwächte Volk nun in großer Breite bedroht. Wird ein Diktator wie Mugabe das Volk aus seiner Geiselhaft entlassen - nur weil die Welt im Advent wie von selbst friedlich und heil wird? Wohl kaum. Doch singt das Lied wirklich davon?
Nein. Der Dornwald wird nicht gerodet. Aber weil eine Frau Gott selber - in der Gestalt eines gefährdeten und ungeborenen Kindes - an diesen hoffnungslosen Ort trägt, entsteht dort neue Hoffnung, symbolisiert in den blühenden Rosen. Und Hoffnung im biblischen Sinn will ja nicht, wie Marx monierte, Opium des Volkes sein, das nichts kostet und nur dazu taugt, die Sinne zu benebeln. Und schon gar nicht die vage Haltung: Na ja, wird schon alles irgendwie gut gehen.
Wirklich christliche Hoffnung, wie sie in den biblischen Texten begegnet, ist vielmehr eine mutige und manchmal trotzige Zuversicht, die zu handeln wagt, auch im Wissen, dass es für das Gelingen keine Garantie gibt.
Es müssen nicht immer rote Rosen sein, an das Lied uns denken lässt. Es kann auch eine "Weiße Rose" sein, die aufblüht, wenn Menschen Gott ihren Dornwald durchqueren lassen.
Bild von Sophie Scholl, Mitglied der studentischen Widerstandsgruppe "Weiße Rose" gegen die Nazidiktatur
2008/12/06
6. Dezember – Gestiefelt...
haben wir heute nicht, wir tragen ja nur Sandalen. Also Nikolaustag auf europäische Art haben wir nicht gefeiert. Das haben wir übrigens auch voriges Jahr schon nicht getan, da saßen wir an diesem Tag im Flugzeug. Morgen wird es ein Jahr her sein, dass wir in Mosambik angekommen sind. Schon ein ganzes Jahr!
Heute abend unter einem sehr hellen halben Mond haben wir dieses Jahr Revue passieren lassen: Ja, es war ein gutes Jahr – nicht alles war und ist gut, nicht alles einfach. Aber das ist immer so, ganz gleich, wo man lebt. Manches ist und bleibt für uns befremdend – in Deutschland genau so wie in Mosambik, doch insgesamt können wir sagen: Selbst wenn wir aus irgendeinem Grund bereits jetzt nach Deutschland zurückkehren müssten, für uns hätte sich der Aufwand schon gelohnt.
Waren heute wieder einkaufen, für morgen, fürs große Fest. Mit 25 Kästen Limonade im Kofferraum über Stock und Stein.
Nachmittags der Verabschiedungsgottesdienst für die „Finalistas“ und jetzt läuft die Feier der Studenten. Wie gesagt, wir haben den nahezu moskitofreien Abend genutzt und unter einem hellen halben Mond in aller Ruhe unser letztes Jahr bedacht. Studenten haben das Recht, auch ohne ihre Lehrer zu feiern.
Heute abend unter einem sehr hellen halben Mond haben wir dieses Jahr Revue passieren lassen: Ja, es war ein gutes Jahr – nicht alles war und ist gut, nicht alles einfach. Aber das ist immer so, ganz gleich, wo man lebt. Manches ist und bleibt für uns befremdend – in Deutschland genau so wie in Mosambik, doch insgesamt können wir sagen: Selbst wenn wir aus irgendeinem Grund bereits jetzt nach Deutschland zurückkehren müssten, für uns hätte sich der Aufwand schon gelohnt.
Waren heute wieder einkaufen, für morgen, fürs große Fest. Mit 25 Kästen Limonade im Kofferraum über Stock und Stein.
Nachmittags der Verabschiedungsgottesdienst für die „Finalistas“ und jetzt läuft die Feier der Studenten. Wie gesagt, wir haben den nahezu moskitofreien Abend genutzt und unter einem hellen halben Mond in aller Ruhe unser letztes Jahr bedacht. Studenten haben das Recht, auch ohne ihre Lehrer zu feiern.
5. Dezember - ankommen und abholen
In Cambine ankommen – das ist nicht so einfach, wenn du auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen bist. Bis Maxixe oder Morrumbene, die nächsten größeren Orte kommst du immer irgendwie. Auch an der Cruzamento halten manchmal Busse. Für die letzten zehn Kilometer brauchst du dann ein Chapa. Doch die fahren unregelmäßig und abends dann irgendwann gar nicht mehr. Klar, dass man uns immer wieder fragt: Wäre es möglich, heute abend um acht meinen Bruder von der Cruzamento abzuholen? – Klar ist das möglich, meistens jedenfalls. Doch um ehrlich zu sein: Lust habe ich oft nicht, abends noch mal loszufahren, zumal ich nie weiß, wie lange das „schnell-mal-abholen“ wirklich dauern wird...
Im Advent reden wir Christen gern vom Ankommen Gottes in der Welt. Müssen wir ihn vielleicht auch „abholen“, dass er nicht vergessen und verloren an irgend einer Kreuzung stehen bleibt? Ich glaube schon, denn auch Gott kommt nicht einfach an und ist dann eben da. Wie alle, die irgendwo ankommen, ist auch er darauf angewiesen, dass Menschen sich in ihren Plänen stören lassen, ihre Unlust überwinden und sich dem zuwenden, der da gerade kommt. – Sich stören lassen in seinen Plänen - vielleicht ist das schon der halbe Weg zur Kreuzung, an der Gott auf uns wartet.
Im Advent reden wir Christen gern vom Ankommen Gottes in der Welt. Müssen wir ihn vielleicht auch „abholen“, dass er nicht vergessen und verloren an irgend einer Kreuzung stehen bleibt? Ich glaube schon, denn auch Gott kommt nicht einfach an und ist dann eben da. Wie alle, die irgendwo ankommen, ist auch er darauf angewiesen, dass Menschen sich in ihren Plänen stören lassen, ihre Unlust überwinden und sich dem zuwenden, der da gerade kommt. – Sich stören lassen in seinen Plänen - vielleicht ist das schon der halbe Weg zur Kreuzung, an der Gott auf uns wartet.
2008/12/04
4. Dezember
Am Sonntag wird in Cambine ein großes Fest stattfinden. Fünfhundert(!) Gäste werden erwartet. Und wie überall auf der Welt, wo Mangel herrscht, spielt auch hier bei einem Fest die Verpflegung die entscheidende Rolle. Heute morgen gegen fünf fuhren wir los, um noch vor der größten Hitze beim Bauern direkt auf dem Feld Gemüse zu kaufen: grüne Bohnen, Paprika, Gurken und Tomaten. Das ganze Auto voller Schüsseln – für umgerechnet 35 Euro. Die Arbeit der Menschen ist hier eben billig.
Ja, und heute abend musste ich feststellen, dass wir in den vergangenen 28 Jahren Unsummen an Geld einfach zum Fenster hinausgeworfen haben. Zum ersten Mal in unserer gemeinsamen Zeit hat Claudia mich geschoren. Ich finde, das hätte sie schon viel eher tun sollen.
Ja, und heute abend musste ich feststellen, dass wir in den vergangenen 28 Jahren Unsummen an Geld einfach zum Fenster hinausgeworfen haben. Zum ersten Mal in unserer gemeinsamen Zeit hat Claudia mich geschoren. Ich finde, das hätte sie schon viel eher tun sollen.
2008/12/03
3. Dezember - Jetzt doch Schnee in Afrika?
Was soll das denn sein?
Der heutige Beitrag richtet sich wohl eher an die (Haus-)Frauen und ihr werdet gleich erfahren, warum. Während ihr in Deutschland die Wohnung schön warm macht, viele Kerzen anzündet und Weihnachtsplätzchen backt, stehe ich in meiner Küche und schwitze, und das nicht nur wegen der 30 Grad Zimmertemperatur. Auf dem Herd steht ein großer Topf, dessen Inhalt ich nun ungefähr eine halbe Stunde rühre. Und nun ahnt ihr vielleicht auch schon, dass ich Marmelade koche. Ein bisschen komme ich mir vor wie im falschen Film: Marmelade kochen im Dezember.
Wenn ich ehrlich bin, muss ich wohl sagen, dass ich jetzt doch auch lieber Plätzchen backen würde - und im Juni Erdbeermarmelade kochen. Aber so ist das wohl mit uns Menschen: Wir vermissen immer gerade das, was wir im Moment nicht haben können. Ihr sehnt euch nach Wärme, Sonnenlicht, Baden im Indischen Ozean...
Nichtsdestotrotz hoffe ich, dass mir die Mangomarmelade gelingt und sie uns schmecken wird.
Armindo, ein Student aus dem ersten Studienjahr ist extra für uns in den Baum gestiegen und hat sie geerntet. Wir haben noch ganz viele Mangos am Baum hängen. Ihr seid herzlich eingeladen, uns beim Essen der Früchte zu helfen. Sie schmecken wirklich viel besser als die, die wir in Deutschland aus dem Supermarkt kennen!
Und was ist das nun oben auf dem ersten Bild? - Was man noch sehen kann, wenn man auf anderthalb Kilo geschnittene Mangos die gleiche Menge Zucker schüttet. Isses nich süß?
2008/12/02
2. Dezember – Advent an der Kreuzung
Was warten heißt, führen mir die Frauen vor Augen, denen ich an der Cruzamento begegne. Dort wo unsere Sandpiste von Cambine in die Hauptstraße mündet, befindet sich ein kleiner aber geschäftiger Markt. Plastikschüsseln, Glühbirnen, Seife, was man halt so braucht. Aber diese Stände sind es nicht, die den Platz beleben. Es sind die Frauen, die dort Früchte und Garnelen verkaufen wollen. Jetzt im Dezember ist Hochsaison für Mangos. Weil es hier Mangobäume ohne Zahl gibt, kosten zwanzig frische Früchte in diesen Tagen dreißig Cent. Mit randvollen Schüsseln auf dem Kopf laufen die Frauen oft lange Wege durch den Busch bis an die Kreuzung. Dort stehen sie dann und warten. Doch warten heißt für sie nicht Däumchen drehen, sondern gespannte Aufmerksamkeit. Bremst ein Fahrer seinen Wagen ab, merken sie es sofort und rennen auf das Auto zu. Kaum steht der Wagen, ist er von Frauen umringt, die alle ihre Früchte verkaufen möchten. Öffnet man die Fensterscheibe, muss man sich der vielen Angebote regelrecht erwehren. Das ist nicht jedermanns Sache. Trotzdem beeindrucken mich diese Händlerinnen jedes Mal aufs Neue.
Oft stehen die Frauen den ganzen Tag in der Sonne, manche tragen ein Kleinkind auf dem Rücken und trotzdem spürt man als Käufer nur selten Konkurrenz. Mir ist noch nie aufgefallen, dass Ellbogen eingesetzt werden, um zuerst am Fenster zu sein. Eher habe ich den Eindruck, dass zwischen den Frauen eine Atmosphäre der Solidarität herrscht. Doch bitte, romantisiert die Szene nicht, was die Frauen verbindet, ist nicht die Zufriedenheit mit dem wenigen, was sie haben. Ich glaube eher, es ist eine Gemeinschaft der Not, eine Frauen-Gemeinschaft, eine Insel in der männerdominierten Gesellschaft.
Advent an der Kreuzung? – Ja, für mich ist das ein schönes Bild für das, was uns in den Wochen vor Weihnachten beschäftigt: In der Situation des Mangels warten müssen und trotzdem die Frau – den Menschen – neben mir zu seinem Recht kommen lassen.
2008/12/01
1. Dezember
Claudia hat heute morgen am Adventskalender das erste Türchen geöffnet. Sie konnte das gedruckte Bildchen gar nicht richtig identifizieren. Ich meine, es soll die Herbergssuche darstellen. - Jetzt schon? Ich denke, Maria und Joseph müssen sich erst noch auf den Weg machen... Naja, geht ja gut los.
In der Gesundheitsstation war Hochbetrieb, Claudia nahm innerhalb kurzer Zeit 40 Meticais Praxisgebühr ein, umgerechnet sind das etwa 1,30 €. Gezahlt wurde diese Summe von achtzig Patienten, die innerhalb von zwei – drei Stunden „abgefertigt“ wurden. So muss man das wohl nennen: Name und Beschwerden nennen und danach ein Rezept empfangen, mehr läuft da in der Regel nicht. Und mehr wollen die meisten auch gar nicht. Wichtig ist, eine Tablette zu empfangen, denn nur was man in Händen hält und was man in den Körper einführen kann, kann auch helfen. So scheinen viele zu denken – bestimmt nicht nur in Afrika. Aber das ist ja bekanntermaßen ein Trugschluss.
Thomas hatte heute mehrere sehr kurzfristig anberaumte (Krisen-)Sitzungen. Dass die Prüfungen und Nachprüfungen dieses Jahres keine Sternstunden waren, das wussten wir bereits, dass sie aber so schwache Leistungen aufwiesen, war nicht zu ahnen. Da müssen wir uns schon fragen, warum das so ist und wie wir damit umgehen. Die nächste Sitzung wird morgen Vormittag stattfinden.
Ein echte Sternstunde hatten wir dann allerdings vorhin in der Dämmerung. Nicht nur die Adventssterne in der Wohnung können es heimelig werden lassen, auch die wirklichen Sterne am Himmel haben ja ihren besonderen Reiz. Venus und Jupiter sind derzeit ganz nah am Mond zu sehen, der bei uns – wenn er nicht voll ist - stets auf dem Rücken liegt.
Übrigens: Der Stern von Bethlehem soll ja auch zwei Sterne gewesen sein – eine Konjunktion von Saturn und Jupiter. Der eine sei nach damaliger Sterndeutung der Stern der Juden gewesen, der andere der Königsstern. Und dass diese beide Sterne ganz nah beieinander standen, dass könnte in den Jahren 6 - 4 vor Christi Geburt tatsächlich der Fall gewesen sein. Und in dieser Zeit muss Jesus geboren worden sein, denn die Regierungszeit von Herodes, dem Großen, von dem die Evangelien berichten, endet im Jahre 4 vor Christi Geburt. Ist das nicht seltsam, dass Jesus vor Christi Geburt geboren worden sein muss?
(So hab ich das jedenfalls in der sehenswerten Vorführung zum Stern von Bethlehem im Planetarium in Jena gelernt.)
In der Gesundheitsstation war Hochbetrieb, Claudia nahm innerhalb kurzer Zeit 40 Meticais Praxisgebühr ein, umgerechnet sind das etwa 1,30 €. Gezahlt wurde diese Summe von achtzig Patienten, die innerhalb von zwei – drei Stunden „abgefertigt“ wurden. So muss man das wohl nennen: Name und Beschwerden nennen und danach ein Rezept empfangen, mehr läuft da in der Regel nicht. Und mehr wollen die meisten auch gar nicht. Wichtig ist, eine Tablette zu empfangen, denn nur was man in Händen hält und was man in den Körper einführen kann, kann auch helfen. So scheinen viele zu denken – bestimmt nicht nur in Afrika. Aber das ist ja bekanntermaßen ein Trugschluss.
Thomas hatte heute mehrere sehr kurzfristig anberaumte (Krisen-)Sitzungen. Dass die Prüfungen und Nachprüfungen dieses Jahres keine Sternstunden waren, das wussten wir bereits, dass sie aber so schwache Leistungen aufwiesen, war nicht zu ahnen. Da müssen wir uns schon fragen, warum das so ist und wie wir damit umgehen. Die nächste Sitzung wird morgen Vormittag stattfinden.
Ein echte Sternstunde hatten wir dann allerdings vorhin in der Dämmerung. Nicht nur die Adventssterne in der Wohnung können es heimelig werden lassen, auch die wirklichen Sterne am Himmel haben ja ihren besonderen Reiz. Venus und Jupiter sind derzeit ganz nah am Mond zu sehen, der bei uns – wenn er nicht voll ist - stets auf dem Rücken liegt.
Übrigens: Der Stern von Bethlehem soll ja auch zwei Sterne gewesen sein – eine Konjunktion von Saturn und Jupiter. Der eine sei nach damaliger Sterndeutung der Stern der Juden gewesen, der andere der Königsstern. Und dass diese beide Sterne ganz nah beieinander standen, dass könnte in den Jahren 6 - 4 vor Christi Geburt tatsächlich der Fall gewesen sein. Und in dieser Zeit muss Jesus geboren worden sein, denn die Regierungszeit von Herodes, dem Großen, von dem die Evangelien berichten, endet im Jahre 4 vor Christi Geburt. Ist das nicht seltsam, dass Jesus vor Christi Geburt geboren worden sein muss?
(So hab ich das jedenfalls in der sehenswerten Vorführung zum Stern von Bethlehem im Planetarium in Jena gelernt.)
2008/11/30
Das erste Lichtlein brennt...
Heute ist also der erste erste Advent, den wir in Mosambik verbringen... Letztes Jahr wurden wir in Klosterlausnitz in einem festlichen Gottesdienst verabschiedet. Heute feierten wir in großer Gemeinde das Kirchenjubiläum in Chicuque, der methodistischen Gemeinde, mit der hier in der Region (fast) alles begann. Der Gottesdienst dauerte schweißtreibende vier Stunden, denn es war heiß und die Kirche war gut gefüllt. Was hat uns an Advent erinnert? Die Lesung in der Herrnhuter Losung heute morgen: Siehe, dein König kommt zu dir, ein Gerechter und ein Helfer. Im Gottesdienst selber spielte das Datum dann kaum eine Rolle. Dafür gab es Grußworte und Lieder in Hülle und Fülle. Selbst der gerade wiedergewählte FRELIMO-Bürgermeister von Maxixe mit einigen seiner Beamten war zu Gast.
Mittags wurde dann gemeinsam gespeist. Die Gemeindeglieder saßen auf dem Grundstück verteilt in Gruppen unter den Schatten spendenden Bäumen und aßen Selbstgekochtes. Wir durften auch davon kosten. Doch für uns Gäste waren an anderer Stelle die Tische festlich gedeckt. Auf dem Nachhauseweg hatten wir uns mit P. verabredet. P. ist seit Jahren für die deutsche Welthungerhilfe in Mosambik tätig. Auf dem Weg vom Sambesidelta nach Maputo kam sie uns auf der EN 1 entgegen. Ein kurzer Plausch am Straßenrand und ein „anderer-Advent-Kalender“ wechselte den Besitzer. (Wir hatten inzwischen zwei!)
Ja, für uns beginnt wirklich eine Adventszeit, die anders ist als alle vorherigen. Die Temperaturen sind dafür nur ein äußeres Anzeichen. Alles, was in Deutschland an Brauchtum und Tradition bis hin zur Gestaltung der Gottesdienste für adventliche „Stimmung“ sorgt, fällt hier aus. Mir wird deutlich: es ist eben nicht nur Stimmung, die durch die vorweihnachtlichen Bräuche, Düfte und Musiken heraufbeschworen wird. Es ist auch Ein-Stimmung auf die Botschaft, die mit dieser besonderen Jahreszeit verbunden ist. Für den, der dafür offen ist, kann es das jedenfalls sein.
Geschmückt hat Claudia die Wohnung, so gut es nur geht. Ein Strohstern an der Tür, Transparentsterne in den Fenstern. Sebnitzer Sterne im Fenster und zwei kleine Herrnhuter Sterne in der Zimmerecke. Die leuchten die gesamte Adventszeit, Tag und Nacht, versorgt mit 12-Volt-Solarstrom vom Dach! Und einen Adventskranz haben wir auch: vier Schwimmkerzen rund um eine Frangipaniblüte in einer gläsernen Wasserschüssel.
Adventliche Musik hören wir von der Festplatte. Klassische Stücke, zum Beispiel aus Händels Messias, gehören genau so dazu wie Sehnsuchtslieder aus den Bereichen Pop und Blues, Spirituals und internationale Folklore. Das Spektrum ist breit und ich meine, es lohnt sich, mal nach ganz unkonventionellen Adventsliedern Ausschau zu halten. Was macht eigentlich ein Adventslied aus? Die Melodie? Der christliche Inhalt? Oder kann auch ein ganz und gar säkulares Lied, in dem sich ein Sänger schlicht nach einer besseren Welt sehnt, in uns die große Sehnsucht nach der letzten Erlösung der Schöpfung wachrufen? – Wie auch immer: Als wir vorhin „Leise rieselt der Schnee, still und starr ruht der See“ hörten, weckte das in uns schon sehr eigenartige Gefühle.
PS: Fotos vom heutigen Tag gibt es keine. Die Kamera hatte ich zwar mit. Auch die Akkus waren geladen. Nur die Speicherkarte stak zu Hause im Computer...
Mittags wurde dann gemeinsam gespeist. Die Gemeindeglieder saßen auf dem Grundstück verteilt in Gruppen unter den Schatten spendenden Bäumen und aßen Selbstgekochtes. Wir durften auch davon kosten. Doch für uns Gäste waren an anderer Stelle die Tische festlich gedeckt. Auf dem Nachhauseweg hatten wir uns mit P. verabredet. P. ist seit Jahren für die deutsche Welthungerhilfe in Mosambik tätig. Auf dem Weg vom Sambesidelta nach Maputo kam sie uns auf der EN 1 entgegen. Ein kurzer Plausch am Straßenrand und ein „anderer-Advent-Kalender“ wechselte den Besitzer. (Wir hatten inzwischen zwei!)
Ja, für uns beginnt wirklich eine Adventszeit, die anders ist als alle vorherigen. Die Temperaturen sind dafür nur ein äußeres Anzeichen. Alles, was in Deutschland an Brauchtum und Tradition bis hin zur Gestaltung der Gottesdienste für adventliche „Stimmung“ sorgt, fällt hier aus. Mir wird deutlich: es ist eben nicht nur Stimmung, die durch die vorweihnachtlichen Bräuche, Düfte und Musiken heraufbeschworen wird. Es ist auch Ein-Stimmung auf die Botschaft, die mit dieser besonderen Jahreszeit verbunden ist. Für den, der dafür offen ist, kann es das jedenfalls sein.
Geschmückt hat Claudia die Wohnung, so gut es nur geht. Ein Strohstern an der Tür, Transparentsterne in den Fenstern. Sebnitzer Sterne im Fenster und zwei kleine Herrnhuter Sterne in der Zimmerecke. Die leuchten die gesamte Adventszeit, Tag und Nacht, versorgt mit 12-Volt-Solarstrom vom Dach! Und einen Adventskranz haben wir auch: vier Schwimmkerzen rund um eine Frangipaniblüte in einer gläsernen Wasserschüssel.
Adventliche Musik hören wir von der Festplatte. Klassische Stücke, zum Beispiel aus Händels Messias, gehören genau so dazu wie Sehnsuchtslieder aus den Bereichen Pop und Blues, Spirituals und internationale Folklore. Das Spektrum ist breit und ich meine, es lohnt sich, mal nach ganz unkonventionellen Adventsliedern Ausschau zu halten. Was macht eigentlich ein Adventslied aus? Die Melodie? Der christliche Inhalt? Oder kann auch ein ganz und gar säkulares Lied, in dem sich ein Sänger schlicht nach einer besseren Welt sehnt, in uns die große Sehnsucht nach der letzten Erlösung der Schöpfung wachrufen? – Wie auch immer: Als wir vorhin „Leise rieselt der Schnee, still und starr ruht der See“ hörten, weckte das in uns schon sehr eigenartige Gefühle.
PS: Fotos vom heutigen Tag gibt es keine. Die Kamera hatte ich zwar mit. Auch die Akkus waren geladen. Nur die Speicherkarte stak zu Hause im Computer...
2008/11/22
Den Wagen vollgeladen
Was, schon wieder Freitag? - Ja klar, wir müssen mal wieder in die Stadt und einkaufen. Das Nötigste gibt es zwar auch auf dem Dorf, meistens jedenfalls. Doch manchmal braucht man eben etwas mehr als das Nötigste. Normalerweise zwei mal die Woche machen wir uns also auf den Weg nach Maxixe. Inzwischen hat sich das herumgesprochen. Drum sind wir nur in den seltensten Fällen allein unterwegs. Einmal standen acht Leute auf der Matte und wollten mitfahren... Doch selbst wenn wir einen Kleinbus hätten, würden die Plätze nicht reichen. Wir haben deshalb die Zahl der Mitfahrer auf drei begrenzt. Nur auf der Sandpiste bis an die Einmündung zur Hauptstraße dürfen noch zwei Extra-Fahrgäste im Kofferraum sitzen. Die anderen müssen zurückbleiben. Sie schweigen aus Höflichkeit. Doch werden sie es verstehen? Kaum. Trotzdem, in der Regel bleiben wir bei der Begrenzung.
Bleiben die anderen zu Hause? Oder wie kommen sie in die Stadt? Sie fahren mit dem Chapa. In Cambine sind diese Routentaxis heruntergewirtschaftete Pickups, die die Fahrgäste auf der offenen Ladefläche transportieren, manchmal bis zu zwanzig Personen.
Und wenn auf so einem Chapa so viel Leute Platz finden, warum dann nicht auch in einem anderen Auto? Oder vielleicht wenigstens zehn? – Nein, wir bleiben hart, maximal fünf und an der Hauptstraße müssen die beiden im Kofferraum aussteigen. Auch sie fahren mit dem Chapa weiter. Eines dieser Taxis fährt direkt vor uns. An der Kontrollstelle der Polizei wird es angehalten. Die Papiere werden kontrolliert, dann darf der Chauffeur weiterfahren. Aussteigen muss keiner. Auch Strafe ist keine zu zahlen.
Mit unserem Auto brauchen wir ca. 40 Minuten bis Maxixe. Wer die gesamte Strecke mit dem Chapa fährt, braucht gut die doppelte Zeit. Wir erreichen Maxixe. Jeder geht seiner Wege: Post, Bank, Wochenmarkt, Baumarkt... 16 Uhr vor dem Bücherladen wollen wir uns wiedertreffen. Ob sie alle wieder da sein werden? Vielleicht sogar pünktlich? – Ja, sie sind da, meistens jedenfalls. Dann noch Zucker kaufen: 20 Kilo. Und Reis: 2 x 25 Kilo. Und einen Kasten Limo. Da fahren wir mit dem Auto direkt vor die Tür. Als die Träger die Säcke ins Auto werfen und ihre 5 Meticais erhalten, kommen zwei Studentinnen vom Seminar auf uns zu. Können wir mit nach Cambine? – Nein, geht nicht, ihr seht doch: Das Auto ist voll! - Können wir wenigstens den gekauften Plastikstuhl mitgeben? Der ist so sperrig auf dem Chapa. Und die Tüte mit dem Gemüse und die Strohmatte? – O.K., wir werden sehen. Stuhl und Tüte werden verstaut. Die Matte muss zurückbleiben. Dann fahren wir los, doch nur um zwei Straßenecken. Dort hat der Bäcker seinen Laden. Wir kaufen noch Brot. Das ist immer die letzte Station. Doch nicht immer hat jeder genug Geld, um sich Brot zu kaufen. – Endlich ist alles gekauft und verstaut. Nun geht’s wieder heim aufs Dorf. Da steht am Ortsausgang noch jemand, der hat das gleiche Ziel. Darf er mit? Oder darf er nicht? – Er darf nicht, nein, heute geht’s wirklich nicht. Das Auto ist voll. Vielleicht das nächste Mal...
Bleiben die anderen zu Hause? Oder wie kommen sie in die Stadt? Sie fahren mit dem Chapa. In Cambine sind diese Routentaxis heruntergewirtschaftete Pickups, die die Fahrgäste auf der offenen Ladefläche transportieren, manchmal bis zu zwanzig Personen.
Und wenn auf so einem Chapa so viel Leute Platz finden, warum dann nicht auch in einem anderen Auto? Oder vielleicht wenigstens zehn? – Nein, wir bleiben hart, maximal fünf und an der Hauptstraße müssen die beiden im Kofferraum aussteigen. Auch sie fahren mit dem Chapa weiter. Eines dieser Taxis fährt direkt vor uns. An der Kontrollstelle der Polizei wird es angehalten. Die Papiere werden kontrolliert, dann darf der Chauffeur weiterfahren. Aussteigen muss keiner. Auch Strafe ist keine zu zahlen.
Mit unserem Auto brauchen wir ca. 40 Minuten bis Maxixe. Wer die gesamte Strecke mit dem Chapa fährt, braucht gut die doppelte Zeit. Wir erreichen Maxixe. Jeder geht seiner Wege: Post, Bank, Wochenmarkt, Baumarkt... 16 Uhr vor dem Bücherladen wollen wir uns wiedertreffen. Ob sie alle wieder da sein werden? Vielleicht sogar pünktlich? – Ja, sie sind da, meistens jedenfalls. Dann noch Zucker kaufen: 20 Kilo. Und Reis: 2 x 25 Kilo. Und einen Kasten Limo. Da fahren wir mit dem Auto direkt vor die Tür. Als die Träger die Säcke ins Auto werfen und ihre 5 Meticais erhalten, kommen zwei Studentinnen vom Seminar auf uns zu. Können wir mit nach Cambine? – Nein, geht nicht, ihr seht doch: Das Auto ist voll! - Können wir wenigstens den gekauften Plastikstuhl mitgeben? Der ist so sperrig auf dem Chapa. Und die Tüte mit dem Gemüse und die Strohmatte? – O.K., wir werden sehen. Stuhl und Tüte werden verstaut. Die Matte muss zurückbleiben. Dann fahren wir los, doch nur um zwei Straßenecken. Dort hat der Bäcker seinen Laden. Wir kaufen noch Brot. Das ist immer die letzte Station. Doch nicht immer hat jeder genug Geld, um sich Brot zu kaufen. – Endlich ist alles gekauft und verstaut. Nun geht’s wieder heim aufs Dorf. Da steht am Ortsausgang noch jemand, der hat das gleiche Ziel. Darf er mit? Oder darf er nicht? – Er darf nicht, nein, heute geht’s wirklich nicht. Das Auto ist voll. Vielleicht das nächste Mal...
Mit der Bibel in der Hand
Es ist der letzte Unterrichtstag des Studienjahres 2008. Die Morgenandacht hat heute Professora Maisa übernommen. In besonderer Weise spricht sie die Studentinnen und Studenten des vierten Studienjahres an. Nach bestandener Prüfung werden sie ihr Studium beenden und zu Beginn des nächsten Jahres ihren Dienst in einer Gemeinde beginnen.
Es herrscht eine feierlich ernste Stimmung. Noch weiß wirklich keiner, wohin die Bischöfin ihn versetzen wird.
In einem Webeintrag des vergangenen Jahres erzählte ich davon, dass einige unserer Studenten keine eigene Bibel besitzen. Von Spenden, die daraufhin eingingen, haben wir nun die ersten Studienbibeln gekauft und an die Abgänger überreicht. Da sie vorher von diesem Geschenk nichts wussten, war die Überraschung und die Freude groß.
Die Studienbibel verwendet den nach seinem Übersetzer benannten Almeida-Text, der in seiner Bedeutung für den portugiesischen Sprachraum in etwa der deutschen Lutherübersetzung zu vergleichen ist. Als Studienbibel bietet sie zahlreiche Anmerkungen zum Wortlaut und viele hilfreiche Information zu Entstehung und Geschichte der einzelnen biblischen Bücher. Es ist leicht vorstellbar, welche Bedeutung das für die Studierenden und künftigen Pastoren und Pastorinnen hat, zumal sie kaum je in der Lage sein werden, sich theologische Bücher zu kaufen
PS: Allen Spendern, die uns geholfen haben, diese Bibeln zu kaufen, sei auf diesem Weg herzlich gedankt! Bleibt zu sagen, dass es außer den Abgängern noch drei weitere Studienjahre gibt und dass in jedem Jahr etwa zehn Studierende ihre theologische Ausbildung beginnen. Wir werden also noch viele Bibeln (und dazugehörige Studienmittel) anschaffen. Wer uns dabei unterstützen möchte, kann das über das Konto der EmK-Weltmission gerne tun. Konto 401 773, BLZ 520 604 10, EKK Stuttgart – Projekt 4508 Ehepaar Günther – Bibeln
Drei in eins
In Deutschland gilt: Studienjahr ist nicht gleich Kalenderjahr. Und in der methodistischen Kirche gilt: das so genannte Konferenzjahr unterscheidet sich noch mal von beiden. Es reicht nicht von Januar bis Dezember, oder von Oktober bis zum nächsten Sommer, sondern von einer Tagung der Konferenz zur nächsten. Jahreswechsel ist immer im Mai oder Juni.
Hier in Mosambik gibt es diese feinen Unterschiede nicht. Das Studienjahr endet in diesen Tagen. Am 7. Dezember wird das große Abschlussfest stattfinden, zu dem wir 500 (!) Gäste erwarten. Und auch die Jährliche Konferenz tagt traditionell im Dezember, meist in der Woche unmittelbar vor Weihnachten. Dieses Jahr wird sie in Chicuque stattfinden, fünfunddreißig Kilometer von hier. – In Deutschland ist dieser Termin schlicht undenkbar. Nicht nur die obererzgebirgischen Gemeinden wären wohl kaum mehr bereit, Gastgeber zu sein. Weihnachten hat hier eben nicht den Stellenwert wie in Deutschland.
Hier in Mosambik gibt es diese feinen Unterschiede nicht. Das Studienjahr endet in diesen Tagen. Am 7. Dezember wird das große Abschlussfest stattfinden, zu dem wir 500 (!) Gäste erwarten. Und auch die Jährliche Konferenz tagt traditionell im Dezember, meist in der Woche unmittelbar vor Weihnachten. Dieses Jahr wird sie in Chicuque stattfinden, fünfunddreißig Kilometer von hier. – In Deutschland ist dieser Termin schlicht undenkbar. Nicht nur die obererzgebirgischen Gemeinden wären wohl kaum mehr bereit, Gastgeber zu sein. Weihnachten hat hier eben nicht den Stellenwert wie in Deutschland.
2008/10/23
Pardon
Jajaja, ihr habt ja recht: Langweilig! Nichts los in Cambine, oder was?
Richtig ist: wir haben in den vergangenen Tagen und Wochen unseren neuen Blog sträflich vernachlässigt.
Nicht zutreffend ist dagegen die Vermutung, es sei nichts los gewesen.
Im Gegenteil, es war zuviel, um abends dann gleich noch darüber zu schreiben.
Doch genug der Vorrede.
Was gibt’s Neues?
Richtig ist: wir haben in den vergangenen Tagen und Wochen unseren neuen Blog sträflich vernachlässigt.
Nicht zutreffend ist dagegen die Vermutung, es sei nichts los gewesen.
Im Gegenteil, es war zuviel, um abends dann gleich noch darüber zu schreiben.
Doch genug der Vorrede.
Was gibt’s Neues?
Wir hatten liebe Gäste
Seit vielen Jahren existiert eine enge Partnerschaft zwischen der lutherischen und der EmK-Gemeinde Lage/Westfalen und der Mission in Cambine. Helmut Behnisch und Andreas Stemberg waren schon öfters hier und haben an vielen Stellen im Dorf ihre Spuren hinterlassen.
Ihre Spezialität sind Solar-anlagen und allerlei andere technische Erleichterung für das Leben hier auf dem Dorf. Im Sommer 2009 soll ein Arbeitseinsatz einer Gruppe aus Lage stattfinden. Um ihn vorzubereiten, waren sie einmal mehr in Cambine.
Ihnen angeschlossen hatten sich Uwe Hanis, Geschäftsführer und Schatzmeister der EmK-Weltmission und Hanna Schmuck, eine Schülerin aus Lage. Uwe Hanis hatte u.a. den dienstlichen Auftrag, einen Kontaktbesuch bei den „Neuen“ in Cambine zu unternehmen. Um es gleich zu sagen, dabei ist es nicht geblieben.
Dienstliches Gespräch im Kindergarten Chicuque
Direktor Jeremias Franca führt uns durch das Landkrankenhaus Chicuque.
Es war eine schöne gemeinsame Zeit, in der wir einander als Freunde kennen- und schätzen gelernt haben. Und als alle dienstlichen Sachen erledigt waren, verbrachten wir noch zwei Tage gemeinsam in einer Lodge am Strand. Ja, das Leben kann schön sein.
Ohne Kommentar.
Ihre Spezialität sind Solar-anlagen und allerlei andere technische Erleichterung für das Leben hier auf dem Dorf. Im Sommer 2009 soll ein Arbeitseinsatz einer Gruppe aus Lage stattfinden. Um ihn vorzubereiten, waren sie einmal mehr in Cambine.
Ihnen angeschlossen hatten sich Uwe Hanis, Geschäftsführer und Schatzmeister der EmK-Weltmission und Hanna Schmuck, eine Schülerin aus Lage. Uwe Hanis hatte u.a. den dienstlichen Auftrag, einen Kontaktbesuch bei den „Neuen“ in Cambine zu unternehmen. Um es gleich zu sagen, dabei ist es nicht geblieben.
Dienstliches Gespräch im Kindergarten Chicuque
Direktor Jeremias Franca führt uns durch das Landkrankenhaus Chicuque.
Es war eine schöne gemeinsame Zeit, in der wir einander als Freunde kennen- und schätzen gelernt haben. Und als alle dienstlichen Sachen erledigt waren, verbrachten wir noch zwei Tage gemeinsam in einer Lodge am Strand. Ja, das Leben kann schön sein.
Ohne Kommentar.
Cambine hat auch unliebsame Besucher...
Leider ist das Leben aber nicht immer schön. In Cambine spüren wir es seit geraumer Zeit u.a. daran, dass viel gestohlen wird. Offenbar mehr als einmal gab es Versuche, in unsere Garage einzudringen. Aus der Bibliothek des Theologischen Seminars wurden Wörterbücher gestohlen. Einem Kollegen wurde als er dienstlich unterwegs war, das gesamte Haus ausgeräumt. Solarpaneelen wurden reihenweise von den Dächern geholt, u.a. auch bei uns. Nun sind wir dabei, einen Nachtwächterdienst zu organisieren und die Sicherheit unseres Hauses zu erhöhen. Das ist wahrlich keine schöne Entwicklung, aber was soll man machen?
2008/10/22
...und hohen Besuch.
Letzte Woche gab es gleich dreimal hohen Besuch zu begrüßen. Zuerst kam die neue Bischöfin. Am 1. September hat sie ihr Amt angetreten und seitdem ist sie nur noch selten zu Hause. Antrittsbesuche hier und dort, nun auch in Cambine. Schüler und Studenten bekamen frei, um sie angemessen begrüßen zu können.
Für mich war es ein sehr eigenartiges Gefühl, als ich die jugendlichen Massen aus den Schulen auf mich zukommen sah. Naja, der organisierte Jubel zu sozialistischen Zeiten, kam mir schon in Erinnerung. Das muss ich gestehen.
Aber zum Glück war die Atmosphäre dann doch ziemlich anders. Man hatte den Eindruck, dass sich viele doch ehrlich freuten, dass die Bischöfin kam. Bestimmt war bei manchen auch ein wenig Stolz dabei. Immerhin ist sie die erste afrikanische Frau in diesem Amt.
Wenige Tage später kam der Gouverneur auf einen Sprung vorbei.
Der mit dem Basecap und der dunklen Sonnenbrille ist's. Wer sonst?
Im Waisenhaus die neue Wasserversorgungsanlage einweihen, dann in der Schule die Jugend begeistern und schließlich am feierlich gedeckten Tisch mit den Waisenkindern speisen. Wieder hatten die Schüler unterrichtsfrei.
Dafür drückten die alten FRELIMO-Kämpfer die Schulbank. (Oder war es eher umgedreht und die Bänke drückten die Kämpfer?)
Während die Bischöfin völlig ohne Begleitschutz nur mit Chauffeur unterwegs war, hatte der Gouvernador zahlreiche und ziemlich gefährlich dreinschauende Begleiter mit.
2008/09/30
die den Gewinn loben
Bin heute beim Lesen von Psalm 10 auf den interessanten Vers 3 gestoßen. Da heißt es über einen gewalttätigen Menschen:
Denn er preist den Frevel, die Gier seines Schlundes, lobt den Gewinn, verachtet Jahwe. (H.J.Kraus)
Seiner Lüste rühmt sich der Sünder, der Räuber lästert, der Frevler verachtet Jahwe. (Jerusalemer Bibel)
Denn der Frevler rühmt sich nach Herzenslust, er raubt, er lästert und verachtet den Herrn. (Einheitsübersetzung)
Und wenn man den Vers aus dem portugiesischen Almeida-Text (hat in etwa den Stellenwert der Lutherbibel im deutschen Sprachraum) überträgt: Denn der Erbarmungslose verherrlicht die Wünsche seiner Seele, segnet den Geizhals und lästert (Verb: „blasfemar“) Gott.
Obwohl Kraus meint, dass der hebräische Text des Psalms in den Versen 3-5 nur schwer sinnvoll zu übersetzen ist, bleibt interessant, mit welchen Worten hier über den in praktischer Gottlosigkeit (V.11: Gott sieht es niemals!) lebenden „Frevler“ geredet wird.
„Räuber“ wird er genannt und „Geizhals“. Als ein gieriger habsüchtiger Nimmersatt, der „den Gewinn lobt“, wird er verstanden. - Soll einer sagen, Kapitalismuskritik sei, Marx sei Dank, nur etwas für Dunkelrote.
In diesen Wochen, in denen selbst hartgesottene Verfechter einer ungebremsten Profitwirtschaft wie der US-Finanzminister an strengeren Regeln für das Gebaren der Banken basteln, scheint es billig zu sein, in das allerorten angestimmte Klagelied über die kapitalistischen Heuschrecken einzufallen.
Doch wonach die Geldstromlenker rufen, ist etwas anderes als das, wovon der Psalmist redet. Strengere Regeln mögen gut und hilfreich sein. Ich kann das nicht wirklich beurteilen. Doch sollen sie vor allem eins: das internationale Finanzsystem am Laufen halten! Aber in seinen Strukturen soll es - bitte schön - bleiben, wie es ist! Damit auch künftig die Reichen reicher werden können. So funktioniert der Kapitalismus nun mal. Und die Armen bleiben arm oder werden ärmer. Das, so scheint es, soll ebenfalls so bleiben, allen Milleniumszielen zu Trotz! Wo bleibt denn die im Jahr 2000 versprochene Halbierung der weltweiten Armut bis 2015? Wahrscheinlich bleibt sie auf der Strecke. Und wo eigentlich kommen plötzlich die 700 Milliarden Dollar her, die Präsident Bush den Banken schenken will, die ganz offenkundig gewissenlos spekuliert haben? Und die Milliarden, mit denen der deutsche Finanzminister für eine Münchener Bank bürgen will? Auf welchem Konto liegen die bereit? Klar, sie sagen alle, dass sie gute Gründe haben, für das, was sie tun.
Doch unser Psalmist denkt nun mal nicht als Bänker oder Finanzminister. Er sagt schlicht: Wer den Gewinn lobt, wer ihn an erste Stelle setzt, und meint, Gott sähe nicht auf die Methoden, mit denen er erzielt wird, der ist ein Gottloser, ein mit seinen Taten bekennender Atheist, auch wenn seine Worte noch so christlich klingen mögen. Und der Psalmist wird nicht müde, diesen Gottlosen mit Metaphern zu belegen, die dem aktuellen Heuschreckenvergleich in Nichts nachstehen. Und alles mündet ein in den Aufschrei (V.12): Herr, steh auf, Gott, erhebe deine Hand, vergiss die Gebeugten nicht!
Ist das eine unzulässige Vereinfachung? Kann sein. Aber jedenfalls ist es mehr als ein frommer Wunsch. Man kann das als Drohung verstehen und zwar nicht aus der linken Ecke, sondern aus der Mitte der biblischen Botschaft.
Denn er preist den Frevel, die Gier seines Schlundes, lobt den Gewinn, verachtet Jahwe. (H.J.Kraus)
Seiner Lüste rühmt sich der Sünder, der Räuber lästert, der Frevler verachtet Jahwe. (Jerusalemer Bibel)
Denn der Frevler rühmt sich nach Herzenslust, er raubt, er lästert und verachtet den Herrn. (Einheitsübersetzung)
Und wenn man den Vers aus dem portugiesischen Almeida-Text (hat in etwa den Stellenwert der Lutherbibel im deutschen Sprachraum) überträgt: Denn der Erbarmungslose verherrlicht die Wünsche seiner Seele, segnet den Geizhals und lästert (Verb: „blasfemar“) Gott.
Obwohl Kraus meint, dass der hebräische Text des Psalms in den Versen 3-5 nur schwer sinnvoll zu übersetzen ist, bleibt interessant, mit welchen Worten hier über den in praktischer Gottlosigkeit (V.11: Gott sieht es niemals!) lebenden „Frevler“ geredet wird.
„Räuber“ wird er genannt und „Geizhals“. Als ein gieriger habsüchtiger Nimmersatt, der „den Gewinn lobt“, wird er verstanden. - Soll einer sagen, Kapitalismuskritik sei, Marx sei Dank, nur etwas für Dunkelrote.
In diesen Wochen, in denen selbst hartgesottene Verfechter einer ungebremsten Profitwirtschaft wie der US-Finanzminister an strengeren Regeln für das Gebaren der Banken basteln, scheint es billig zu sein, in das allerorten angestimmte Klagelied über die kapitalistischen Heuschrecken einzufallen.
Doch wonach die Geldstromlenker rufen, ist etwas anderes als das, wovon der Psalmist redet. Strengere Regeln mögen gut und hilfreich sein. Ich kann das nicht wirklich beurteilen. Doch sollen sie vor allem eins: das internationale Finanzsystem am Laufen halten! Aber in seinen Strukturen soll es - bitte schön - bleiben, wie es ist! Damit auch künftig die Reichen reicher werden können. So funktioniert der Kapitalismus nun mal. Und die Armen bleiben arm oder werden ärmer. Das, so scheint es, soll ebenfalls so bleiben, allen Milleniumszielen zu Trotz! Wo bleibt denn die im Jahr 2000 versprochene Halbierung der weltweiten Armut bis 2015? Wahrscheinlich bleibt sie auf der Strecke. Und wo eigentlich kommen plötzlich die 700 Milliarden Dollar her, die Präsident Bush den Banken schenken will, die ganz offenkundig gewissenlos spekuliert haben? Und die Milliarden, mit denen der deutsche Finanzminister für eine Münchener Bank bürgen will? Auf welchem Konto liegen die bereit? Klar, sie sagen alle, dass sie gute Gründe haben, für das, was sie tun.
Doch unser Psalmist denkt nun mal nicht als Bänker oder Finanzminister. Er sagt schlicht: Wer den Gewinn lobt, wer ihn an erste Stelle setzt, und meint, Gott sähe nicht auf die Methoden, mit denen er erzielt wird, der ist ein Gottloser, ein mit seinen Taten bekennender Atheist, auch wenn seine Worte noch so christlich klingen mögen. Und der Psalmist wird nicht müde, diesen Gottlosen mit Metaphern zu belegen, die dem aktuellen Heuschreckenvergleich in Nichts nachstehen. Und alles mündet ein in den Aufschrei (V.12): Herr, steh auf, Gott, erhebe deine Hand, vergiss die Gebeugten nicht!
Ist das eine unzulässige Vereinfachung? Kann sein. Aber jedenfalls ist es mehr als ein frommer Wunsch. Man kann das als Drohung verstehen und zwar nicht aus der linken Ecke, sondern aus der Mitte der biblischen Botschaft.
2008/09/25
Feiertage
Heute ist der 25. September – und mal wieder Feiertag, Feriado, wie das hier heißt. Ich nehme das zum Anlass, die Feiertage, die in Mosambik begangen werden, mal aufzuzählen und zu versuchen, ihre Bedeutung zu ergründen.
Klar, der erste Feiertag im Jahr ist der 1. JANUAR – NEUJAHR. Wie überall in der Welt wird dieser Tag meist verschlafen. Oder man braucht ihn, um wieder nüchtern zu werden. Die Neujahrsnacht 2007/08 haben wir in Maputo zugebracht und fast kein Auge zumachen können, weil auf der Straße und im Nachbarhaus die Nacht lautstark durchgefeiert wurde.
Am 3. FEBRUAR begeht man den TAG DER MOSAMBIKANISCHEN HELDEN. Wer diese Helden sind? In einem Staat, dessen wichtigste Erfahrung der jüngeren Vergangenheit die erkämpfte Unabhängigkeit von der ehemaligen Kolonialmacht Portugal ist, liegt es nahe, beim Stichwort Helden an die Kämpfer dieser Zeit zu denken, wie zum Beispiel an Eduardo Mondlane, Samora Machel, Joaquim Chissano und andere. Nicht von ungefähr wurde dieser Feiertag auf den 3. Februar gelegt, jenen Tag, an dem Mondlane im Jahr 1969 durch eine portugiesische Briefbombe getötet wurde.
Vielleicht denken manche auch an den jetzigen Präsidenten Armando Guebuza. 1974, unmittelbar nach der Unabhängigkeit, war er es, der dafür sorgte, dass alle Portugiesen innerhalb weniger Tage das Land mit maximal zwanzig Kilo Gepäck zu verlassen hatten. Inzwischen sorgt er, wie es scheint, hauptsächlich für sich selber. Wie es heißt, ist er heute der reichste Mann Mosambiks. Glücklich das Land, das keine Helden braucht! Wer immer das gesagt haben mag, er hat wohl recht. - 2008 fiel der Feiertag auf einen Sonntag, deshalb war der Montag gleich noch mit frei.
Am 7. APRIL begeht man den TAG DER MOSAMBIKANISCHEN FRAU. (Todestag von Josina Machel, der ersten Frau von Samora Machel) Natürlich ist es gut, dass es diesen Tag gibt. Nur ob die mosambikanischen Frauen irgendetwas davon haben? Ich weiß es nicht. Wie der internationale Frauentag und der Muttertag steht auch dieser Feiertag im Verdacht, ein – vielleicht gut gemeintes – Feigenblatt zu sein. Gilt doch jeder Freitag als Männertag. Und offenbar nehmen sich auch viele Männer am Freitag frei von ihrer Frau und Familie, hat man uns gesagt. Die mosambikanische, oder sagen wir, die afrikanische Frau, hat viel, viel mehr Ehrung verdient, als ein solcher Tag leisten kann! Schon wegen der unglaublichen Lasten, die sie meist auf dem Kopf und oft über weite Strecken tragen. 20, 30 Kilo sind da keine Seltenheit und oft nuckelt dabei noch ein Kind an der Brust. Und ein anderes läuft nebenher – mit einem Fünfliterkanister Trinkwasser auf dem Kopf.
1. MAI – Klar: TAG DES ARBEITERS. Ist doch interessant, dass hier der Arbeiter geehrt werden soll und nicht die Arbeit, wie in Deutschland. Das kann man deuten, wie man will. Ich denke vor allem daran, dass es zahllose Arbeitslose gibt, obwohl es doch so viel Arbeit gäbe... Aber es braucht halt auch Kassen, aus denen die Arbeit bezahlt werden kann. Und daran mangelt es gewaltig in Mosambik.
Der 25. JUNI ist in Mosambik das, was in Deutschland der 3. Oktober ist, Nationalfeiertag. Hier wird er als UNABHÄNGIGKEITSTAG begangen. 500?? Jahre war Mosambik von der Kolonialmacht Portugal abhängig. Und das hat tiefe Spuren hinterlassen. Ich finde es zutiefst traurig, dass Mosambik nach seiner Unabhängigkeit, die am 25. Juni 1974 in Kraft trat, sich nur sehr langsam entwickeln konnte. Es folgten 20 Jahre Bürgerkrieg und noch heute kommen etwa 50% (!) des Staatshaushaltes aus ausländischen Geberquellen. Trotzdem: das Mosambik von heute ist nicht mehr das von 1974...
Am 7. SEPTEMBER wird des VERTRAGES VON LUSAKA gedacht. Auch dieser Tag fiel 2008 auf einen Sonntag und wurde am Montag nachgefeiert.
Der 25. SEPTEMBER gilt als TAG DER STREITKRÄFTE. Ich weiß zwar nicht, welchen tieferen Sinn ein solcher Feiertag haben soll, doch ein Staat, der eine Kalaschnikow im Wappen führt, der braucht wohl auch so einen Gedenktag. Mit gleichem Recht könnte man nur zum Beispiel auch einen Tag des Lehrers, des Bauers oder der Krankenschwester feiern, oder etwa nicht?
Der 4. OKTOBER nennt sich in Mosambik TAG DES FRIEDENS UND DER VERSÖHNUNG. Ehrlich gesagt, diesen Tag halte ich für den heikelsten aller Feiertage hier im Land – und zugleich scheint er mir der wichtigste von allen zu sein. Soweit ich weiß, gab es in Mosambik weder einen der Gauck-Behörde vergleichbaren Untersuchungsausschuss, noch eine Wahrheitskommission, wie im benachbarten Südafrika. Dabei liegt das Ende des brutalen Bürgerkriegs noch keine zwanzig Jahre zurück. Viele der Täter von damals müssen heute noch leben. Und die ehemaligen Kriegsgegner FRELIMO und RENAMO gebärden sich heute als politische Parteien. Irgendwie funktioniert es, doch zu einer demokratischen Staatsform ist es wohl noch ein weiter Weg.
Am 25. DEZEMBER begeht man den WEIHNACHTSTAG, der hier auch schlicht FAMILIENTAG genannt wird. Heiligabend und Silvester werden als „halbe Feiertage“ toleriert, stehen aber nicht im Kalender. Auch Karfreitag, Oster- und Pfingstmontag werden hier nicht begangen, von Buß- und Bettag ganz zu schweigen.
Klar, der erste Feiertag im Jahr ist der 1. JANUAR – NEUJAHR. Wie überall in der Welt wird dieser Tag meist verschlafen. Oder man braucht ihn, um wieder nüchtern zu werden. Die Neujahrsnacht 2007/08 haben wir in Maputo zugebracht und fast kein Auge zumachen können, weil auf der Straße und im Nachbarhaus die Nacht lautstark durchgefeiert wurde.
Am 3. FEBRUAR begeht man den TAG DER MOSAMBIKANISCHEN HELDEN. Wer diese Helden sind? In einem Staat, dessen wichtigste Erfahrung der jüngeren Vergangenheit die erkämpfte Unabhängigkeit von der ehemaligen Kolonialmacht Portugal ist, liegt es nahe, beim Stichwort Helden an die Kämpfer dieser Zeit zu denken, wie zum Beispiel an Eduardo Mondlane, Samora Machel, Joaquim Chissano und andere. Nicht von ungefähr wurde dieser Feiertag auf den 3. Februar gelegt, jenen Tag, an dem Mondlane im Jahr 1969 durch eine portugiesische Briefbombe getötet wurde.
Vielleicht denken manche auch an den jetzigen Präsidenten Armando Guebuza. 1974, unmittelbar nach der Unabhängigkeit, war er es, der dafür sorgte, dass alle Portugiesen innerhalb weniger Tage das Land mit maximal zwanzig Kilo Gepäck zu verlassen hatten. Inzwischen sorgt er, wie es scheint, hauptsächlich für sich selber. Wie es heißt, ist er heute der reichste Mann Mosambiks. Glücklich das Land, das keine Helden braucht! Wer immer das gesagt haben mag, er hat wohl recht. - 2008 fiel der Feiertag auf einen Sonntag, deshalb war der Montag gleich noch mit frei.
Am 7. APRIL begeht man den TAG DER MOSAMBIKANISCHEN FRAU. (Todestag von Josina Machel, der ersten Frau von Samora Machel) Natürlich ist es gut, dass es diesen Tag gibt. Nur ob die mosambikanischen Frauen irgendetwas davon haben? Ich weiß es nicht. Wie der internationale Frauentag und der Muttertag steht auch dieser Feiertag im Verdacht, ein – vielleicht gut gemeintes – Feigenblatt zu sein. Gilt doch jeder Freitag als Männertag. Und offenbar nehmen sich auch viele Männer am Freitag frei von ihrer Frau und Familie, hat man uns gesagt. Die mosambikanische, oder sagen wir, die afrikanische Frau, hat viel, viel mehr Ehrung verdient, als ein solcher Tag leisten kann! Schon wegen der unglaublichen Lasten, die sie meist auf dem Kopf und oft über weite Strecken tragen. 20, 30 Kilo sind da keine Seltenheit und oft nuckelt dabei noch ein Kind an der Brust. Und ein anderes läuft nebenher – mit einem Fünfliterkanister Trinkwasser auf dem Kopf.
1. MAI – Klar: TAG DES ARBEITERS. Ist doch interessant, dass hier der Arbeiter geehrt werden soll und nicht die Arbeit, wie in Deutschland. Das kann man deuten, wie man will. Ich denke vor allem daran, dass es zahllose Arbeitslose gibt, obwohl es doch so viel Arbeit gäbe... Aber es braucht halt auch Kassen, aus denen die Arbeit bezahlt werden kann. Und daran mangelt es gewaltig in Mosambik.
Der 25. JUNI ist in Mosambik das, was in Deutschland der 3. Oktober ist, Nationalfeiertag. Hier wird er als UNABHÄNGIGKEITSTAG begangen. 500?? Jahre war Mosambik von der Kolonialmacht Portugal abhängig. Und das hat tiefe Spuren hinterlassen. Ich finde es zutiefst traurig, dass Mosambik nach seiner Unabhängigkeit, die am 25. Juni 1974 in Kraft trat, sich nur sehr langsam entwickeln konnte. Es folgten 20 Jahre Bürgerkrieg und noch heute kommen etwa 50% (!) des Staatshaushaltes aus ausländischen Geberquellen. Trotzdem: das Mosambik von heute ist nicht mehr das von 1974...
Am 7. SEPTEMBER wird des VERTRAGES VON LUSAKA gedacht. Auch dieser Tag fiel 2008 auf einen Sonntag und wurde am Montag nachgefeiert.
Der 25. SEPTEMBER gilt als TAG DER STREITKRÄFTE. Ich weiß zwar nicht, welchen tieferen Sinn ein solcher Feiertag haben soll, doch ein Staat, der eine Kalaschnikow im Wappen führt, der braucht wohl auch so einen Gedenktag. Mit gleichem Recht könnte man nur zum Beispiel auch einen Tag des Lehrers, des Bauers oder der Krankenschwester feiern, oder etwa nicht?
Der 4. OKTOBER nennt sich in Mosambik TAG DES FRIEDENS UND DER VERSÖHNUNG. Ehrlich gesagt, diesen Tag halte ich für den heikelsten aller Feiertage hier im Land – und zugleich scheint er mir der wichtigste von allen zu sein. Soweit ich weiß, gab es in Mosambik weder einen der Gauck-Behörde vergleichbaren Untersuchungsausschuss, noch eine Wahrheitskommission, wie im benachbarten Südafrika. Dabei liegt das Ende des brutalen Bürgerkriegs noch keine zwanzig Jahre zurück. Viele der Täter von damals müssen heute noch leben. Und die ehemaligen Kriegsgegner FRELIMO und RENAMO gebärden sich heute als politische Parteien. Irgendwie funktioniert es, doch zu einer demokratischen Staatsform ist es wohl noch ein weiter Weg.
Am 25. DEZEMBER begeht man den WEIHNACHTSTAG, der hier auch schlicht FAMILIENTAG genannt wird. Heiligabend und Silvester werden als „halbe Feiertage“ toleriert, stehen aber nicht im Kalender. Auch Karfreitag, Oster- und Pfingstmontag werden hier nicht begangen, von Buß- und Bettag ganz zu schweigen.
Brust raus
Vergangenen Sommer fand ich im ZEIT-magazin eine wahrhaft reizvolle Kolumne von Harald Martenstein. Er schrieb darin, dass er „wie wahrscheinlich viele Männer, wenn nicht sogar die meisten, ein zwiespältiges Verhältnis zu Dekolletés“ habe. Und dass er immer dann, wenn er einer Frau mit tiefem Ausschnitt begegne, nicht wisse, „wie er seine Blicke organisieren sollte“. Denn schließlich trage doch keine Frau ein Dekolleté, um die Blicke der Männer von sich abzulenken, oder?
Ein wahrhaft sommerliches Thema. Und weil für uns Europäer hier in Afrika irgendwie immer Sommer ist, muss ich an dieser Stelle auch einmal darauf zu sprechen kommen. Mann ist ja auch nur ein Mann.
Dabei geht es mir gar nicht in erster Linie um Dekolletés, obwohl die einem auch hier zahlreich und reichlich freizügig, wie soll ich sagen, ins Auge fallen. Mir geht es viel mehr um das offenbar völlig unverkrampfte „Brust raus!“ der Mütter. Ihre Kleinkinder tragen sie ja ständig an der Brust. Da liegt es - im wahren Sinn des Wortes – nahe, sie in jeder denkbaren Situation auch zu stillen. Brust raus, und keiner findet was dabei. Zum Beispiel neulich in der Bank vor mir in der Warteschlange. Oder im Gottesdienst: Ich teilte grade das Abendmahl aus, da knöpfte ganz vorn in der ersten Reihe eine Mutter ihre Bluse auf...
Erst war ich irritiert. Aber dann fragte ich mich, warum eigentlich? Wie heißt es? Das schönste an der Muttermilch ist die Verpackung.
Ein wahrhaft sommerliches Thema. Und weil für uns Europäer hier in Afrika irgendwie immer Sommer ist, muss ich an dieser Stelle auch einmal darauf zu sprechen kommen. Mann ist ja auch nur ein Mann.
Dabei geht es mir gar nicht in erster Linie um Dekolletés, obwohl die einem auch hier zahlreich und reichlich freizügig, wie soll ich sagen, ins Auge fallen. Mir geht es viel mehr um das offenbar völlig unverkrampfte „Brust raus!“ der Mütter. Ihre Kleinkinder tragen sie ja ständig an der Brust. Da liegt es - im wahren Sinn des Wortes – nahe, sie in jeder denkbaren Situation auch zu stillen. Brust raus, und keiner findet was dabei. Zum Beispiel neulich in der Bank vor mir in der Warteschlange. Oder im Gottesdienst: Ich teilte grade das Abendmahl aus, da knöpfte ganz vorn in der ersten Reihe eine Mutter ihre Bluse auf...
Erst war ich irritiert. Aber dann fragte ich mich, warum eigentlich? Wie heißt es? Das schönste an der Muttermilch ist die Verpackung.
2008/09/08
Herzlich willkommen.
Das ist nun unser neuer Blog. Alles, was wir künftig schreiben werden, werdet ihr unter dieser Adresse hier finden. Und ganz wichtig: mehr Bilder als bisher!
Also, wie die Mosambikaner gerne sagen: Estamos juntos! - Wir sind verbunden - hoffentlich auch weiterhin!
Claudia und Thomas
Liebe Freundinnen und Freunde,
es ist nicht zu glauben, wie schnell die Zeit vergeht – und um es gleich zu sagen - wie vergleichsweise langsam wir doch die portugiesische Sprache lernen.
Die meisten von euch verfolgen ja, was wir im Weblog so von uns geben. Trotzdem wollen wir uns mal wieder mit einem Brief an euch alle wenden. Der letzte Freundesrundbrief liegt auch schon wieder eine ganze Zeit zurück.
Was war los seitdem? Zunächst mal hatten wir uns hier auf dem Dorf einzufinden. Dann gab's und gibt's natürlich schon auch viel zu tun. Aber der eigentliche Grund ist, dass es uns doch recht gut geht. Das Leben in Cambine ist vergleichsweise ruhig. Im Gegensatz zum dienstlichen Alltag, wie er in Deutschland war, sind die Aufgaben hier überschaubar und auf bestimmte Bereiche konzentriert.
Claudia arbeitet zunächst fünf Stunden täglich im Gesundheits-zentrum hier im Dorf. Später werden andere Verpflichtungen dazu kommen. Und ich versuche, mich in der portugiesischen Sprache zu betätigen, die mir noch lange nicht so flüssig von den Lippen bzw. ins Ohr geht, wie es sich für einen theologischen Lehrer eigentlich gehören sollte. Mit viel Humor bei allen Beteiligten geht's in den meisten Fällen irgendwie. Aber im Grunde kann es nur besser werden.
Meine Fächer sind vorerst Einleitung Altes Testament und Geschichte Israels. Die ersten Prüfungen durfte ich auch schon abnehmen. Noch so eine ungewohnte Rolle...
Was uns aber am meisten beschäftigt, ist die uns umgebende Armut. Davon haben wir auch in der Vergangenheit schon geschrieben. So reich wie jetzt haben wir uns noch nie gefühlt. Und so reich wie jetzt waren wir auch noch nie. Die Maßstäbe ändern sich gewaltig, wenn man längere Zeit in so einem armen Land wie Mosambik lebt. Gerade deshalb müssen wir dieses Reichsein erst lernen. In einzelnen Fällen versuchen wir, Men-schen in schwierigen Situationen zu unterstützen. Aber wo fängt man an? Wo hört man auf?
Und immer wieder werden wir mit dem Sterben konfrontiert. Oft sind es junge Leute. Über die durchschnittliche Lebenserwartung in Mosambik gibt es sehr unterschiedliche Angaben, aber sie liegt wohl unter 40 Jahren. Doch es ist ein Unterschied, ob man schlicht eine statistische Zahl vor sich hat; oder ob man miterleben muss, wie Menschen viel zu früh sterben. Jetzt ganz aktuell die junge Frau eines unserer Studenten. Dabei hätte sie nicht sterben müssen, wäre sie rechtzeitig zum Arzt gegangen anstelle zum Heiler. Nun steht Ernesto da mit zwei kleinen Kindern, die er wohl an die Familie seiner verstorbenen Frau verlieren wird, weil das im Norden Mosambiks, von wo die Frau stammte, so Sitte ist. Zudem wird er von den Verwandten seiner Frau zu Unrecht für deren Tod verantwortlich gemacht. Afrikanische Denkweisen können schon sehr eigenwillig und unmenschlich sein. Volkskundler mögen sie vielleicht faszinierend finden, wer aber davon betroffen ist, wird vieles ganz anders erleben.
Ganz anders – das war auch der tiefste Eindruck, den unsere ersten deutschen Gäste immer wieder formulierten. Im August besuchte uns Omi Gudrun zusammen mit Manuel, ihrem Enkel. Das war schon ein lustiges Gespann, die beiden. Mutter, die einen sehr guten und einfühlsamen Tourguide hatte und Manuel, der sich reichlich in erzgebirgischer Aussprache übte. Gemeinsam verbrachten wir einige Ferientage in Südafrika, u.a. im Kruger-Wildschutzgebiet. Das war schon sehr beeindruckend, was sich auch daran zeigt, dass wir es in den vier Wochen zu dritt auf ca. 6000 (!!) Bilder brachten. - Wer soll die bloß alle ansehen? Da hilft nur eins: strenge Zensur!
Für uns war es ein angenehmes Erlebnis, unseren Gästen zeigen zu können, wo und wie wir jetzt so leben. Es waren schon gute gemeinsame Wochen, die wir da hatten! Zumal unsere Gäste genau zu der Zeit gekommen waren, als die elektrische Wasserpumpe des Dorfes nicht funktionierte. So erlebten sie Afrika live. Anstehen an der Pumpe. Eimer und Kanister transportieren, per Hand und mit dem Auto. War auch nicht schlecht. Außerdem hat sich Manuel bei dieser Gelegenheit als begeisterter Allradfahrer entpuppt. Schon deshalb will er wiederkommen, sobald er es sich leisten kann.
Natürlich locken auch die Traumstrände, die während des europäischen Sommers, der hier Nebensaison ist, wunderbar leer sind und beste Badebedingungen bieten. Von einem Strandtag brachten wir zwei frisch gefangene Kraken mit, die Manuel mit Begeisterung sezierte und gemeinsam mit zwei Studentinnen von hier zubereitete und servierte.
Omi Gudrun hat – Gott sei Dank - alles gut überstanden. Immer- hin ist sie schon 73 und trotzdem hat sie hier alles mitgemacht, was wir so unternommen haben. Sogar mit dem Segelboot über die Bucht ist sie geschaukelt. Und von wegen, sich ans Land tragen lassen! Rein ins knietiefe Wasser und ans Land gewatet, da kannte sie gar nichts! Dazu hat sie noch viele Stunden genäht: fast vierzig Kleidungsstücke für die Kinder im Waisenhaus von Cambine sind so entstanden. Da war die Freude groß, als wir sie ihnen brachten!
Wir sind sehr froh, dass wir auch von uns sagen können: Es geht uns gut, gesundheitlich und auch sonst. Vielleicht geht es uns sogar zu gut? Auf den Bildern kann man sehen, dass wir zugenommen haben. Das ist schon verrückt, bei so viel Armut um uns herum. Aber die uns warnten, hatten recht: fettes, kalorienreiches Essen, von unserer Empregada Marta auf afrikanische Weise zubereitet und wenig Bewegung – das bleibt nicht ohne Folgen. Und die Ernährung umstellen, das geht so einfach auch nicht, wenn man nicht selber kocht. Und vor allem, wenn die Berufsehre der Hausangestellten beinhaltet, dass Europäer immer gutes und reichliches Essen bekommen müssen... Mal sehen, was uns da noch einfallen wird.
Ganz aktuell bin ich (Claudia) mal wieder mal mit Wasser ranschleppen beschäftigt. Eigentlich funktioniert ja die elektrische Pumpe, die unseren Tank füllen soll. Aber aus einem für uns unerklärlichem Grund läuft trotzdem kein Wasser hinein. Wahrscheinlich ist der Druck zu gering. Warum es die letzte Woche problemlos funktionierte und nun seit drei Tagen wieder nicht mehr, das können uns die Verantwortlichen auch nicht erklären. Sie zucken nur mit den Schultern, wenn man sie fragt. Da das Wasser aber nur früh zwei Stunden läuft und ich um 7.30 Uhr auf Arbeit zu erscheinen habe, komme ich zeitlich doch ziemlich unter Druck. Naja Geduld, sagen einem die Leute hier dann immer. Und vielleicht muss ich das ja wirklich noch lernen, obwohl hier die Grenzen zwischen Geduld und Gleichgültigkeit fließend sind. Und mit manchem will und kann ich mich einfach nicht abfinden.
Was gibts Neues in der Gesundheitsstation? Eigentlich nicht viel Erfreuliches. Die Strukturen im hiesigen Gesundheitswesen sind ziemlich kompliziert, besonders dort, wo sich Kirche und Staat die Verantwortung für ein Krankenhaus teilen. So gibt es Kolleginnen, die ihr Geld vom Staat, andere, die ihr Geld von der Kirche bekommen – wenn sie es halt bekommen. Im Moment ist es so, dass diejenigen, die von der Kirche bezahlt werden, im vierten Monat kein Gehalt mehr bekommen. Und weil sie auch nichts auf der “hohen Kante” haben, essen sie zweimal am Tag Maniok vom eigenen Feld. Zu mehr reichts dann eben nicht. Tja, wie geht man damit um? Im konkreten Fall haben wir letzte Woche Mais gekauft und verteilt, aber im Grunde ist das auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Doch gerade war eine Kollegin da und fragte, ob wir morgen gemeisam nach Chicuque fahren könnten, das Geld sei endlich angekommen und müsse abgeholt werden. - Na endlich! Wir werden mal fragen, wo es denn die ganze Zeit geblieben war. Ob wir eine Antwort bekommen werden?
Und in der Gesundheitsstation selbst haben wir auch große Probleme. Nun wurde Cambine zwar ans Stromnetz angeschlossen, dafür sind die Leitungen im Krankenhaus selber so marode, dass vergange Woche das gesamte System zusammen-brach. Auch die Solaranlage ist schon lange kaputt, weil das Geld für die notwendigen neuen Batterien fehlt. Dies wiederum bedeutet, dass nächtliche Entbindungen und notwendige kleine chirurgische Sachen (Wundnaht z.B.) mit der Petroleumlampe beleuchtet werden müssen, eigentlich unglaublich! Auch die notwendigen Medikamente, wie Penicilline, Schmerzmittel usw. reichen nie für den gesamten Monat. Wer Geld hat, kann sich die Medikamente zwar auch in einer privaten Apotheke in Maxixe kaufen, aber wer hat das schon? - Ich fühle mich schon oft sehr hilflos in diesen Situationen.
Erschwerend kommen noch die Probleme mit der Verständigung hinzu. Oft ist es noch so, dass ich Dinge nur ungefähr verstehe und mir nicht sicher bin, ob das nun wirklich den Tatsachen entspricht oder nicht. Hier ist wohl doch Geduld angezeigt und natürlich: lernen! Um ehrlich zu sein, wenn ich jetzt nochmal wählen könnte, würde ich wahrscheinlich ein englischsprachiges Land wählen. Aber nun sind wir hier und es gibt nur die Flucht nach vorn. Und im Grunde geht es uns ja trotzdem ganz gut.
Wir grüßen euch herzlich und freuen uns auch über jeden Gruß von euch. “Estamos juntos!” sagen die Mosambikaner gerne: Wir sind verbunden. Und das wollen wir auch bleiben. Deshalb schreiben wir euch auch gleich noch mal alle vorhandenen Möglichkeiten auf, wie ihr uns erreichen könnt.
Übrigens: unsere bekannte Weblog – Adresse wird erhalten bleiben (http://thomasguenther.20six.de), aber neue Einträge, z.B. diesen Freundesbrief, werdet ihr künftig unter dieser Adresse hier finden: http://guenther-cambine.blogspot.com
Ihr habt ja sicher gemerkt, dass unter der alten Adresse die Möglichkeit, Bilder einzustellen, sehr begrenzt war. Um das zu ändern, haben wir den Anbieter gewechselt.
Tja, und dann gibt es noch die Möglichkeit uns zu besuchen. Doch dazu fragt am besten zuerst euren Arzt oder Apotheker und gleich danach das Reisebüro eures Vertrauens!
Es grüßen euch herzlich Eure Claudia und Thomas
Also, wie die Mosambikaner gerne sagen: Estamos juntos! - Wir sind verbunden - hoffentlich auch weiterhin!
Claudia und Thomas
Liebe Freundinnen und Freunde,
es ist nicht zu glauben, wie schnell die Zeit vergeht – und um es gleich zu sagen - wie vergleichsweise langsam wir doch die portugiesische Sprache lernen.
Die meisten von euch verfolgen ja, was wir im Weblog so von uns geben. Trotzdem wollen wir uns mal wieder mit einem Brief an euch alle wenden. Der letzte Freundesrundbrief liegt auch schon wieder eine ganze Zeit zurück.
Was war los seitdem? Zunächst mal hatten wir uns hier auf dem Dorf einzufinden. Dann gab's und gibt's natürlich schon auch viel zu tun. Aber der eigentliche Grund ist, dass es uns doch recht gut geht. Das Leben in Cambine ist vergleichsweise ruhig. Im Gegensatz zum dienstlichen Alltag, wie er in Deutschland war, sind die Aufgaben hier überschaubar und auf bestimmte Bereiche konzentriert.
Claudia arbeitet zunächst fünf Stunden täglich im Gesundheits-zentrum hier im Dorf. Später werden andere Verpflichtungen dazu kommen. Und ich versuche, mich in der portugiesischen Sprache zu betätigen, die mir noch lange nicht so flüssig von den Lippen bzw. ins Ohr geht, wie es sich für einen theologischen Lehrer eigentlich gehören sollte. Mit viel Humor bei allen Beteiligten geht's in den meisten Fällen irgendwie. Aber im Grunde kann es nur besser werden.
Meine Fächer sind vorerst Einleitung Altes Testament und Geschichte Israels. Die ersten Prüfungen durfte ich auch schon abnehmen. Noch so eine ungewohnte Rolle...
Was uns aber am meisten beschäftigt, ist die uns umgebende Armut. Davon haben wir auch in der Vergangenheit schon geschrieben. So reich wie jetzt haben wir uns noch nie gefühlt. Und so reich wie jetzt waren wir auch noch nie. Die Maßstäbe ändern sich gewaltig, wenn man längere Zeit in so einem armen Land wie Mosambik lebt. Gerade deshalb müssen wir dieses Reichsein erst lernen. In einzelnen Fällen versuchen wir, Men-schen in schwierigen Situationen zu unterstützen. Aber wo fängt man an? Wo hört man auf?
Und immer wieder werden wir mit dem Sterben konfrontiert. Oft sind es junge Leute. Über die durchschnittliche Lebenserwartung in Mosambik gibt es sehr unterschiedliche Angaben, aber sie liegt wohl unter 40 Jahren. Doch es ist ein Unterschied, ob man schlicht eine statistische Zahl vor sich hat; oder ob man miterleben muss, wie Menschen viel zu früh sterben. Jetzt ganz aktuell die junge Frau eines unserer Studenten. Dabei hätte sie nicht sterben müssen, wäre sie rechtzeitig zum Arzt gegangen anstelle zum Heiler. Nun steht Ernesto da mit zwei kleinen Kindern, die er wohl an die Familie seiner verstorbenen Frau verlieren wird, weil das im Norden Mosambiks, von wo die Frau stammte, so Sitte ist. Zudem wird er von den Verwandten seiner Frau zu Unrecht für deren Tod verantwortlich gemacht. Afrikanische Denkweisen können schon sehr eigenwillig und unmenschlich sein. Volkskundler mögen sie vielleicht faszinierend finden, wer aber davon betroffen ist, wird vieles ganz anders erleben.
Ganz anders – das war auch der tiefste Eindruck, den unsere ersten deutschen Gäste immer wieder formulierten. Im August besuchte uns Omi Gudrun zusammen mit Manuel, ihrem Enkel. Das war schon ein lustiges Gespann, die beiden. Mutter, die einen sehr guten und einfühlsamen Tourguide hatte und Manuel, der sich reichlich in erzgebirgischer Aussprache übte. Gemeinsam verbrachten wir einige Ferientage in Südafrika, u.a. im Kruger-Wildschutzgebiet. Das war schon sehr beeindruckend, was sich auch daran zeigt, dass wir es in den vier Wochen zu dritt auf ca. 6000 (!!) Bilder brachten. - Wer soll die bloß alle ansehen? Da hilft nur eins: strenge Zensur!
Für uns war es ein angenehmes Erlebnis, unseren Gästen zeigen zu können, wo und wie wir jetzt so leben. Es waren schon gute gemeinsame Wochen, die wir da hatten! Zumal unsere Gäste genau zu der Zeit gekommen waren, als die elektrische Wasserpumpe des Dorfes nicht funktionierte. So erlebten sie Afrika live. Anstehen an der Pumpe. Eimer und Kanister transportieren, per Hand und mit dem Auto. War auch nicht schlecht. Außerdem hat sich Manuel bei dieser Gelegenheit als begeisterter Allradfahrer entpuppt. Schon deshalb will er wiederkommen, sobald er es sich leisten kann.
Natürlich locken auch die Traumstrände, die während des europäischen Sommers, der hier Nebensaison ist, wunderbar leer sind und beste Badebedingungen bieten. Von einem Strandtag brachten wir zwei frisch gefangene Kraken mit, die Manuel mit Begeisterung sezierte und gemeinsam mit zwei Studentinnen von hier zubereitete und servierte.
Omi Gudrun hat – Gott sei Dank - alles gut überstanden. Immer- hin ist sie schon 73 und trotzdem hat sie hier alles mitgemacht, was wir so unternommen haben. Sogar mit dem Segelboot über die Bucht ist sie geschaukelt. Und von wegen, sich ans Land tragen lassen! Rein ins knietiefe Wasser und ans Land gewatet, da kannte sie gar nichts! Dazu hat sie noch viele Stunden genäht: fast vierzig Kleidungsstücke für die Kinder im Waisenhaus von Cambine sind so entstanden. Da war die Freude groß, als wir sie ihnen brachten!
Wir sind sehr froh, dass wir auch von uns sagen können: Es geht uns gut, gesundheitlich und auch sonst. Vielleicht geht es uns sogar zu gut? Auf den Bildern kann man sehen, dass wir zugenommen haben. Das ist schon verrückt, bei so viel Armut um uns herum. Aber die uns warnten, hatten recht: fettes, kalorienreiches Essen, von unserer Empregada Marta auf afrikanische Weise zubereitet und wenig Bewegung – das bleibt nicht ohne Folgen. Und die Ernährung umstellen, das geht so einfach auch nicht, wenn man nicht selber kocht. Und vor allem, wenn die Berufsehre der Hausangestellten beinhaltet, dass Europäer immer gutes und reichliches Essen bekommen müssen... Mal sehen, was uns da noch einfallen wird.
Ganz aktuell bin ich (Claudia) mal wieder mal mit Wasser ranschleppen beschäftigt. Eigentlich funktioniert ja die elektrische Pumpe, die unseren Tank füllen soll. Aber aus einem für uns unerklärlichem Grund läuft trotzdem kein Wasser hinein. Wahrscheinlich ist der Druck zu gering. Warum es die letzte Woche problemlos funktionierte und nun seit drei Tagen wieder nicht mehr, das können uns die Verantwortlichen auch nicht erklären. Sie zucken nur mit den Schultern, wenn man sie fragt. Da das Wasser aber nur früh zwei Stunden läuft und ich um 7.30 Uhr auf Arbeit zu erscheinen habe, komme ich zeitlich doch ziemlich unter Druck. Naja Geduld, sagen einem die Leute hier dann immer. Und vielleicht muss ich das ja wirklich noch lernen, obwohl hier die Grenzen zwischen Geduld und Gleichgültigkeit fließend sind. Und mit manchem will und kann ich mich einfach nicht abfinden.
Was gibts Neues in der Gesundheitsstation? Eigentlich nicht viel Erfreuliches. Die Strukturen im hiesigen Gesundheitswesen sind ziemlich kompliziert, besonders dort, wo sich Kirche und Staat die Verantwortung für ein Krankenhaus teilen. So gibt es Kolleginnen, die ihr Geld vom Staat, andere, die ihr Geld von der Kirche bekommen – wenn sie es halt bekommen. Im Moment ist es so, dass diejenigen, die von der Kirche bezahlt werden, im vierten Monat kein Gehalt mehr bekommen. Und weil sie auch nichts auf der “hohen Kante” haben, essen sie zweimal am Tag Maniok vom eigenen Feld. Zu mehr reichts dann eben nicht. Tja, wie geht man damit um? Im konkreten Fall haben wir letzte Woche Mais gekauft und verteilt, aber im Grunde ist das auch nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Doch gerade war eine Kollegin da und fragte, ob wir morgen gemeisam nach Chicuque fahren könnten, das Geld sei endlich angekommen und müsse abgeholt werden. - Na endlich! Wir werden mal fragen, wo es denn die ganze Zeit geblieben war. Ob wir eine Antwort bekommen werden?
Und in der Gesundheitsstation selbst haben wir auch große Probleme. Nun wurde Cambine zwar ans Stromnetz angeschlossen, dafür sind die Leitungen im Krankenhaus selber so marode, dass vergange Woche das gesamte System zusammen-brach. Auch die Solaranlage ist schon lange kaputt, weil das Geld für die notwendigen neuen Batterien fehlt. Dies wiederum bedeutet, dass nächtliche Entbindungen und notwendige kleine chirurgische Sachen (Wundnaht z.B.) mit der Petroleumlampe beleuchtet werden müssen, eigentlich unglaublich! Auch die notwendigen Medikamente, wie Penicilline, Schmerzmittel usw. reichen nie für den gesamten Monat. Wer Geld hat, kann sich die Medikamente zwar auch in einer privaten Apotheke in Maxixe kaufen, aber wer hat das schon? - Ich fühle mich schon oft sehr hilflos in diesen Situationen.
Erschwerend kommen noch die Probleme mit der Verständigung hinzu. Oft ist es noch so, dass ich Dinge nur ungefähr verstehe und mir nicht sicher bin, ob das nun wirklich den Tatsachen entspricht oder nicht. Hier ist wohl doch Geduld angezeigt und natürlich: lernen! Um ehrlich zu sein, wenn ich jetzt nochmal wählen könnte, würde ich wahrscheinlich ein englischsprachiges Land wählen. Aber nun sind wir hier und es gibt nur die Flucht nach vorn. Und im Grunde geht es uns ja trotzdem ganz gut.
Wir grüßen euch herzlich und freuen uns auch über jeden Gruß von euch. “Estamos juntos!” sagen die Mosambikaner gerne: Wir sind verbunden. Und das wollen wir auch bleiben. Deshalb schreiben wir euch auch gleich noch mal alle vorhandenen Möglichkeiten auf, wie ihr uns erreichen könnt.
Übrigens: unsere bekannte Weblog – Adresse wird erhalten bleiben (http://thomasguenther.20six.de), aber neue Einträge, z.B. diesen Freundesbrief, werdet ihr künftig unter dieser Adresse hier finden: http://guenther-cambine.blogspot.com
Ihr habt ja sicher gemerkt, dass unter der alten Adresse die Möglichkeit, Bilder einzustellen, sehr begrenzt war. Um das zu ändern, haben wir den Anbieter gewechselt.
Tja, und dann gibt es noch die Möglichkeit uns zu besuchen. Doch dazu fragt am besten zuerst euren Arzt oder Apotheker und gleich danach das Reisebüro eures Vertrauens!
Es grüßen euch herzlich Eure Claudia und Thomas
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